Wie wollen Sie sicherstellen, dass der Einsatz von Palantir durch deutsche Behörden mit der DSGVO und den Grundrechten vereinbar ist?
Sehr geehrter Herr Dr. von Notz,
Palantir ist ein US-amerikanisches Unternehmen mit engen Verbindungen zu Ex-Präsident Trump. Die Überwachungssoftware ist intransparent und birgt erhebliche Risiken für Datenschutz und demokratische Kontrolle. Der Schutz vor Massenüberwachung muss gewährleistet werden.

Sehr geehrter Frau F.,
vielen Dank für Ihre Frage und das damit verbundene Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich gefreut.
Ihre Frage impliziert ein wenig, ich würde den Einsatz von Palantir grundsätzlich gutheißen. Das Gegenteil ist der Fall: Die Entscheidung, in verschiedenen Ländern (zukünftig) auf Palantir-Software zu setzen, halte ich weiter ebenso für falsch wie die fehlende ernstliche Prüfung von Alternativen auf Bundesebene. Der Einsatz von Palantir bleibt in höchstem Maße problematisch.
Denn er ist und bleibt mit erheblichen rechtsstaatlichen Risiken verbunden. Gegen ihn wurde bereits erfolgreich geklagt. Die Rechtskonformität des Einsatzes in Bayern steht weiter in Frage. Es nützt auch den Sicherheitsbehörden nicht, wenn Ihnen Ermittlungsinstrumente regelmäßig von höchsten Gerichten wieder aus der Hand geschlagen werden.
Es gibt eine geltende Beschlusslage des Deutschen Bundestags gegen den Einsatz von Software des Unternehmens Palantir. Hierfür haben wir uns als Grüne Fraktion bereits in der vergangenen Wahlperiode eingesetzt. Die kann und darf Bundesinnenminister Alexander Dobrindt, der Software des Unternehmens Palantir auch auf Bundesebene einsetzen will, nicht ignorieren. Das unbeirrte Festhalten an einem Unternehmen aus dem direkten Umfeld von Donald Trump ist das ziemliche Gegenteil der versprochenen Erhöhung digitaler Souveränität.
Statt alle Risiken, auf die gerade auch noch mal die Konferenz der Innenminister (IMK) hingewiesen hat, zu ignorieren, müssen wir endlich für eine moderne, verfassungsrechtliche Vorgaben beachten und für gute Polizeiarbeit Sorgen. Dazu bedarf es nicht nur entsprechende Analyse Tools, sondern auch guter Daten-Grundlagen. Auch von diesen sind wir trotz jahrelanger Diskussion aufgrund massiver Versäumnisse der Verantwortlichen leider noch immer meilenweit entfernt.
Wir stehen vor der grundsätzlichen Herausforderung, wie moderne Polizeiarbeit im digitalen Raum gestaltet werden soll, ohne dabei rechtsstaatliche Prinzipien aus dem Blick zu verlieren. Der Einsatz von Analyseplattformen wie Palantir kann dabei tief in die informationelle Selbstbestimmung eingreifen - auch in die von Dritten, die miterfasst werden. Genau deshalb muss jede Einführung solcher Systeme sorgfältig geprüft, eng begleitet und zeitlich wie funktional begrenzt werden.
In Baden-Württemberg haben sich die Koalitionspartner auf eine Zwischenlösung verständigt – mit der Perspektive, sie durch eine eigenentwickelte, europäische Alternative abzulösen. Dass parlamentarische Kontrolle und datenschutzrechtliche Auflagen vorgesehen sind, ist ist zu begrüßen. Doch die grundsätzliche Frage bleibt: Warum gelingt es uns bisher nicht unabhängige, transparente Systeme in Europa bereitzustellen?
Die Bundesregierung und allen voran das federführende Bundesinnenministerium haben diese Debatte, obwohl sich etliche Anbieter, teils vor Jahren, mit dem Hinweis darauf, dass man grundrechtsschonende Alternativen anbieten könnte, bei ihr gemeldet haben, bewusst verschleppt. Dies habe ich in einem Blogbeitrag scharf kritisiert. Den Beitrag finden Sie unter folgendem Link: https://gruen-digital.de/2025/08/verhindert-das-bundesinnenministerium-bewusst-eine-debatte-um-moegliche-palantir-alternativen/.
Auch in der vergangenen Woche habe ich mehrere schriftliche Fragen an die Bundesregierung gerichtet. Zwischenzeitlich hat man zugesagt, nun endlich Alternativen prüfen zu wollen. Dies hatten nicht nur wir, sondern auch die Innenministerinnen und Innenminister im Rahmen der vergangenen IMK Minister Dobrindt aufgefordert.
Als grüne Bundestagsfraktion sagen wir weiterhin klar: Die öffentliche Hand darf sich nicht in langfristige Abhängigkeiten begeben. Gerade im sicherheitspolitischen Bereich braucht es Lösungen, die nachvollziehbar, rechtlich belastbar und (parlamentarisch) kontrollierbar sind – und die in demokratischer Verantwortung entwickelt werden. Nur dann kann auch das Vertrauen der Bevölkerung dauerhaft gesichert werden.
Unsere Ablehnung von Software des Unternehmens Palantir haben wir übrigens nicht nur in etlichen Äußerungen in den vergangenen Monaten immer wieder öffentlich klar zum Ausdruck gebracht. Wir haben sie auch in einem Beschluss des Fraktionsvorstands der grünen BT-Fraktion in der vergangenen Woche festgehalten.
Den entsprechenden Beschluss „Sicherheitsoffensive gegen hybride Bedrohungen“ finden Sie unter folgendem Link: https://www.gruene-bundestag.de/unsere-politik/fachtexte/fraktionsvorstandsbeschluss-sicherheitsoffensive-gegen-hybride-bedrohungen/.
Sie können sich sicher sein, dass wir als Grüne Bundestagsfraktion auch in Zukunft alles in unsere Macht Stehende tun werden, die Verantwortlichen in Bund und Ländern zu erinnern, dass wir im Lichte einer stark geänderten Weltlage alle Vereinbarungen und Versprechen, die digitale Souveränität Deutschlands und Europas zu stärken, auch mit politischem Leben zu füllen. Ein Rückgriff auf die Software der Firma Palantir ist hiermit nicht in Einklang zu bringen. Technologische Souveränität darf, gerade in einem solch grundrechtssensiblen Bereich, keine politische Floskel bleiben – sie ist die Voraussetzung dafür, dass Grundrechte, auch von Dritten, effektiv geschützt und die Sicherheitsarchitektur unseres Landes auch künftig mit unseren rechtsstaatlichen Werten vereinbar bleibt.
Mit besten Grüßen
Konstantin v. Notz