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Lars Castellucci
SPD
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Frage von Jonas T. •

Warum unterstützen Sie den verfassungsfeindlichen Gesetzesentwurf zur Sterbehilfe?

2020 urteilte das BVerfG, dass jede/-r Bürger/-in ein Recht auf freiwillige Selbsttötung mit Hilfe Dritter hat.
Leider unterstützen Sie einen Entwurf, der dieses Urteil ignoriert.
Sie können es nicht ändern: Bürger/-innen machen von ihrem Recht auf Selbstbestimmung Gebrauch. Kriminalisierung treibt sie dabei zum Schwarzmarkt und unregulierten gefährlichen Suizidmethoden, die den Schmerz, den Sterbewillige vor und während der Selbsttötung erfahren, erhöhen, sowie das Risiko des Fehlversuchs mit folgendem Leben mit Behinderung steigern. Kranke Menschen werden schon vor der Wartezeit eines unerträglich schmerzhaften natürlichen Todes sterben, weil sie nicht rechtzeitig Zugriff zu schmerzfreien Medikamenten haben. Und nur Wohlhabende werden sich einen würdevollen Tod leisten können, da die Kosten einer Freitodbegleitung in der Schweiz ca. 10000€ betragen.
Ich frage Sie deshalb: wieso unterstützen Sie diesen antiliberalen Gesetzesentwurfs, der weltanschaulich ins letzte Jahrtausend gehört?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr T.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Wir wollen Suizide nicht komplett verhindern, das geht auch gar nicht, sondern wir wollen Selbstbestimmung sichern. Das Bundesverfassungsgericht hat zur Neuregelung der Suizidbeihilfe einige Hinweise gegeben: Es gibt eine Pflicht des Staates, die Selbstbestimmung zu schützen. Dafür können gesetzlich Sicherungsmechanismen verankert werden. Dieses Schutzkonzept soll mehrstufig sein, mit verbindlicher und multidisziplinärer Beratung. Erst so kann die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Freiverantwortlichkeit überhaupt sichergestellt werden.

Unser Ansatz ist, dass wir statt uneingeschränkter Sterbehilfe bessere Suizidprävention und guten Zugang zu psychotherapeutischer Unterstützung brauchen. Natürlich braucht es dazu eine enorme Anstrengung. Deshalb ist Teil unseres Ansatzes ein Suizidpräventionsantrag. Klar ist, dass wir mit dem Gesetzentwurf nur Menschen erreichen, die sich längerfristig mit einem Suizid-Gedanken beschäftigen und dafür fremde Hilfe in Anspruch nehmen wollen. Für alle anderen Fälle gilt es, die Suizidprävention auf allen Ebenen zu stärken, ob staatlich, gesellschaftlich-institutionell, ehrenamtlich oder im privaten Bereich. Diese Menschen, die sich sehr kurzfristig das Leben nehmen wollen, erreichen wir mit diesem Gesetzentwurf natürlich nicht, die anderen Gesetzentwürfe übrigens auch nicht.

Mit freundlichen Grüßen,

Lars Castellucci

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