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Kirsten Lühmann
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Frage von Michael v. •

Frage an Kirsten Lühmann von Michael v. bezüglich Verkehr

Der Grenzwert an NO2 am Arbeitsplatz beträgt 950 mcg/Kubikmeter Luft, der Grenzwert auf Straßen liegt bei 40 mcg/qm Luft (https://www.umweltbundesamt.de/themen/unterschied-zwischen-aussenluft). Die unterschiedlichen Werte rechtfertigt das Umweltbundesamt damit, dass der Arbeitende nur 8 Stunden pro Tag und 5 Tage die Woche der 950er Belastung ausgesetzt ist, während der Straßenbesucher rund um die Uhr der Belastung ausgesetzt ist. Unabhängig davon, dass ein Straßenbesucher sich nie rund um die Uhr in einer belastenden Straße aufhält, bestenfalls der immer zu Hause weilende Anwohner, der aber das Fenster geschlossen halten dürfte, bedeutet eine Grenzwertbelastung von rund um die Uhr (24 x 40 mcg) 960 mcg pro Tag. Das sind gerade mal 10 mcg NO2/Kubikmeter Luft mehr als für einen Arbeiter in einer Stunde als gesundheitsunbedenklich angesehen wird. Da die 950 mcg/Kubikmeter Luft pro Stunde als nicht gesundheitsgefährdend angesehen werden (in einer 5 Tage Woche 380000 mcg/Kubikmeter Luft), erschließt sich mir nicht, weshalb 960 mcg/Kubikmeter NO2 in 24 Stunden auf der Straße gesundheitsgefährdend sein sollen, aber bei einem 8-Stunden Arbeitstag (8 x 950 mcg/Kubikmeter) 7600 mcg NO2/Kubikmeter Luft nicht. Können Sie diesen krassen Widerspruch, der politisches Handeln im Straßenverkehr nach sich zieht, auflösen!

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr von Lüttwitz,

den von Ihnen aufgeworfenen vermeintlichen Widerspruch zwischen den dargestellten Grenzwerten für Außenluft und Arbeitsplatz vermag ich nicht zu erkennen.

Der Grenzwert für die maximale Arbeitsplatzkonzentration legt fest, wie hoch für eine bestimmte Zeitspanne die Belastung gesunder Beschäftigter mit Stickstoffdioxid für spezielle Arbeitsplätze sein darf. Der Arbeitsplatzgrenzwert gilt nicht, wie es häufig irrtümlicherweise behauptet wird, für Büroarbeitsplätze, sondern für Arbeitende an Industriearbeitsplätzen und im Handwerk, bei denen aufgrund der Verwendung oder Erzeugung bestimmter Arbeitsstoffe eine erhöhte Stickstoffdioxid-Belastung (zum Beispiel bei Arbeiten mit offenen Flammen) zu erwarten ist.

Für Büroarbeitsplätze gelten die Richtwerte des Ausschusses für Innenraumrichtwerte (AIR). Der Kurzzeitrichtwert II (sogenannter Gefahrenwert) für Stickstoffdioxid in der Innenraumluft liegt bei einer Konzentration von 250 µg/m3, gemessen über eine Stunde. Der Kurzzeitrichtwert I (Vorsorgewert) für Stickstoffdioxid in der Innenraumluft, gemessen über eine Stunde, wurde bei 80 µg/m3 festgelegt. Für eine langfristige Beurteilung der Innenraumluft gilt der Richtwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die Innenraumluft von 40 µg/m³ als Bewertungsmaßstab.

Der Arbeitsplatzgrenzwert ist für die arbeitende Bevölkerung abgeleitet, die im Regelfall keine für den Arbeitsprozess bedeutsamen Atemwegserkrankungen hat. Im Gegensatz dazu muss der Grenzwert in der Außenluft auch empfindliche Personengruppen schützen, die medizinisch individuell deutlich anders einzuschätzen sind, da sich zum Beispiel ihre Atemwege noch in der Entwicklung befinden (wie bei Neugeborenen). Der Grenzwert von 40 µg/m³ für die Außenluft für Stickstoffdioxid für das Jahresmittel, der für die Allgemeinbevölkerung gilt, muss daher gerade mit Blick auf empfindliche Bevölkerungsgruppen, wie zum Beispiel Kinder und Säuglinge, Schwangere, alte Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen, niedriger sein.

Eine Anhebung der – im Übrigen EU-weit vorgegebenen – Grenzwerte für die Außenluft halte ich daher nicht für geboten.

Mit freundlichen Grüßen,
Kirsten Lühmann, MdB