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Frage von Rudolf M. S. •

Frage an Johannes Kahrs von Rudolf M. S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Kahrs,

vielen Dank für Ihre ausführliche, detailreiche Antwort auf meine Frage vom 21.08.2005. Bemerkenswert erscheint mir, dass Sie die Senkung der Spitzensteuersätze mit einer Hoffnung auf Belebung der Konjunktur verbinden.

Im Zusammenhang mit den Änderungen der Steuereinnahmen möchte ich kurz auf ein Detail eingehen, das ich nicht verstanden habe: Bei den Steuereinnahmen des ersten Halbjahres 2005 weisen Sie auf eine Erhöhung im Vergleich zum Vorjahr hin, und zwar um 0,1 Mrd. Euro bzw. 1 Prozent. Bei einer Gesamtsumme von 192,6 Mrd. Euro wäre 1 Prozent nach meiner Rechnung eher rund 1,9 Mrd. Euro. - Oder vermutlich hatten Sie es anders gemeint?
Für mich als einfacher Staatsbürger sind übrigens sowohl 100 Millionen (= 0,1 Mrd.) Euro wie auch das Neuzehnfache, nämlich 1.900 Millionen (= 1,9 Mrd.) Euro, jeweils unvorstellbar hohe Summen, von denen ich ernsthaft hoffe, dass die verantwortlichen Politiker umsichtig damit umgehen. Dass Sie sich für einen
Abbau der Subventionen einsetzen, halte ich für einen Schritt in die richtige Richtung.

Als zentrales Hindernis für die weitere Umsetzung eines Subventionsabbaus bezeichnen Sie die Blockadehaltung der Union und der FDP. Habe ich Sie also richtig verstanden, dass ein weitergehender Abbau der Subventionen durchaus möglich wäre, wenn die bezeichneten Parteien ein entsprechendes Einsehen hätten? Habe ich damit Ihre Auffassung richtig wiedergegeben?

Im Zusammenhang mit der kommenden Bundestagswahl stellen Sie in Aussicht, dass bei einem Wahlerfolg der SPD die Union und die FDP ihre Blockadehaltung aufgeben müssten. Auch an dieser Stelle muss ich leider zugeben, dass ich Ihnen nicht ganz folgen kann: Mir ist nämlich nicht klar, wie dies geschehen könnte. Sicher gäbe ein Wahlerfolg der SPD die Möglichkeit, weiterhin die Bundesregierung zu bilden bzw. zu leiten, doch die Stimmverhältnisse im Bundesrat sind zzt. eindeutig und werden durch eine Bundestagswahl nicht verändert. Bei der Frage danach, welchen Grund Union und FDP in diesem Fall haben sollten, von ihren Positionen abzurücken, habe ich keine Antwort gefunden. Sicher könnte es für sie über einen gewissen Zeitraum notwendig werden, einige Sprachregelungen zu ändern. Doch wenn die Oppositionsparteien des Bundes angesichts ihres Konfrontationskures mit der Bundesregierung Wahlerfolge in den Ländern erzielt haben - erschiene es da nicht parteipolitisch folgerichtig, dass sie diesen Kurs prinzipiell fortsetzen?

Sicher wäre es eine interessante Frage, wie Ihre Kontrahenten auf der politischen Bühne in einem solchen Fall entscheiden würden. Sehr viel mehr bewegt mich allerdings, wie es seit einigen Jahrzehnten immer wieder dazu kommt, dass ein Stopp der Neuverschuldung - oder gar ein Abbau der vorhandenen Schulden´berge´ - nicht durchzusetzen scheint. Angesichts der riesigen Rückzahlungsverpflichtungen, die wir nach und nach aufgehäuft haben und weiter aufhäufen, stellt sich ja durchaus die Frage, wie weit wir heute auf Kosten der kommenden Generationen leben. Sicher ist dies nun keine besonders populäre Betrachtungsweise. Oder wie anders, würden Sie sagen, könnte man es nennen, wenn wir im Namen bzw. zu Lasten der kommenden Haushaltsperioden derart hohe Verpflichtungen eingehen?

Bereits heute hat ja beispielsweise der Bundeshaushalt jedes Jahr eine gewaltige Zinslast zu tragen. Wie Sie es sicher aus mühevoller Parlamentsarbeit kennen, wird die Regierungsarbeit dadurch keinesfalls leichter, weil große Mittel allein durch die Zinszahlungen bereits gebunden sind. So wird es verständlich, dass in den Medien vorwiegend Diskussionen über die Höhe der Neuverschuldung auftauchen (und dass Deutschland sich voraussichtlich wieder nicht in der Lage sieht, die entsprechenden Abkommen auf europäischer Ebene einzuhalten). Über konkrete Bestrebungen für einen A b b a u der Verschuldung habe ich kaum je etwas gehört. Dahin zielt allerdings meine Frage. Denn, auch wenn nicht klar ist, wie die Kredite je zurückgezahlt werden können - wie anders als durch positiv konsolidierte Haushalte (vorzugsweise mit staatlichen Guthaben statt Schulden) werden wir die Handlungsfähigkeit des staatlichen Gemeinwesens auf Dauer erhalten können?!

Dies ist sicher eine sehr umfassende, grundsätzliche Frage, deren Reichweite die Grenzen der heutigen Tages- bzw. Parteipolitik zu überschreiten scheint. Daher kann ich in diesem Forum natürlich nicht von Ihnen persönlich erwarten, dass Sie hierzu fertige Antworten hätten oder gar ein fertiges Konzept vorstellen. Dennoch wäre mein Wunsch zu erkennen, dass führende Politiker bzw. Mitglieder des Bundestages sich mit dieser derart grundlegenden Thematik befassen und so gut es geht nach gangbaren Wegen suchen.

Mir ist klar, dass dies in der heutigen politischen Situation nicht gerade eine leichte Aufgabe ist. Es würde ja wohl auch kaum jemand als ´Wahlgeschenk´ ansehen, dass gerade er dazu beitragen sollte, dass die Schulden endlich abgebaut werden können. Daher kann ich mir zurzeit kaum vorstellen, wie Sie in der SPD (oder auch Politiker anderer Parteien) überhaupt in der Lage sein könnten, eine Entwicklung einzuleiten, die schließlich zu einem ausgeglichenen Haushalt führen würde.

Nun ist es mir, mit diesen etwas ausführlicheren Worten, hoffentlich gelungen deutlich zu machen, auf welche Problematik ich mit meiner Frage zu sprechen kommen wollte und möchte. Ich würde mich weiterhin sehr freuen, wenn Sie darauf eingehen möchten und deutlich machen könnten, welchen möglichen Weg aus der ´Schuldenfalle´, in der sich unser politisches Staatswesen befindet, Sie eventuell erkennen können. - Und: Wie weit sehen Sie eine zunehmende Einschränkung der Handlungsfähigkeit in der Umsetzung staatlicher Aufgaben aufgrund der zunehmenden Verschuldung? - Welche Möglichkeiten sehen Sie gegebenenfalls für eine ´konzertierte Aktion´, eventuell über Partei- und Standesgrenzen hinweg, um neue Wege zur Lösung der sich immer mehr zuspitzenden Haushalts-Dysbalancen zu entwickeln? Wenn Sie hier einen Hinweis hätten, würde ich mich sehr freuen!

Vielen Dank!

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Stiehl,

vielen Dank für Ihre neue Anfrage. Gerne werde ich versuchen, Ihre Fragen zur Haushaltskonsolidierung und zum Abbau der Bundesschuld zu beantworten. Lassen Sie mich zu Beginn meinen Rechenfehler aus meinem letzten Schreiben richtig stellen: Im ersten Halbjahr 2005 betrugen die Einnahmen des Bundes 192,6 Mrd. Euro. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies einen Anstieg der Steuereinnahmen um 105 Mio. Euro bzw. um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Meiner Ansicht nach kann eine Haushaltskonsolidierung verbunden mit einem langfristigen Schuldenabbau nur durch den konsequenten Abbau von Subventionen sowie über sinnvolle Einsparungen im Bereich der Ministerien durch Bürokratieabbau erreicht werden. Dafür ist jede Regierung auf die Zusammenarbeit mit den Ländern angewiesen. Sie stellen die Frage, wie die SPD nach einem Wahlsieg im Bund einen Subventionsabbau gegen eine weiterhin bestehende Unionsmehrheit im Bundesrat durchsetzen will. Die anstehende Wahl zum Deutschen Bundestag ist maßgeblich mit der Fortführung des eingeschlagenen Reformkurses der SPD-Regierung verknüpft. Ein zentraler Bestandteil des SPD-Programms ist dabei der Abbau von Subventionen, die nicht mehr zeitgemäß sind, z.B. die Eigenheimzulage. Im Vergleich zu 1998, als insgesamt 14,4 Mrd. Euro an Subventionen gewährt wurden, soll die Subventionslast in diesem Jahr nur noch rund 6 Mrd. Euro betragen. Mit einem neuen, klaren Mandat durch die Wähler ausgestattet, könnte die SPD ihren Reformkurs auch gegenüber den Interessen der unionsgeführten Länder mit besonderem Nachdruck durchsetzen. Der Wille der Mehrheit wäre damit deutlich: Für die kraftvolle Fortsetzung der eingeschlagenen Reformpolitik und gegen Parteiinteressen der unionsgeführten Länder.
Ihre Frage nach den Aktionsmöglichkeiten des Staates angesichts der enormen Schuldenlast ist durchaus berechtigt. Allerdings kann in der derzeitigen Situation nicht ernsthaft daran gedacht werden, staatliche Zuwendungen zugunsten eines tief greifenden Schuldenabbaus aufzuwenden. Durch das schwache wirtschaftliche Wachstum sind im ersten Halbjahr 2005 bei einem Gesamtvolumen von 136,1 Mrd. Euro beispielsweise 24,7 Mrd. Euro an Ausgaben für den Arbeitsmarkt und 44,1 Mrd. Euro für die Rentenversicherung aus Mitteln des Bundeshaushalts gezahlt worden.
Trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage bedeuten diese Ausgaben auf den Zeitraum von 1999 bis 2004 umgelegt lediglich einen Zuwachs von 0,4 Prozent im Jahr. Unter Berücksichtigung der Preissteigerung ist hier also von einem Ausgabenrückgang bei insgesamt schwierigen Rahmenbedingungen zu sprechen. Wie Sie aus diesen Beispielen ersehen können, bemüht sich die Bundesregierung auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, den Bundeshaushalt zu konsolidieren und die Ausgaben möglichst gering zu halten. Ein umfassender Schuldenabbau wird erst möglich sein, wenn die notwendigen Reformen in Deutschland greifen und der Staat deutlich geringere Ausgaben und steigende Steuereinnahmen vorweisen kann.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen durch meine Ausführungen ausreichend beantworten. Sollten Sie weitere Anregungen haben, können Sie sich gerne wieder an mich wenden.

Mit freundlichem Gruß
Ihr Johannes Kahrs