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Frage von Mario B. •

Frage an Johannes Kahrs von Mario B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Kahrs,

in einem heute (23. August 2019) veröffentlichten Artikel in der Süddeutschen Zeitung haben Sie folgendes gesagt: "Aber nicht für Leute, die 100 000 Euro auf der Bank liegen haben - das sind für mich keine Kleinsparer" und "Besser wäre es, wenn der Staat seinen Bürgerinnen und Bürgern ein vernünftiges Angebot macht: Jeder kann 10 000 Euro oder vielleicht auch 20 000 Euro sicher anlegen, ohne Negativzinsen." (Quelle: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/negativzinsen-gruene-staatsfonds-altersvorsorge-1.4572390)

Meine Fragen hierzu:

1. Wie definieren Sie den Begriff Kleinsparer? Bis zu welcher Vermögenssumme gilt man als Kleinsparer? Ab welchem Vermögen gilt man als reich?

2. Die Regierung fordert von uns Bürgern, neben der gesetzlichen Rente, zusätzlich selbst privat für das Alter vorzusorgen. Beispielhaft sei hier die Einführung der Riester-Rente durch die SPD-geführte Regierung Anfang der 2000er genannt. Wie stellen Sie sich eine private Altersvorsorge mit einem Vermögen von 20 000 Euro vor?

3. Warum fördert die Regierung nicht die private Altersvorsorge durch die Geldanlage an den Kapitalmärkten? Verbraucherschützer bemängeln regelmäßige überteuerte und unrentable Rentenversicherungen, die von Versicherungsgesellschaften angeboten werden. Dennoch wird nur diese Form überhaupt steuerlich begünstigt. Sparern, die sich in Eigenregie ein Wertpapierdepot zur Altersvorsorge aufbauen, sollen demnächst noch mit einer Finanztransaktionssteuer auf Aktien belegt werden (während hochfrequente Termingeschäfte davon ausgenommen sind).

Vielen Dank.

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Antwort von
SPD

Lieber Herr B.,

bei Begriffen wie "Kleinsparer", "wohlhabend" oder "vermögend" kann man sicher immer streiten, wo genau man da die Grenze ziehen sollte. Aber die Größenordnungen sollten schon stimmen. Wie geht es den meisten Menschen in Deutschland tatsächlich? Und da muss man einfach feststellen: Herr Söder scheint das nicht zu wissen. Sein Vorschlag, den Banken Negativzinsen für Sparguthaben zu verbieten, kann sich logischerweise nur auf Sparbücher und ähnliches beziehen -- nicht auf Lebensversicherungen, nicht auf Aktienfonds, nicht auf die Riester-Rente. Und dann schaut man sich mal die jüngste Vermögensbefragung der Deutschen Bundesbank an und stellt fest, dass der sog. Median-Wert für Sparkonten bei 9.900 Euro liegt ( https://www.bundesbank.de/resource/blob/794130/ed4942b241825cda68950d3ec30bc171/mL/2019-04-vermoegensbefragung-data.pdf , Tabelle auf Seite 27 zur Portfoliostruktur der privaten Haushalte in Deutschland).

Das bedeutet: Die Hälfte der Menschen in Deutschland hat weniger als diese 9.900 Euro auf dem Sparkonto, die andere Hälfte mehr. Der Mittelwert liegt bei 27.600 Euro -- der wird aber durch die vielen Millionäre und Milliardäre mit nach oben gezogen (plakatives Beispiel: bei einer Bürgerin mit 1 Milliarde und einem Bürger mit 0 Euro läge der Durchschnitt auch bei einer halben Milliarde). Wen man also den Anspruch hat, Politik für die Mehrheit der Bevölkerung zu machen und solidarisch vor allem mit denen zu sein, die mehr auf Solidarität angewiesen sind als andere, dann kommt man eher auf die Beträge, die ich genannt habe, als auf die, die der Herr Söder im Blick hat.

Zur privaten Altersvorsorge haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir die private Altersvorsorge weiterentwickeln und gerechter gestalten wollen. Dazu läuft ein Dialogprozess mit der Versicherungswirtschaft. Ziel ist es, ein attraktives, standardisiertes Riester-Produkt zu entwickeln, das genau die Nachteile nicht aufweist, die von Ihnen bzw. Verbraucherschützern bemängelt werden.

Mit fröhlichem Gruß

Ihr
Johannes Kahrs