Portrait von Kirsten Lühmann
Kirsten Lühmann
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Kirsten Lühmann zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Georg A. •

Frage an Kirsten Lühmann von Georg A. bezüglich Verkehr

in den Stuttgarter Nachrichten fordern Sie Radfahren mit freiem unbedecktem Kopf zu verbieten. Radfahren ohne Helm ist nachgewiesen eine lebensverlängernde, gesunde Tätigkeit, die der Gesellschaft einen Nutzen bringt. Daher habe ich dazu ein paar Fragen:

1. Die European Cyclists´ Federation hat vor einiger Zeit eine Kampagne gegen Helmpflichten und Schockkampagnen gemacht (Quelle: www.ecf.com/3675_1 (auf englisch) Ihre Aussage als fahradpolitische Sprecherin der SPD steht dem diametral entgegen. Kann ich dass so verstehen, dass ich als Radfahrer und Vater in der SPD keine Heimat haben soll?

2. Ein Kind mit freiem Kopf auf dem Rad wird von einem unachtsamen Autofahrer angefahren. Mit Ihrer Helmpflicht könnte jetzt die Versicherung den Eltern große Schwierigkeiten bereiten, in dem sie einen opportunistischen Gutachter anfordert, der einen angeblichen Effekt eines getragenen Helmes attestiert. Die bisherigen Urteile die eine Mitverantwortung von Radfahrern wegen freiem Kopf konstruieren (zB OLG Düsseldorf I-1 U 182/06), benötigen zB keinen Nachweis der verringerten Schädigung durch das Helmtragen, sondern belassen es bei allgemeiner Betrachtungen die lediglich eine Risikoverminderung behaupten. Wie soll verhindert werden, dass der Schädiger auf Kosten des Kindes entlastet wird?

3. Die Einführung einer Helmpflicht hat in diversen Staaten zwar zu verringertem Radverkehr geführt, aber nicht zu einer Risikoverringerung (Quelle: http://www.onestreet.org/images/stories/pdf/Helmet_law_outcomes_summary.pdf ) Wie stehen Sie dazu?

4. Wie viel positiven Effekt hätte eine Helmpflicht nach Ihren Zahlen im Vergleich zu Tempo 30 innerorts für KfZ oder ein Verbot Rechtsabbieger links neben einer Geradeausspur zu führen, was auf Radwegen in deutschen Städten die Norm ist und hunderten Radfahrern das Leben gekostet hat?

Mit besten Grüßen,

Georg Antonischki

Portrait von Kirsten Lühmann
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Antonischki,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Thema Helmpflicht für Fahrradfahrer. Ich entnehme Ihrem Schreiben, dass Sie den Artikel zu diesem Thema aus den Stuttgarter Nachrichten gelesen haben: Wenn wir über eine Helmpflicht nachdenken, dann kommt für mich nur eine Helmpflicht für Kinder bis 14-Jahre infrage. 90 Prozent aller Schädelhirnverletzung können durch das Tragen eines Helmes vermieden werden, berichtet die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU). Damit sieht die DGU das Tragen eines Fahrradhelmes als Schutzmaßnahme als wissenschaftlich erwiesen an. Dennoch gibt es meiner Ansicht nach Gründe, die gegen eine generelle Helmpflicht für Fahrradfahrende sprechen. Die Einführung einer generellen Helmpflicht führt Studien zufolge zu einem Rückgang der Fahrradnutzung und damit zu einer Zunahme des Autoverkehrs. Dies ist weder umwelt- noch gesundheitspolitisch zu verantworten. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass bei zunehmenden Radverkehr das individuelle Verletzungs- und Todesrisiko abnimmt. Umgekehrt kann man vermuten, dass bei sinkendem Radverkehr das individuelle Risiko steigt. Man sagt auch, dass das Bewusstsein um die Radfahrer, einschließlich der Anzahl der Radfahrer auf der Straße, und das allgemeine Verkehrsklima einen größeren Einfluss auf die Sicherheit von Radfahrern haben als das Tragen von Helmen. Kurz gesagt, gibt es viele Radfahrer, verhalten sich die Verkehrsteilnehmer auch radfahrerfreundlicher, sind ihnen gegenüber umsichtiger und es passieren dadurch weniger Unfälle. Eine Senkung des Unfallrisikos für Radfahrer sollte deshalb durch eine radfahrerfreundliche Verkehrsplanung erfolgen: niedrige Autogeschwindigkeiten in bewohnten Gebieten zum Beispiel.

Bei Kindern bis 14 Jahren stellt sich die Situation dagegen anders dar: sie sind in der Regel auf dem Bürgersteig unterwegs und beherrschen ihr Fahrrad und manche Situation noch nicht so wie wir Erwachsenen, allein deshalb, weil ihnen die Erfahrung fehlt und sie noch nicht voraussehen können, wie ihr handeln sich auf ihre Umgebung auswirken könnte. Es spricht nichts dagegen, wenn wir diese Altersgruppe mit einem Helm schützen. Prinzipiell sollte das für Eltern selbstverständlich sein, dass sie ihren Nachwuchs mit einem Helm schützen, auch ohne Pflicht.

Mit freundlichen Grüße

Kirsten Lühmann