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Klaus Holetschek
CSU
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Frage von Fabian K. •

Wann gibt es in Bayern menschenwürdige Behandlung und Inklusion für Autist:innen?

Ich bin seit Februar 2022 selbst-diagnostiziert (ASS+ADHS ich habe das ICD-11 hierzu gelesen und schon zuvor diverse andere Selbsttests gemacht, alles positiv).

Seither bin ich auf der Suche nach Psychiater:innen, Psycholog:innen oder Psychotherapeut:innen, die sich damit auskennen und mir etwas anderes sagen würden, als "Damit kennen wir uns hier nicht aus .. da müssen Sie woanders hingehen" oder "Aufnahmestopp .. da müssen Sie woanders hingehen" etc.

Seit über einem Jahr bin ich OHNE HILFE .. in Bayern!!!!!!!

Mittlerweile soll ich - so das Arbeitsamt - Arbeitsunfähigkeitsrente beantragen, weil ich schon zu lange im Krankengeld war (Nahtlosigkeitsfall).

Ist es wirklich in Bayern einfacher, eine Arbeitsunfähigkeitsrente geltend zu machen, als eine Diagnostik, Diagnose und entsprechende Hilfe zu bekommen?!?

Und da die Antwort - siehe mein Fall - "Ja" lautet:
Warum ist das so?
Ist das gewollt?
Oder was mach ich und die zahllosen anderen betroffenen da?

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Sehr geehrter Herr K.,

 

vielen Dank für Ihre Nachricht. Darin schildern Sie insbesondere Ihre Schwierigkeiten einen Termin bei einem Facharzt (Psychiaterin/Psychiater, Psychologin/Psychologe oder Psychotherapeutin/Psychotherapeut) zu bekommen.

 

Zunächst kann ich Ihnen versichern, dass auch mir das Thema Inklusion – wie auch von Ihnen in Ihrer E-Mail angesprochen – sehr am Herzen liegt. Aus diesem Grunde freue ich mich umso mehr, dass die Autismusstrategie Bayern – insbesondere mit Hilfe von Autistinnen und Autisten, Angehörigen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Vertreterinnen und Vertretern der Wohlfahrtsverbände und der Kostenträger, des Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung sowie der betroffenen Ministerien – fertiggestellt und seit Februar 2023 auf der Seite des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) veröffentlicht wurde. Weitere Informationen hierzu finden Sie auf der Internetseite des StMAS unter: https://www.stmas.bayern.de/autismus/bayerische-autismusstrategie01.php

 

Die Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen, flächendeckenden und möglichst wohnortnahen medizinischen Versorgung ist für mich ebenfalls ein zentrales Anliegen. Aufgrund der bundesgesetzlich geregelten Aufgabenverteilung in unserem Gesundheitswesen obliegt die Sicherstellung der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung in Bayern der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB). Dies umfasst auch die angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der ärztlichen Versorgung sowie die Überwachung der Einhaltung vertragsärztlicher Pflichten durch die einzelnen Ärzte. Als Selbstverwaltungskörperschaft nimmt die KVB diese Aufgabe in eigener Zuständigkeit und Verantwortung wahr.

 

Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) übt die Rechtsaufsicht über die KVB aus. Deren Entscheidungen kann das StMGP nur dann beanstanden, wenn und soweit diese eindeutig rechtswidrig sind. Eine unmittelbare staatliche Aufsicht über einzelne Ärzte ist gesetzlich hingegen nicht vorgesehen.

 

Grundsätzlich sind Vertragsärzte verpflichtet, alle gesetzlich krankenversicherten Patienten zu behandeln. Bei ihrer konkreten Praxisorganisation und Terminvergabe sind sie allerdings frei. Nur Notfälle müssen stets sofort behandelt werden. Die Einschätzung, ob ein solcher Notfall vorliegt, hat dabei jeder Arzt selbst in eigener Verantwortung nach dem Stand der medizinischen Erkenntnis und seinem ärztlichen Gewissen zu treffen.

 

Sollte es Ihre Absicht sein, eine Überprüfung herbeizuführen, ob der kontaktierte Arzt hier möglicherweise gegen die ihm obliegenden vertragsärztlichen Pflichten verstoßen hat, kann das StMGP eine solche Überprüfung durch die KVB gerne anstoßen.

 

Hierzu wäre aber eine ausdrückliche Klarstellung Ihrerseits erforderlich, dass eine solche Überprüfung der Pflichteinhaltung des jeweils kontaktierten Arztes durch die KVB auch gewünscht wird. Darüber hinaus wären für eine solche Prüfung durch die KVB noch weitere Angaben (insbesondere die Anschrift der jeweiligen Arztpraxis, Name der Krankenkasse sowie Angaben zum Versicherungsstatus) bzgl. Ihrer Eingabe erforderlich. Anschließend könnte das StMGP – Ihr Einverständnis vorausgesetzt – in seiner Rolle als Rechtsaufsicht über die KVB, diese um eine Stellungnahme bitten, die ihrerseits vermutlich den jeweils betreffenden Vertragsarzt zu einer Stellungnahme bezüglich des Sachverhalts auffordern und diese entsprechend bewerten wird.

 

Losgelöst davon ist mir gleichwohl bekannt, dass es trotz der guten Versorgungslage in Bayern und den guten statistischen Werten auch im Freistaat mitunter vorkommen kann, dass einzelne Praxen ausgelastet bzw. sogar überlastet sind und es somit auch zu längeren Wartezeiten für einen Arzttermin kommen kann.

 

Die Gesundheitspolitik hat dieses Thema aufgegriffen und bereits mehrfach nachgesteuert: Um Patienten bei der Suche nach einem behandlungsbereiten Facharzt zu unterstützen, hat die KVB die Terminservicestelle Bayern eingerichtet. Um die Terminservicestelle vollumfänglich zu nutzen, muss man gesetzlich krankenversichert sein und eine Überweisung zu einem Facharzt (wird in der Regel vom Hausarzt ausgestellt) erhalten haben.

 

Die Überweisung muss mit einem 12-stelligen Vermittlungscode gekennzeichnet sein – diesen Vermittlungscode benötigen Sie beim Anruf in der Terminservicestelle, die Sie unter der zentralen Rufnummer 116 117 erreichen. Daneben gibt es auch einen Online-Terminservice.

 

Nach dem Anruf bietet die Terminservicestelle innerhalb einer Woche einen Behandlungstermin bei einem entsprechenden Arzt an. Die Wartezeit zwischen Anruf und Termin beträgt maximal fünf Wochen (ausgenommen Bagatellerkrankungen und Routineuntersuchungen). Sollte die Terminservicestelle keinen Termin bei einem niedergelassenen Arzt anbieten können, vermittelt sie einen ambulanten Behandlungstermin in einem Krankenhaus.

 

Hinweis: Handelt es sich nicht um einen mit Code gekennzeichneten (dringlichen) Überweisungsschein, hilft Ihnen die Terminservicestelle dennoch weiter – jedoch nicht zwingend innerhalb der Fünf-Wochen-Frist. Die Terminservicestelle vergibt einen Termin bei einem geeigneten niedergelassenen Facharzt, der im jeweiligen Zeitraum freie Termine hat. Die Vermittlung eines Termins bei „Wunschärzten" ist grundsätzlich nicht möglich.

 

Ist ein zeitnaher Temin bei einem Facharzt aus medizinischen Gründen angezeigt oder zumindest gewünscht, können Sie sich auch unmittelbar an Ihren behandelnden Hausarzt wenden und um Unterstützung bitten. Dieser kann sich ggf. unmittelbar selbst mit dem jeweiligen Facharzt in Verbindung setzen und auf einen zeitnahen Termin bei diesem hinwirken.

 

Sehr geehrter Herr K., ich gehe davon aus, dass, insbesondere bei Vorliegen eines hausärztlichen Überweisungsscheins, die Terminservicestelle der KVB Ihnen zeitnah bei der Suche nach einem geeigneten Facharzt weiterhelfen kann. Sollte die Terminvermittlung durch die Terminservicestelle wider Erwarten nicht erfolgreich verlaufen, können Sie sich gerne erneut an das StMGP wenden, das die KVB dann im Rahmen der Rechtsaufsicht zur Erfüllung ihres Sicherstellungsauftrags anhalten wird.

 

Abschließend möchte ich noch einmal auf die Autismusstrategie Bayern verweisen. Mit deren Hilfe stoßen wir einen grundlegenden gesellschaftlichen Bewusstseinswandel an, der, und davon bin ich überzeugt, die Lebensbedingungen der Betroffenen verbessern wird. 

 

Ich wünsche Ihnen vor allem gesundheitlich alles Gute.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Klaus Holetschek 

 

Mitglied des bayerischen Landtages 

 

Staatsminister 

 

 

 

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