Portrait von Katja Kipping
Katja Kipping
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Katja Kipping zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Franz B. •

Frage an Katja Kipping von Franz B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Kipping,

ein Bekannter hat mich neulich auf einen Aspekt in Ihrer Besteuerungs-Programmatik hingewiesen. Im Bundestagswahlprogramm 2009 will die Linke "die Einkommensteuer sozial und gerecht reformieren: Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zum Grundprinzip machen; das Steuerrecht einfach und transparent gestalten; Personen und Familien mit niedrigen und durchschnittlichen Einkommen entlasten und Steuerpflichtige mit hohen und sehr hohen Einkommen stärker heranziehen", ferner wil die Linke "die Steuerbelastung bis zum Spitzensteuersatz von 53% linear ansteigen lassen (Eintrittspunkt 65.000 Euro); dieser Tarifverlauf führt dazu, dass diejenigen, die weniger als 70.245 Euro im Jahr zu versteuern haben, entlastet werden; diejenigen, die mehr haben, werden belastet". Hierzu meine Frage, mein Bekannter hat mir das mal in einer Grafik (siehe hier: http://img4.imageshack.us/img4/3281/linke.gif ) ausgerechnet (unter Einbeziehung des § 32a EStG). Demnach wäre man schon mit knapp unter 30.000 Euro bei den Linken am oberen Ende der "mittleren Einkommensbezieher" und alles darüber wird abgeschröpft. Von einer Entlastung der Einkommen bis 70.245 Euro kann doch nach der Rechnung nie die Rede sein, oder?

Mit freundlichen Grüßen,
F. Brandt

Portrait von Katja Kipping
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Brandt,

die Berechnungen Ihres Bekannten kann ich im Moment nicht nachvollziehen, aber bitten Sie ihn doch, die Steuerlasten erneut durchzurechnen und zwar mit den Angaben, die unserem Steuerkonzept zugrunde liegen.

Wir LINKE wollen - wie Sie auch schreiben - eine andere Verteilung des Einkommenssteueraufkommens: vor allem niedrige und mittlere Einkommen werden entlastet, höhere Einkommen ab rund 70.000 Euro Brutto sowie Einkommen aus Gewinnen und Vermögen werden belastet. Unser Modell gewährleistet das konsequent.

Im Detail heisst das, der Eingangssteuersatz bleibt bei 14 Prozent. Der Grundfreibetrag wird auf 9.300 Euro angehoben. Das entlastet insbesondere niedrige Einkommen. Die Steuerbelastung soll geradlinig bis zum Spitzensteuersatz von 53 Prozent ab einem Einkommen von 65.000 Euro ansteigen. Ab dem 65.000sten Euro wird jeder weitere Euro mit 53 Prozent besteuert. Steuerpflichtige mit einem zu versteuernden Einkommen unter 70.000 Euro werden steuerlich entlastet, während oberhalb von 70.000 Euro mehr Steuern gezahlt werden müssen.

Bei der Berechnung sind die Grenzsteuersätze zu beachten: Bis zu unseren Grundfreibetrag von 9.300 Euro müssen keine Steuern gezahlt werden. Für den ersten Euro oberhalb von 9.300, für den 9.301ten Euro, werden 14 Prozent Steuern fällig, also 14 Cent. Dies ist der Eingangssteuersatz. Für den 9302ten Euro wird ein eigener Steuersatz angewandt: 14,001 Prozent. Für den 9303ten Euro ist der Steuersatz dann wieder ein ganz klein bisschen höher. Auf diese Weise steigt die lineare Progression bis auf 53 Prozent an. Bitte beachten Sie: Jeder einzelne Euro hat einen eigenen Steuersatz - entscheidend ist, an welcher Stelle er steht.

Diese Regel wird fortgesetzt bis zum 65.000sten Euro. Für diesen Euro werden 53 Prozent fällig, also 53 Cent. Für alle Euros, die darüber hinaus zu versteuern sind bleibt es bei den 53 Prozent, dem Spitzensteuersatz. Die gesamten zu zahlenden Steuern ergeben sich aus der Aufsummierung der vielen Cent-Beträge. Bezieht man die insgesamt zu zahlenden Steuern auf das gesamte zu versteuernde Einkommen, dann ergibt sich der Durchschnittssteuersatz. Klar ist dann auf den ersten Blick: Jemand der 65.000 Euro versteuert, zahlt nur für einen einzigen Euro die 53 Prozent Spitzensteuersatz. Der Durchschnittssteuersatz, den er auf sein gesamtes Einkommen zahlt, liegt deutlich darunter. Nach dem Steuertarif der LINKEN wären auf 65.000 Euro Einkommen 18.760 Euro an Steuern zu entrichten, das entspricht einem durchschnittlichen Steuersatz von 29%. Bei einem zu versteuernden Einkommen von 40.000 Euro beträgt der Grenzsteuertarif auf den "letzten" Euro bei der LINKEN rund 35,6%, der Durchschnittssteuersatz liegt bei rund 19 Prozent - statt der heutigen 23 Prozent. Bei einem Einkommen von 100.000 Euro beträgt der Durchschnittssteuersatz heute knapp 34 Prozent, im Steuermodell der LINKEN liegt er bei gut 37 Prozent und es müssen knapp 3.600 Euro mehr an Steuern gezahlt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping