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Katrin Göring-Eckardt
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Sibylle M. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Sibylle M. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,

bitte erklären Sie mir den Grund dafür, warum Sie in einem Interview, das am 03.09.2015 im ARD-Mittagsmagazin ausgestrahlt wurde, zwar (zu Recht) es "UNTRAGBAR" finden, dass Menschen im Asylverfahren 1 Jahr auf ihren Bescheid warten müssen - ich aber nichts von Ihnen oder Ihrer Partei höre, dass Studienbewerber inzwischen 7! Jahre auf einen Studienplatz in Medizin warten müssen. Selbst bei guten Abiturnoten - nur weil sie keine 1,0 vorweisen können. Dies ist auch "UNTRAGBAR", ebenso wie die Tatsache, dass es wieder in vielen Universitätsstädten extreme Probleme geben wird bei Studienbeginn im Oktober eine Unterkunft zu finden. Dazu hört man nichts, außer wohlfeilen Worten in Sonntagsreden. Dass es bei anderen Parteien nicht anders ist macht das Ganze nur noch schlimmer.

Wo bleibt die Empathie für unsere hier aufgewachsenen jungen Leute, die ebenso unter Perspektivlosigkeit leiden, ihr Leben nicht planen können (weil es null Transparenz bei den Wartelisten gibt), deren Partnerschaften u.U. darunter leiden (weil keine Familienplanung möglich ist), die Karrierechancen nicht wahrnehmen können (weil nie klar ist, wann sie einen Studienplatz bekommen) und deren Eltern verzweifeln, die heute häufig schon älter sind und nicht wissen, ob sie ihre Kinder während des Studium noch unterstützen können oder schon bald aus dem Arbeitsleben ausscheiden und damit oft die finanziellen Möglichkeiten eingeschränkt sind.

Für eine Antwort auf diese Fragen wäre ich Ihnen dankbar.

Mit besten Grüßen,

Sibylle Morawskyi

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Morawskyi,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir im Auftrag von Frau Göring-Eckardt gern beantworten wollen.

Es ist für junge Menschen, die Medizin studieren wollen, unzweifelhaft nicht befriedigend, Jahre auf einen Studienplatz warten zu müssen. Angesichts des regionalen Mangels an Ärzten in manchen Ländern ist Ärger über diese Situation verständlich.
Dennoch ist der Vergleich, den sie ziehen, keineswegs passend. Anders als Menschen im Asylverfahren warten junge Menschen nicht darauf, dass ihr Antrag von einer Verwaltungsbehörde bearbeitet wird. Vielmehr warten sie auf einen Studienplatz, deren Zahl beschränkt ist. Die lange Zeit der Unsicherheit, während der Menschen im Asylverfahren auf die Entscheidung der Verwaltung warten, hat für diese gravierende Konsequenzen: Erst nach ihrer Anerkennung als Flüchtlinge erhalten sie eine Aufenthaltserlaubnis und unbeschränkte Erlaubnis für eine Erwerbstätigkeit, haben Anspruch auf integrationsfördernde Maßnahmen und vor allem das Recht, ihre Familienangehörigen nachziehen zu lassen. Nicht selten sind Flüchtlinge gezwungen, ohne ihre Familien oder Kinder den langen Weg nach Deutschland anzutreten und warten hier auf eine Entscheidung, während die Familie im Herkunftsland bedroht wird.

Den Mangel an Studienplätzen in den Laborwissenschaften, zu denen auch das Medizinstudium zählt, hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den vergangenen Jahren immer wieder kritisiert. Wir haben wiederholt vorgeschlagen, den Hochschulpakt, mit dem Bund und Länder viele zusätzliche Studienplätze finanzieren, aufzustocken und besser auszustatten. Auch wenn der Pakt auch durch unseren Druck quantitativ mehrfach angepasst wurde, sind die veranschlagten Kosten pro Studienplatz weiter zu gering. Die Summe pro Platz reicht nicht aus, um einen Medizinstudienplatz zu finanzieren. Gleichwohl haben einige Länder den Mangel versucht mit eigenen Initiativen zu beheben. Allerdings dauert der Aufbau zusätzlicher Plätze und Strukturen, so dass auch künftig die Nachfrage die Anzahl der Plätze deutlich übersteigen wird. Daher dürfen gerade die Länder, die einen regionalen Mangel an Ärztinnen und Ärzten haben, nicht
nachlassen, hier mehr zu tun. Wir werden weiterhin für mehr Qualität beim Studienplatzausbau streiten.

Mit freundlichen Grüßen
Team Katrin Göring-Eckardt

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