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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Stefan R. •

Frage an Konstantin von Notz von Stefan R. bezüglich Verkehr

Was unternehmen Sie, damit die mehr als 400 Mediziner und Naturwissenschaftler endlich ernst genommen werden, die einen einstweiligen Ausbaustopp des neuen 5G-Mobilfunknetzes fordern und warnen: „Mit der Implementierung von 5G drohen ernste, irreversible Konsequenzen für den Menschen“?
http://www.aerzte-und-mobilfunk.eu/
https://www.emfdata.org/de

Wie werden Sie zu 5G abstimmen? Ausbaustopp? Oder zumindest strengere Grenzwerte als heute, entsprechend denen der Schweiz, fordern?

Sie stehen Sie dazu, dass die EU-Komission hier die Anwendung des Vorsorgeprinzips verweigert und auf die 'ICNIRP'-Komission verweist, welche lediglich ein privater in Deutschland eingetragener Verein ohne jeden amtlichen Charakter ist, der seine Mitglieder selbst rekrutiert und dabei Fachleute mit abweichenden Meinungen ausschließt, obwohl fünf öffentlich bekannte Untersuchungen besorgniserregende Ergebnisse bescheinigen?
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/elektrosmog-europa-ignoriert-moegliches-krebsrisiko-von-5g/23855700.html

Ferner, was müsste passieren, damit man bei der Entscheidung über 5G auch die zunehmende Verwundbarkeit unserer Infrastrukturen gegenüber Cyber-Attacken berücksichtigt, die unvermeidlich aus der zunehmenden digitale Venetzung resultiert und uns sogar als Nation bezüglich Cyber-Krieg erpressbar macht?
http://mediathek.daserste.de/Reportage-Dokumentation/Die-Story-im-Ersten-Schlachtfeld-Intern/Video?bcastId=799280&documentId=25812360

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr R.,

besten Dank für Ihre Frage zur EU-Urheberrechtsreform und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut und gehe gerne im Folgenden auf Ihre Fragen ein.

Zum 5-G-Ausbau und der damit einhergehenden Strahlenbelastung:

Hierzu kurz vorweg: Der Netzausbau wird inhaltlich von mir nicht federführend innerhalb der Fraktion betreut. Dies begründet sich dadurch, dass das Thema auf Seiten der Bundesregierung im Verkehrsministerium von Andreas Scheuer und im Bundestag demnach im Verkehrsausschuss angesiedelt ist, dem ich selbst nicht angehöre. Ich glaube aber von mir sagen zu können, dass ich dennoch einen ganz guten Überblick über die derzeitigen Diskussion habe. Zudem habe ich mich auch noch einmal mit den Fachabgeordneten meiner Fraktion hierzu rückgekoppelt.

Das Thema Strahlenbelastung diskutieren wir seit Jahren durchaus intensiv. Das Thema erhält durch den in Kürze beginnenden Ausbau des 5-G-Netzes noch einmal an Bedeutung. Als Grüne Bundestagsfraktion weisen wir seit langem auf eine mögliche Belastung durch Strahlen hin und fordern die Bundesregierung auf, sich der Thematik mit der notwendigen Ernsthaftigkeit anzunehmen. Hierzu haben wir in den vergangenen Legislaturperioden auch immer wieder entsprechende Forderungen in unsere parlamentarischen Initiativen aufgenommen.

Exemplarisch möchte ich Sie auf folgenden Antrag verweisen: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/053/1905306.pdf

Dort heißt es beispielsweise:

"Gleichzeitig ist beim Ausbau der Versorgung im Sinne des Vorsorgeprinzips ein hohes Schutzniveau für Umwelt und Gesundheit bei elektromagnetischen Feldern zu gewährleisten, da aufgrund der zunehmenden umfangreichen und langfristigen Nutzung kabelloser Systeme niemand dem Einfluss entgehen kann und es ernstzunehmende Hinweise auf schädliche Einflüsse gibt. So wurde etwa hochfrequente elektromagnetische Strahlung 2011 von der WHO in der Gruppe 2B der IARC-Skala (möglicherweise krebserregend) eingestuft. Wichtig bleibt deshalb eine intensive Forschung zur Wirkung von elektromagnetischer Strahlung durch Mobilfunktechnologie auf die menschliche Gesundheit.

Das Bundesamt für Strahlenschutz geht davon aus, dass bei einem „umsichtigen“ Aufbau der nötigen Infrastruktur auch durch 5G keine gesundheitlichen Auswirkungen zu befürchten sind. Nichtsdestotrotz stellt es fest, dass in Bezug auf die mit 5G geplante Nutzung zusätzlicher Frequenzbänder im Zenti- und Millimeterwellenlängenbereich erst wenige Untersuchungsergebnisse vorliegen. Weiterhin müsse untersucht werden, wie sich der zunehmende Datenverkehr, der auch zu einem deutlichen Ausbau der Sendeanlagen führen wird, auf die Exposition auswirken wird.

In unseren Initiative fordern wir in Richtung der Bundesregierung unter anderem:

4. im Hinblick auf Ausbau und Betrieb des Mobilfunknetzes im Sinne des Vorsorgeprinzips ein hohes Schutzniveau für Umwelt und Gesundheit bei elektromagnetischen Feldern zu gewährleisten und dafür in der Verordnung über elektromagnetische Felder das Minimierungsgebot für niederfrequente elektromagnetische Strahlung auch auf hochfrequente elektromagnetische Strahlung auszuweiten sowie die Wirkung der Exposition von elektromagnetischen Feldern im Hochfrequenzbereich auf Mensch und Umwelt weiter intensiv zu erforschen;

In der Begründung des Antrags heißt es zu unserer Forderung 4:

"Viele Bürgerinnen und Bürger machen sich Sorgen über die Auswirkungen elektromagnetischer Strahlung auf ihre Gesundheit und die Umwelt. Eine Intensivierung der Forschung auf diesem Gebiet ist hier genauso geboten wie eine entsprechende Weiterentwicklung des gesetzlichen Schutzes vor negativen Auswirkungen des voranschreitenden Mobilfunknetzausbaus. Dabei muss das Vorsorgeprinzip stets im Vordergrund stehen."

Sie sehen, als grüne Bundestagsfraktion bearbeiten wir das Thema seit langem politisch, machen die Bundesregierung auf die von Ihnen und anderen geschilderte Problematik aufmerksam und fordern entsprechende gesetzliche Anpassungen zum Schutz negativer Auswirkungen auf Mensch und Welt. Hierbei betonen wir auch das von Ihnen angesprochene Vorsorgeprinzip.

Zu den sicherheitspolitischen Aspekten des 5-G-Ausbaus und Huawei als Anbieter:

Dieses Thema liegt wiederrum inhaltlich federführend innerhalb der Fraktion bei mir und ich habe mich mit kaum einem anderem Thema so intensiv beschäftigt wie mit der Sicherheit privater Kommunikation, digitaler Infrastrukturen und staatlichen Überwachungsinstrumenten. Seit langem weise ich immer wieder darauf hin, dass anhaltende Datenskandale und weitreichende Versuche, digitale Infrastrukturen und private Kommunikation zu kompromittieren, längst eine ernsthafte Gefahr für unsere Demokratie sind. Seit vielen Jahren machen wir auch als Grüne Fraktion darauf aufmerksam. Über das Großthema IT-Sicherheit diskutieren wir seit Jahren im Parlament sehr intensiv.

Die Bundesregierung und das in dieser Frage federführende Bundesinnenministerium verkennen die Dimension der Bedrohung bis heute. Deutschland ist im digitalen Bereich unsicherer denn je. Durch die Untätigkeit der Bundesregierung ist die Lage für die Menschen, Unternehmen, demokratische Institutionen und öffentliche Diskurse mittlerweile durchaus bedrohlich ist. Die durch Kriminelle und Geheimdienste verursachten Schäden werden seit Jahren mit hohen Milliardenbeträgen beziffert.

Selbst die verheerenden IT-Angriffe auf den Bundestag und das Netz der Bundesregierung, gezielte Manipulationen und intransparenten Beeinflussungen demokratischer Willensbildungsprozesse und Wahlen u.a. in Deutschland, den USA und Großbritannien haben die Bundesregierung bislang nicht zu einem dringend notwendigen Umdenken und Schutzhandlungen bewegen können. Beides bleibt aber dringend notwendig. Eine echte Kehrtwende im Bereich der IT-Politik ist überfällig. Denn durch ihr starres Festhalten am staatlichen Handel mit Sicherheitslücken und weitreichenden, rechtlich vielfach unregulierten Überwachungsmaßnahmen ist die Bundesregierung mittlerweile selbst zu einer echten Gefahr für die IT-Sicherheit geworden.

Wir müssen alles daran setzen, private Kommunikation bestmöglich zu schützen und digitale Infrastrukturen zu härten. Gerade im Digitalen gilt: Verteidigung ist die beste Verteidigung. Die Bundesregierung muss endlich echte Maßnahmen zur Verbesserung der IT-Sicherheit ergreifen. Die Bundesregierung steht trotz einer jahrelangen Diskussion mit völlig leeren Händen dar. Das hat der Fall Huawei gerade noch einmal gezeigt. Als Grüne Bundestagsfraktion haben wir bereits vor einem einen langen Maßnahmenkatalog zur Erhöhung der IT-Sicherheit vorgelegt. Mittlerweile haben alle anderen Oppositionsfraktionen nachgezogen und ebenfalls parlamentarische Initiativen im Parlament vorgelegt. Unseren aktuellen Antrag sowie einen erläuternden Text von mir finden Sie hier: https://www.gruen-digital.de/2018/04/gruene-bt-fraktion-legt-antrag-it-sicherheit-staerken-freiheit-erhalten-frieden-sichern-vor/.

Mit besten Grüßen nach Murnau!

Konstantin v. Notz

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