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Manuela Rottmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Joachim D. •

Wie kann der Gesetzgeber Kleinunternehmern im Online-Business besser gerecht werden?

Sehr geehrte Frau D. R.,

der Gesetzgeber ist sehr aktiv, wenn es darum geht, Regeln im Online-Business und im Wettbewerbsrecht aufzustellen.

Dies geschieht im Interesse des Verbrauchers und des fairen Wettbewerbs.

Aber man muss auch den Eindruck gewinnen, dass ein Kleinunternehmer all diese Regeln gar nicht mehr beherrschen kann.

Eine Abmahnung für einen versehentlichen Regelverstoß halte ich daher für sehr wahrscheinlich.

Und wenn nutzergenerierte Inhalte wie z.B. Kommentare, Bewertungen oder Annoncen auf einer Webseite vorkommen, ist eine Vertragsstrafe für einen wiederholten nutzergenerierten Verstoß ebenfalls sehr wahrscheinlich.

Es wundert mich also nicht, wenn plötzlich eine ausgelöste Vertragsstrafe den Jahresumsatz eines nebenberuflichen Kleinunternehmers zunichte macht.

Ich glaube nicht, dass dies von einer modernen europäischen Gesellschaft so gewollt ist.

Wie kann also der Gesetzgeber Kleinunternehmern im Online-Business besser gerecht werden?

Vielen Dank

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr D.,

vielen Dank für Ihre Mail.

Abmahnungen sind nicht per se „schlecht". Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass sie auch missbraucht werden können. Unseriöse Praktiken haben das Instrument der Abmahnung in Verruf gebracht. Dagegen haben wir Grüne im Bundestag bereits im Dezember 2018 mit dem Antrag „Abmahnungen – Transparenz und Rechtssicherheit gegen Missbrauch“ konstruktive Vorschläge zur Verbesserung der Situation vorgelegt. (https://dserver.bundestag.de/btd/19/064/1906438.pdf)

Der Deutsche Bundestag hat am 10. September 2020 dem Gesetzentwurf der schwarz-roten Bundesregierung zur "Stärkung des fairen Wettbewerbs“ zugestimmt. Der Regierungsentwurf will die Situation ebenfalls verbessern, hat aber – auch unter Berücksichtigung der von den Koalitionsfraktionen im Rechtsausschuss des Bundestages eingebrachten Änderungsanträge – weiterhin wesentliche Schwachstellen.

Er wurde in einer Sachverständigen-Anhörung im Rechtsausschuss am 23.Oktober 2019 nahezu einhellig als unzureichend kritisiert. Wir teilen die Kritik in weiten Teilen und meinen, der Regierungstext
- verfolgt ein unklares Ziel,
- will allgemeingültig regeln, was nur im Einzelfall feststellbar ist,
- knüpft an unbekannte Tatsachen sowie unbestimmte Rechtsbegriffe an.

Dies hat zur Folge, dass das Instrument der Abmahnung insgesamt geschwächt wird, ohne schutzbedürftige Abgemahnte besserzustellen.

Um die Lage der von Abmahnungen betroffenen Personen und Unternehmen wirksam zu verbessern, muss gesetzgeberisch gerade deren Perspektive eingenommen werden. Dies tut das nun geltende Recht nicht. Dabei gilt es doch, die Abmahnungsempfänger zu stärken, indem Rechtsunsicherheiten und Informationsdefizite abgebaut werden.

Ferner sollten nachträgliche Lösungsmöglichkeiten von vorschnell unterzeichneten Unterlassungserklärungen klar geregelt werden. Außerdem sollten die in Abmahnungen und dort anliegenden strafbewehrten Unterlassungserklärungen oftmals vorgeschlagenen Vertragsstrafen für neuerliche Rechtsverstöße nach Leistungsfähigkeit abgestuft sein. So lässt sich Einzelfallgerechtigkeit sicherstellen.

Diese und weitere Vorschläge haben wir der nun nur noch geschäftsführenden Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode gemacht. Leider fehlten uns dort die erforderlichen parlamentarischen Mehrheiten, um unsere Vorstellungen umzusetzen. Wir werden uns aber weiterhin für eine Verbesserung der Situation der Abgemahnten einsetzen - bei veränderten parlamentarischen Mehrheiten hoffentlich bald mit Erfolg.

Ich hoffe, meine Ausführungen helfen Ihnen weiter.

Herzliche Grüße

Manuela Rottmann

 

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