Kerstin Griese MdB
Kerstin Griese
SPD
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Frage von Sarah G. •

Frage an Kerstin Griese von Sarah G. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Griese,

was halten Sie von dem bedingungslosen Grundeinkommen?

Denken Sie nicht auch, dass es ungerecht ist, dass in einem
reichem Land wie Deutschland Menschen in Armut leben,
obwohl sie um Unterstützung vom Staat gebeten haben?

Sollten nicht 3,5 Millionen Deutsche, viele Kinder und Rentner die
Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, anstatt
nur ihre nackte Existenz abgesichert zu wissen?

Ein Wechsel zum Grundeinkommen würde soviele positive Dinge mit sich bringen.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen:
.. stärkt die Familie.
... fördert Innovation
... stärkt die Unternehmen.
... stärkt die Volkswirtschaft. Unproduktive Industrien und Wirtschaftszweige müssen nicht mehr subventioniert werden.
... ermöglicht einen umfassenden Abbau von Bürokratie, auch in den Sozialsystemen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen ersetzt weitestgehend bestehende Sozialleistungen.

Das bedingungslose Grundeinkommen wird von vielen namenhaften Wissenschaftlern, unter ihnen zwei Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften gefordert.
Mehrere voneinander unabhängige Studien belegen eine Finanzierbarkeit.

Dass Menschen mit Kürzungen der Sozialleistungen zur Arbeit bewegt werden müssen, ist auch eine sehr fadenscheinige Praktik.
Wäre es nicht motivierender für Arbeitslose, wenn sie mehr als 20% von ihrem erarbeiteten Geld behalten können?
Denken Sie wirklich, ihre Wähler wollen hören, dass sie potentielle Faulenzer sind, die zur Arbeit gezwungen werden müssen?

Sollte sich die SPD nicht langsam von der eingestaubten Idee der Vollbeschäftigung lossagen und nach neuen, innovativen Lösungen suchen?

Ich glaube, es ist Zeit für eine wirkliche Verbesserung, nicht nur für Ausbesserungen an einem maroden System.
Was glauben Sie?

Freundliche Grüße,
Sarah Gebhardt

Kerstin Griese MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Gebhardt,

ich halte die Idee des Grundeinkommens für interessant, aber insbesondere als Familienpolitikerin für wenig sinnvoll. Ich halte es für wesentlich wichtiger, konkrete Armutsrisiken, die nun einmal längst nicht nur im Materiellen zu suchen sind, direkt anzugehen. Dies gilt insbesondere für die Risiken der Kinderarmut, bei denen die Bildungsarmut erhebliche Folgen für den gesamten Lebensweg hat.

Die mit Abstand nachhaltigste Vorbeugung gegen die Risiken der Kinderarmut ist die Erwerbstätigkeit der Eltern. Alles zu unternehmen, dies zu fördern, muss im Mittelpunkt der Politik stehen. Dazu gehören Bildungs- und Weiterbildungsangebote, zielgerichtete Anreize und zeitlich passende Kinderbetreuungsangebote. Gerade letzteres muss noch nachdrücklicher umgesetzt werden, als dies in den laufenden Programmen zum Betreuungsausbau passiert. Denn das Armutsrisiko von Alleinerziehenden und ihren Kindern ist leider ganz besonders hoch.

Dass Menschen durch die Kürzung von Sozialleistungen nachhaltig in eine Erwerbstätigkeit gebracht werden, ist illusorisch. Denn kein Arbeitgeber kann Beschäftigte gebrauchen, die ihrem Job ohne ernsthafte Motivation nachgehen. Ich gehöre sicherlich nicht zu den Politikerinnen, die die Menschen als potenzielle Faulenzer beschreiben. Aber ich weiß, dass es eine ganze Reihe von Ursachen geben kann, wenn Menschen keine Erwerbstätigkeit finden. Mangelnde Bildung, gesundheitliche Einschränkungen, Suchtprobleme, fehlende Kinderbetreuung sind Gründe, die ein gezieltes Eingreifen nötig machen. Deswegen trete ich dafür ein, unsere Sozialsysteme dort zu stärken, wo durch falsche Sparanstrengungen in den Kommunen die konkreten Hilfen weggefallen sind.

Ich finde es richtig, dass es die Möglichkeit gibt, Arbeitslosengeld II und Erwerbseinkünfte miteinander zu kombinieren. Es gibt sehr viele so genannte "Aufstocker", die dies in Anspruch nehmen. Leider gibt es aber auf der anderen Seite zu viele Arbeitgeber, die dieses System ausnutzen und Niedrigstlöhne zahlen, mit denen ein angemessenes Auskommen nicht möglich ist. Deswegen halte ich es für notwendig, zunächst einen flächendeckenden Mindestlohn einzuführen, bevor wir über verbesserte Formen der Kombinierbarkeit von Erwerbs- und Transfereinkommen reden. Leider verweigert sich die CDU/CSU der Einführung eines solchen Mindestlohns.

Die SPD hat sich längst von den "eingestaubten" Ideen der Vergangenheit, die noch in den siebziger Jahren sachgerecht waren, verabschiedet. Mit den Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Koalition haben wir viele innovative Ideen in die Praxis umgesetzt. Der Erfolg ist spätestens im letzten Jahr eingetreten. Noch nie gab es mehr Beschäftigte in Deutschland, die Arbeitslosigkeit war seit vielen Jahren nicht mehr so niedrig, und erstmalig wurde die Sockelarbeitslosigkeit wieder erheblich reduziert. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass wir gute Chancen haben, den Konjunktureinbruch im Zuge der Finanzmarktkrise möglichst kurz halten und die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt begrenzen zu können.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Griese

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