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Frage von Gerhard R. •

Frage an Katja Kipping von Gerhard R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Frankfurter Rundschau 10.07.2012
http://www.fr-online.de/politik/kritische-vereine-steuergesetz-bedroht-aktivisten-in-ihrer-existenz-,1472596,16581966.html
Kritische Vereine Steuergesetz bedroht Aktivisten / Von Steven Geyer

Ein Gesetzentwurf der schwarz-gelben Koalition sieht vor, dass Vereine, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, ihre Steuerprivilegien verlieren. Die Steuerpflicht wäre für Vereine wie Attac, Greenpeace und Robin Wood das Aus...

Sehr geehrter Frau MdB Katja Kipping,

wie wird sich die LINKE-Bundestagsfrraktion sowohl in den Ausschüssen als auch in den Lesungen des Bundestages zu diesem Versuch der CDU/CSU-FDP-Koalition verhalten?

Wie schätzen Sie hier die Vorgehensweise ein, kritische Begleitung der handelnden Politik über die Hinhtertür einer ggf. als fragwürdig zu betrachtenden Verknüpfung mittels Beobachtung mit geheimdienstlichen Mitteln und MItteln des Steuerrechts auszuhebeln?

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Roloff,

es handelt sich dabei um die Vorlage zum Jahressteuergesetz (JStG) 2013, nachzulesen im Detail unter Bundestagsdrucksache 17/10000. Der darin aufgeführte Artikel 10 soll aus § 51 Absatz 3 Satz 2 der Abgabenordnung das Wort „widerlegbar“ streichen. Was zunächst wie eine minimale Änderung erscheint, kann praktisch enorme - negative - Konsequenzen haben. Denn dadurch wird es möglich, Vereinen die Gemeinnützigkeit zu versagen oder abzuerkennen, wenn diese in Berichten des Verfassungsschutzes als verfassungsfeindlich aufgeführt werden. So heißt es wörtlich: „Ist deshalb eine Körperschaft im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als verfassungsfeindlich aufgeführt, ist ihr die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft zu versagen. Die Überprüfung, ob eine Körperschaft trotz einer Nennung in einem Verfassungsschutzbericht doch die Anforderungen nach § 51 Absatz 3 Satz 1 erfüllt, muss nach Streichung des Wortes „widerlegbar“ in Satz 2 nicht mehr durchgeführt werden. Sollte eine Körperschaft ihrer Ansicht nach zu Unrecht in einem Verfassungsschutzbericht aufgeführt worden sein, so obliegt es ihr, sich dagegen in einem gerichtlichen Verfahren zur Wehr zu setzen. Körperschaften, bei denen der bloße Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit besteht und die nur als Verdachtsfall in einem Verfassungsschutzbericht erwähnt wurden, ist nicht auf Grund des Verdachtes die Gemeinnützigkeit zu versagen.“ Bereits vor vier Jahren, im Rahmen des JStG 2009, wurde diese Regelung übrigens schon einmal verschärft.
Natürlich ist auch wir der Auffassung, dass extremistische und verfassungsfeindliche Organisationen nicht z.B. durch Steuerbegünstigungen auch noch gefördert werden dürfen - gerade auch wieder vor dem Licht der neuesten Ereignisse und Erkenntnisse rund um das Thema NSU. Doch birgt die Regelungsänderung auch Gefahren für ganz andere Initiativen, z.B. die von Ihnen benannten aus dem Umweltbereich oder - und das vermutlich noch viel stärker - für Vereine, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Die Nennung und Einstufung im Verfassungsschutzbericht unterliegt keinen festen Vorgaben, sondern ist in gewissem Maße politischer Willkür unterworfen. Dazu muss man auch noch wissen, dass Verfassungsschutzbehörden weisungsgebundene Behörden sind - es gibt immer ein politisch geführtes Ministerium an der Spitze. Mit der Gesetzesänderung wird die Prüfmöglichkeit durch die Finanzämter entfallen und eine automatische Aberkennung der Gemeinnützigkeit erfolgen. Änderungen sind nur über langwierige gerichtliche Prozesse möglich, die sich aber vermutlich viele der kleinen Initiativen nicht leisten können. DIE LINKE zumindest wird dem sicher nicht zustimmen.

Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping