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Katrin Göring-Eckardt
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Frage von Maria R. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Maria R. bezüglich Innere Angelegenheiten

Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,

ich erlebe, dass ich als Bürger über vieles im Unklaren gelassen werde. Die Politik der BRD erscheint mir als angst- (die sich scheinbar wiederum von Hochrechnungen und Statistiken herleitet) basiert und nicht studien- und evidenzbasiert. Das beunruhigt mich.

Als Beispiel kann man das Hin und Her bzgl. der Sinnhaftigkeit von Tragen von Mundschutz anführen, das seit einigen Wochen in der BRD Pflicht geworden ist, zumindest in bestimmten öffentlichen Räumen.

Es gibt unter Wissenschaftlern keine Einigkeit über die Sinnhaftigkeit des Tragens von Masken bzw. einem vergleichbaren Mundschutz, weil es keine diesbezüglichen Studien gibt.
Für die Zulässigkeit der Maskenpflicht-Anordnung wird von Gerichten u.a. aufgrund der „Meinung“ des RKI entschieden. Zitat aus der Entscheidung des Hamburger Verwaltungsgerichtes:
„Die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sei geeignet, dem Lebens- und Gesundheitsschutz zu dienen .... Zwar gebe es auch Wissenschaftler, die die Wirksamkeit des Schutzes verneinten. Die Stadt Hamburg stütze sich jedoch maßgeblich auf eine nachvollziehbare Meinung, nämlich die des Robert-Koch-Instituts.“
https://www.tag24.de/thema/coronavirus/hamburg-coronavirus-gericht-maskenpflicht-persoenlichkeitsrecht-buerger-pflicht-gesundheit-1500321

Das RKI sowie auch Prof. Drosten haben aber diesbezüglich ihre „Meinung“ geändert, nachdem sie wochenlang eher abschätzig darüber gesprochen haben.
Worauf stützt sich deren Meinungsänderung??

Die Einschätzung, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung verringere die Ansteckungsgefahr, weil dann beim Sprechen keine oder nur noch wenige infizierte Tröpfchen in die Luft gelangten – diese „Einschätzung“ geht wohl davon aus, dass der sprechende Mensch infiziert ist (ich nehme an, dass Menschen die sich krank fühlen entweder zu Hause bleiben oder von sich aus einen Mundschutz verwenden) und dies nicht weiß, weil es ja asymptomatisch Infizierte gibt.

Jetzt sind bald 3 Monate ins Land gegangen...

Warum gibt es noch keine deutschen Studien, ob und WIE asymptomatisch Infizierte die Infektion weiter geben? Ob die Virenzahl ausreicht, um andere zu infizieren?

Studien über die Häufigkeit des ORTES und der ART der Ansteckung? (beim Angehörigen/Partner - mit viel Körperkontakt -, im Supermarkt, beim Arzt, bei...)

Studien, zu welchem Prozentsatz Kinder sich überhaupt infizieren bzw. das Virus weitergeben können

Warum nicht mehr Studien ähnlich der Heinsberg-Studie - die bereits nach einem Monat erste Ergebnisse lieferte!? (in anderen Hotspots und auch Studien/Testungen in kaum betroffenen Gebieten und in Großstädten?)

Tatsächlich lese ich gerade von einer meines Wissens ersten (!) Studie des RKI.
FAZ 19.05.: Das Robert-Koch-Institut stellt in der Gemeinde Kupferzell im Hohenlohekreis gerade das Vorgehen für die Studie „Corona-Monitoring lokal“ vor. Thomas Lampert aus der RKI-Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring sagt: „Unser Vorgehen entspricht weitgehend der Gangelt-Studie." Die Ergebnisse der Untersuchung sollen zu einem umfassenderen Bild darüber führen, wie viele Personen in der Bevölkerung tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert sind oder waren. Dafür sollen in den kommenden Wochen 2000 zufällig ausgewählte Personen in der Gemeinde Kupferzell getestet werden. Die Ergebnisse seien dann repräsentativ für die Gemeinde Kupferzell, aber nicht übertragbar auf das ganze Land (???)

Ist das RKI alleinig für das In-Auftrag-Geben von Studien verantwortlich? Was ist mit der Bundesregierung? Den jeweiligen Landesregierungen?

Ich bitte Sie, Frau Göring-Eckardt, auf weitere schnelle, wissenschaftsbasierte und unabhängige Studien zu drängen.

Wo immer Unklarheit und Schwammigkeit herrschen, können insbesondere kritische Bürger Maßnahmen als Willkür oder als Machtmissbrauch erleben.

Freundliche Grüße, Maria Rappay

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau R.,

vielen Dank für Ihre Frage an Frau Göring-Eckardt. Sie hat uns gebeten, uns zu antworten.

Bestehendes Wissen aufgrund neuer Erkenntnisse zu revidieren ist das Wesen von Wissenschaft. Das SARS-CoV-2 Virus ist für uns alle neu, Mediziner und Virologen eingeschlossen. Zu Beginn geben diese Einschätzungen und Empfehlungen ab auf der Basis des Wissens, über das sie verfügen, möglicherweise vergleichbare Erkrankungen. Als richtig und wahr gilt, was sich nicht als falsch erwiesen hat. Im Laufe der Zeit erheben sie neue Daten, gewinnen neue Erkenntnisse und müssen entsprechend ihre Schlussfolgerungen anpassen. Für Wissenschaftler ist das tägliches Geschäft. Und es ist demzufolge auch wenig überraschend, wenn diese zum Beispiel bei der Frage des Mundschutzes ihre Einschätzungen revidieren.

In Deutschland und auf der ganzen Welt erforschen gerade Wissenschaftler dieses neue Virus, behandeln Ärzte die von diesem Virus verursachten Erkrankungen und gewinnen daraus immer wieder neue, bessere Erkenntnisse. Diese Ergebnisse, diese Erkenntnisse müssen kritischer Überprüfung durch andere Wissenschaftler stand halten. Die eine Studie, die eine Erkenntnis wird es aber nicht geben. Die von ihnen genannte Heinsberg-Studie hat viele neue Erkenntnisse gebracht, aber auch viel Kritik erfahren. Das macht die Erkenntnisse der Studie nicht zwangsläufig falsch sondern zeigt, wo uns weiterhin Wissen fehlt und wo wir auch weiterhin bereit sein müssen, neue Erkenntnisse zu akzeptieren und unser Verhalten entsprechend anzupassen.

Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt

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