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Lisa Paus
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Gertrud Dr. G. •

Frage an Lisa Paus von Gertrud Dr. G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Deutschland belegt in der Liste der Rüstungsexportländer einen unrühmlichen 3. Platz. Was werden Sie unternehmen, um deutsche Rüstungsexporte zu minimieren?

Die UN-Charta spricht sich dezidiert für ein Gewaltverbot in den internationalen Beziehungen aus. Trotzdem interveniert die deutsche Bundeswehr mit z.T. fragwürdiger Begründung (Responsiblity to protect). Demgegenüber gibt es bereits ermutigende Erfahrungen mit dem Einsatz gewaltfreier präventiver Konfliktbearbeitungsinstrumenten. Werden Sie sich für deren Stärkung einsetzen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Dr. Gumlich,

danke für Ihre Frage! Auch mich beunruhigt es zutiefst, dass von Deutschland aus Waffen in Diktaturen und in Länder mit Menschenrechtsverletzungen geliefert werden und dass dies unter Kanzlerin Merkel politisch gewollt deutlich zugenommen hat.
Im Bundestag habe ich mich persönlich immer sehr ausdrücklich für eine möglichst restriktive Rüstungsexportpolitik eingesetzt. Sie können dies auch bei namentlichen Abstimmungen wie den 3 vom 08.07.2011 sehen. ich finde es unerträglich, dass ausgerechnet ein so reiches Land wie Deutschland Exporte von Waffen in Diktaturen und Länder mit Menschenrechtsverletzungen erlaubt.
Ich habe bei unserem grünen Mitgliederentscheid über die 9 wichtigsten Projekte für Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag selbst für das Projekt Rüstungsexportgesetz gestimmt. Mit diesem Gesetz wollen wir unsere bisher nur empfehlenden Rüstungsexportrichtlinien zur verbindlichen Vorgabe machen. Unrühmliche Ausnahmen wie sie trotz unseres Widerstandes auch unter der letzten rot-grünen Regierung vorkamen, wären dann ausgeschlossen. Weil unsere Mitglieder dieses Projekt mit einem besonders großen Stimmenvorsprung als eines der 9 wichtigsten Projekte gewählt haben, wird es eine Regierung mit grüner Beteiligung nur mit diesem Gesetz geben.
Wir streben ein restriktives Rüstungsexportgesetz an, das deutsche Rüstungsexporte nur nach klaren und strengen Kriterien erlaubt. Denn wir wollen, dass die "Politischen Kriterien der Bundesregierung für den Rüstungsexport" nicht nach Belieben interpretiert werden können. Der Weg einer gerichtlichen Verbandsklage soll ermöglicht werden.
Der Bundessicherheitsrat, das Gremium der Bundesregierung, das über sensible Exporte die faktisch entscheidende Empfehlung ausspricht, wollen wir in seiner jetzigen Form abgeschaffen. Stattdessen soll die gesamte Bundesregierung im Konsens dafür die Verantwortung tragen. Die Federführung für Rüstungsexportfragen wollen wir vom exportorientierten Wirtschaftsministerium auf das für Krisenprävention, Abrüstung und Menschenrechte zuständige Auswärtige Amt übertragen.
Der Bundestag braucht verbindliche Kontroll- und Mitwirkungsrechte. Deshalb wollen wir einen Ausschuss als parlamentarisches Gremium einsetzen, der die Rüstungsexportpolitik kontrolliert und bei Entscheidungen über sensible Exporte, insbesondere in Drittländer ein aufschiebendes Veto einlegen kann. Die Geheimhaltung von Entscheidungen über Rüstungsexporte wollen wir abschaffen. Ist eine Genehmigung abschließend erteilt, muss diese stets bekannt gegeben und begründet werden.
Die Berichte der Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag müssen vierteljährlich bis spätestens zum nächsten Quartalsende erfolgen. Zudem müssen die Berichte deutlich detaillierter werden. Was in den Rüstungsberichten eines anderen Landes steht, muss auch in Deutschland publik gemacht werden (Best Practice).
Ich teile auch Ihre Skepsis gegenüber einigen Bundeswehreinsätzen. Einsätze der Bundeswehr sollten nur mit einem UN-Mandat erfolgen, zur Friedenssicherung und als Teil eines gemeinsamen Konzepts für eine politische Lösung von Konflikten. Wenn Sie mein Abstimmungsverhalten verfolgen, werden Sie dabei auch von der Mehrheit meiner Fraktion abweichende Gewissensentscheidungen finden, weil ich nicht für Bundeswehreinsätze stimmen wollte, die diesen Kriterien nicht genügen.
Während der letzten rot-grünen Regierung konnten wir für präventive Konfliktbearbeitungsinstrumente viel erreichen. Als Lehre auch aus dem Kosovo-Krieg haben wir damit heute eine ganz andere Vielfalt an Instrumenten zur Konfliktprävention und zivilen Konfliktbearbeitung zur Verfügung als 1999. Die Stärkung dieser Instrumente war immer ein Markenzeichen grüner Außenpolitik. In einer Rot-Grünen Regierung nach Merkel würden wir diesen Schwerpunkt deutlich setzen. Ich hoffe, dass wir dafür auch Ihre Unterstützung haben?

Mit freundlichen Grüßen
Lisa Paus

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