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Lisa Paus
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Frage von Susanne S. •

Frage an Lisa Paus von Susanne S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Wie stehen Sie zum Familiennachzug für Menschen, deren Aufenthalt in Deutschland auf subsidiärem Schutz beruht? Und was sind Ihre Ideen für die Integration der hierher geflüchteten Menschen im Allgemeinen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau S.,

vielen Dank für Ihre Frage. Das Thema Familiennachzug für subsidiär Geschützte hat die grüne Bundestagsfraktion in dieser Legislaturperiode stark beschäftigt.

Die große Koalition hat im Asylpaket II beschlossen, dass alle Personen mit einem sogenannten subsidiären Schutz, zum Beispiel Bürgerkriegsflüchtlinge, zusätzlich bis zu zwei Jahre warten müssen, bis sie überhaupt einen Antrag auf Nachzug stellen können. Damit sind sie vom Familiennachzug erst einmal ausgeschlossen.

Hinzu kommt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge offenkundig seine Anerkennungspraxis geändert hat und immer mehr syrische AsylantragstellerInnen nur den subsidiären Schutzstatus erhalten. Mit anderen Worten bedeutet das, dass CDU/CSU und SPD erst den rechtlichen Status von subsidiär Geschützten verschlechtert und anschließend begonnen haben, vielen syrischen Flüchtlingen nur noch diesen Status zuzubilligen.

Diese Praxis haben wir Grüne immer wieder kritisiert. Wir haben einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, in dem wir den schnellen Familiennachzug auch für subsidiär Geschützte fordern. Die Abstimmung darüber wurde von der Großen Koalition verhindert ( https://www.gruene-bundestag.de/integration-fluechtlingspolitik/blockade-des-familiennachzugs-07-04-2017.html ).

Den Familiennachzug für große Teile der zu uns Flüchtenden zu verhindern ist aus unserer Sicht unmenschlich und ignoriert die Rechte und die Bedürfnisse der Betroffenen. Oftmals sind es Kinder, die mit ihren Müttern alleine in überfüllten Flüchtlingslagern jahrelang auf eine Familienzusammenführung warten müssen. Und auch hier in Deutschland leiden die Betroffenen unter der Trennung und der Sorge um ihre nächsten Angehörigen. In unseren Augen ist die Trennung von der Familie ein zentrales Integrationshemmnis. Wer ständig Angst um seine engsten Angehörigen im Krieg in Syrien oder Irak haben muss, hat weniger Kraft hier in Deutschland anzukommen und sich ein Leben aufzubauen.

Eine nachhaltige Integrationspolitik ist von enormer Wichtigkeit, um das harmonische Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion in Deutschland zu sichern. Damit Integration gelingt, brauchen wir Orte zum Austausch und Kennenlernen, Sprachkurse und Bildungsangebote, Zugang zur Gesundheitsversorgung und geeigneten Wohnraum. Wir müssen diese Punkte anpacken, damit Integration funktioniert.

Integration von Flüchtlingen findet tagtäglich statt: dank zahlreicher Freiwilliger und engagierter Beschäftigter in Verwaltung und Beratungsstellen, durch Vereine, Religionsgemeinschaften und Betriebe – und durch das Engagement der Geflüchteten selbst. Die Bundesregierung betreibt aber immer stärker eine von tiefem Misstrauen geprägte Politik permanenter Gängelung. Wenn hierdurch, gerade am Anfang Chancen vergeben werden, dann produziert das Integrationsbarrieren. So werden lang wirkende Blockaden und Frust erzeugt – unter den Geflüchteten wie in der aufnehmenden Gesellschaft.

Wir Grüne wollen Neuankommenden hingegen Rechte geben. Zum Beispiel das Recht auf den Zugang zu Sprach/Integrationskursen für alle von Beginn an. Damit sich Flüchtlinge schnell in den Arbeitsmarkt integrieren können, fordern wie eine schnellere und großzügigere Anerkennung von ausländischen Bildungs- und Berufsabschlüssen und wollen ein verlässliches Bleiberecht für junge Auszubildende vor und nach der Ausbildung.

Von entscheidender Bedeutung ist unserer Meinung nach auch, dass Länder und Kommunen vom Bund mit ausreichenden Ressourcen ausgestattet werden. Eine erfolgreiche Integration wird es nicht zum Nulltarif geben.

Mit herzlichen Grüßen

Ihre

Lisa Paus

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