Stimmen Sie der geplanten gigantischen Aufrüstung der NATO zu und wie begründen Sie dies für sich u. gegenüber Ihren Wählern? Die NATO hat ein deutliches Übergewicht, sagt Greenpeace!
Zitat:
" .... Wir kommen zu dem Schluss, dass die Nato bei fünf der Parameter ein deutliches Übergewicht hat. Lediglich bei den Atomwaffen kann man angesichts der nuklearen Abschreckungsdrohung mit der Fähigkeit zur gegenseitig gesicherten Vernichtung von Parität sprechen.
Der Vergleich der Militärausgaben hat gezeigt, dass die Nato-Staaten derzeit etwazehnmal so viel Geld für ihre Streitkräfte ausgeben wie Russland (1,19 Billionen US-Dollar zu 127 Milliarden US-Dollar). Selbst wenn man die USA als weltweit größte Militärmacht, die USA, außenvorlässt, sich nur auf die Militärausgaben der restlichen Nato-Staaten beschränkt und gleichzeitig auch die unterschiedliche
Kaufkraft in den europäischen Nato-Staaten sowie in Russland berücksichtigt, investiert die Nato immer noch mehr in die Streitkräfte als Russland (420 Milliarden US-Dollar zu 300 Milliarden US-Dollar). ....."Quelle: Seite 54
https://www.greenpeace.de/publikationen/Kraeftevergleich_NATO-Russland.pdf

Sehr geehrter Herr Thomas H.,
vielen Dank für Ihre Frage zur beschlossenen Aufrüstung der NATO und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich gefreut.
Lassen Sie mich gleich zu Beginn meiner Antwort klarstellen, dass ich, so sehr ich die Arbeit von Greenpeace schätze, hier zu anderen Schlüssen komme. Gerne lege ich Ihnen meine Haltung genauer dar:
Die beschlossene Aufrüstung ist notwendig, um Sicherheit und Stabilität in Europa zu gewährleisten. Die sicherheitspolitische Lage in Europa hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend dramatisch verschärft. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine zeigt in aller Deutlichkeit, dass autoritäre Regime bereit sind, mit Gewalt Grenzen zu verschieben und grundlegende Regeln des Völkerrechts infrage zu stellen. Für Bündnis 90/Die Grünen bedeutet das, dass wir nicht passiv bleiben dürfen, sondern unsere eigene Handlungsfähigkeit stärken müssen – auch mit Hilfe zusätzlicher Ausgaben.
Eine glaubwürdige Verteidigungsbereitschaft ist die Grundlage dafür, Aggressionen einzudämmen und weiteren Eskalationen vorzubeugen. Deshalb halte ich es für richtig, dass die NATO ihre Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit weiter ausbaut. Aufrüstung ist in diesem Zusammenhang kein Selbstzweck, sondern Voraussetzung dafür, dass wir unsere eigene Wehrhaftigkeit als Demokratie erhöhen unsere internationalen Partnerinnen und Partner auf Deutschland zählen können. So sichern wir am Ende nicht nur unsere Bündnisverpflichtungen, sondern vor allem den Frieden und die Freiheit unserer Gesellschaft in einer zunehmend unsicheren Zeit und einem immer aggressiveren Auftreten gleich mehrerer autoritärer Staaten gegen Deutschland, die EU und unsere Verbündete.
Gleichzeitig wissen wir: Mit militärischer Aufrüstung allein ist es nicht getan. Die Bedrohungen, mit denen wir es heute zu tun haben, sind vielschichtig. Zur neuen Realität, mit der wir uns konfrontiert sehen, gehören u.a. auch hybride Gefahren wie IT-Angriffe, gezielte Desinformation und Angriffe auf unsere kritische Infrastruktur, also den Lebensadern unserer Demokratien.
Eine moderne und zeitgerechte Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss daher sowohl militärische als auch nicht-militärische Maßnahmen umfassen, um die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft, ihrer Infrastrukturen und unserer demokratischen Institutionen zu gewährleisten.
Nur wenn wir beides zusammendenken – militärische Stärke und umfassende gesellschaftliche Resilienz gegen hybride Angriffe – können wir unsere Sicherheit und Demokratie wirksam schützen.
Erneut herzlichen Dank für ihre Frage und das damit verbundene Interesse an meiner Arbeit.
Mit freundlichen Grüßen nach Böhlen!
Konstantin v. Notz