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Frage von Detlef K. •

Frage an Katja Kipping von Detlef K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Kipping,

ich empfinde es schon des längeren als besonders problematisch und gefährlich, dass offensichtlich unzufriedene Menschen unser Gesellschaft, die durch eine Nichtbeteiligung an Wahlen Ihre allmähliche Loslösung von demokratischen Spielregeln zeigen, allenfalls im Nebensatz eines Kommentators bei einer Wahlanalyse gehört werden.
Meiner Ansicht nach sollten wir alle - insbesondere die politische Elite - bestrebt sein jede Stimme zu hören, auch die "nicht abgegebene".

Daher auch an Sie die Frage, die ich bereits Anfang 2009 und Mitte 2010 an einzelne Bundestagsabgeordnete gestellt hatte: Wie bewerten Sie die Idee diese sogen. Nichtwählerschaft mit einer Art anteiligen Gewichtung zu einer abgegebenen Stimme in den Wahlausgang einzubinden - z.B. dadurch, dass im Umfange der Nichtteilnahme an Wahlen Plätze in Parlamenten nicht besetzt werden – bis etwa einem Mindestniveau zu der die Arbeitsfähigkeit noch sichergestellt ist ?

Dann würden auch diese unsäglichen Kommentare von Politikern gleich welcher Couleur aufhören, dass Sie doch von der "Mehrheit der Stimmen" gewählt worden sein.
Und der Anteil der Nichtwählerschaft wäre auch optisch über die volle Legislaturperiode für jeden sichtbar (z.B. bei Fernsehübertragungen) und Kosten würden ebenfalls eingespart.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Kleinelsen,

so gut ich ihren Unmut über die eingefahrenen politischen Gleise im Lande nachvollziehen kann: Ihren Vorschlag halte ich für nicht zielführend.
Parlamente haben aus gutem Grund eine bestimmte Größe. Einerseits sollen sie rein zahlenmäßig in einem gewissen Verhältnis zur Bevölkerung stehen, um möglichst viele Schichten, Gruppen und Milieus abbilden zu können. Andererseits ist es die Aufgabe des Parlaments, die Regierungsarbeit kritisch zu begleiten und zu kontrollieren sowie Alternativen zu entwickeln.
Würde man Ihrem Vorschlag nun folgen, stünden für letzteres weniger Abgeordnete einer größenmäßig gleichen - weil an konkreten Aufgaben, bzw. Ressorts ausgerichteten - Regierung und der mit ihr verbundenen Ministerialbürokratie gegenüber. Das wäre kein Plus, sondern ein eindeutiges Minus für die Demokratie, denn weniger Abgeordnete müssten die gleiche (Kontroll)Arbeit leisten.

Ich möchte an dieser Stelle auch einmal mit einem verbreiteten Irrtum aufräumen. Die geringe Wahlbeteiligung wird gern als Folge der undurchsichtigen, schlechten, arroganten....usw. Politik dargestellt.
Das klingt nachvollziehbar - ist m.E. aber eine Fehlwahrnehmung. So hart es klingen mag: Die geringe Wahlbeteiligung hat auch Ursachen bei denen, die nicht zur Wahl gehen und damit - entgegen ihrer Intention - meistens niemand anderen bestrafen, als sich selbst. Bei der letzten Bundestagswahl waren 27 Parteien mit Landeslisten zugelassen. Ich denke, da war quasi für jeden etwas dabei, auch wenn die individuellen politischen Ansprüche vielleicht hoch und konkret sind.

Man kann natürlich darüber diskutieren, ob beispielsweise die 5 %-Hürde sinnvoll ist. Man kann und sollte auch über mehr direkte Demokratie reden, über Volksabstimmungen auf Bundesebene oder über die Auswahl geeigneten KandidatInnen - ich bin sehr dafür. Aber dem Desinteresse der Menschen für ihre ureigenen Angelegenheiten nachzugeben, das hieße in meinen Augen, die Demokratie zu entwerten und letztlich abzuschaffen. Ich glaube, das wollen wir beide nicht!

Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping