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Joachim Pfeiffer
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Frage von Harald C. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Harald C. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer,

sie haben heute morgen im WDR-Interview die Leopard-Lieferungen an Saudi-Arabien verteidigt. Meine Fragen: Was sollen die Freiheitsbewegungen in der arabischen Welt von Deutschland denken, wenn Panzer an Saudi-Arabien geliefert werden, die u.U. bei Einsätzen gegen Demonstranten für mehr Demokratie eingesetzt werden? (In Bahrain haben saudische Panzer die Demonstrationen niedergeschlagen)

Vor dem Hintergrund, dass Deutschland sich im Fall der Lufteinsätze gegen Lybien enthalten hat, ist der Verkauf von Panzern an Saudi-Arabien ein katastrophales Signal für die dortigen Freiheitsbewegungen. Ihr Hinweis, das durch die Verkleinerung der Bundeswehr neue Märkte für Waffenverkäufe erschlossen werden müssen, ist an Zynismus kaum noch zu überbieten.

Ich bin entsetzt, wie leichtferig die Befürworter der Panzerlieferung die Interessen der friedliebenden Menschen in Demokratien zugunsten der Milliarden aus Saudi-Arabien aufs Spiel setzen.

Mit freundlichen Grüßen
Harald Cüppers

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Cüppers,

vielen Dank für Ihre Mail vom 06.07., in der Sie Fragen über die Sinnhaftigkeit eines Exports von Panzern in das Königreich Saudi-Arabien (KSA) vor dem Hintergrund der dortigen Menschenrechtssituation bzw. der gegenwärtigen Freiheitsbewegungen in der Region aufwerfen. Gleichwohl ich die in Ihrer Mail anklingende Position und die sich daraus ergebene Kritik an einer möglichen Zustimmung der Bundesregierung zu einem Verkauf von Leopard 2 – Panzern an KSA ausdrücklich nicht teile, bin ich doch gern bereit Ihnen zu antworten.

Gestatten Sie mir zunächst einige grundsätzliche Anmerkungen. Es handelt sich bei KSA, im Gegensatz zu Tunesien, Ägypten oder auch Libyen, um ein über Jahrhunderte hinweg historisch und wenn Sie so wollen „natürlich“ gewachsenes Königreich. Saudi-Arabien ist seit Jahrzehnten eine verlässliche außenpolitische Größe und ein wichtiger Partner des Westens in der Golf-Region. Denken Sie beispielsweise an die vermittelnde Rolle der Saudis im Nahostkonflikt oder auch sein Engagement im zweiten Golfkrieg. Nicht nur als stabilisierender Faktor auf der arabischen Halbinsel, sondern auch und vor allem als selbstbewusster Puffer gegen den Iran spielt KSA eine exponierte Rolle in dieser weltpolitisch so bedeutsamen Region. Insofern sollten wir ein übergeordnetes Interesse daran haben, KSA als Partner ernst zu nehmen und zu unterstützen.

Natürlich muss die problematische Menschenrechtssituation ein wichtiges Thema im bilateralen Dialog mit KSA sein und bleiben, wirkliche Fortschritte lassen sich aber nur mit einer Gesamtstrategie erzielen, die alle relevanten Politikbereiche – und damit eben auch die sensiblen Geschäfte im Verteidigungsbereich – umfasst. Diese schwierigen Entscheidungsprozesse sind daher aus gutem Grund bei dem geheim tagenden Bundessicherheitsrat angesiedelt, da er realpolitische Gegebenheiten gegeneinander abwägen muss, die in der Öffentlichkeit nicht selten unpopulär sind. Besonders kompliziert wird es, wenn vertrauliche Informationen aus laufenden Verhandlungen von der Opposition mit der gewohnten Scheinheiligkeit aufgegriffen und in der öffentlichen Wahrnehmung politisch ausgeschlachtet werden – ein meines Erachtens bedenklicher Vorgang, der zudem die Tatsache übergeht, dass auch unter Rot-Grün Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien verkauft wurden, und zwar auf Basis der gleichen Richtlinien und auf Empfehlung des gleichen Gremiums wie im aktuellen Fall. Für mich ein weiterer Beleg rot-grüner Doppelmoral.

Nun einige Bemerkungen zu der Ihrer Ansicht nach bestehenden Diskrepanz zwischen der deutschen Enthaltung beim Einsatz in Libyen und dem potentiellen Geschäft mit KSA. Es besteht meines Erachtens kein Zusammenhang zwischen beiden Vorgängen. Die Ent- bzw. Zurückhaltung bei der Unterstützung des durch die Vereinten Nationen mandatierten NATO-Einsatzes gegen Libyen basiert einerseits auf einem „Overstretch“ der deutschen Streitkräfte, die personell und materiell bei ihren Einsätzen auf dem Balkan, in Nordostafrika und vor allem in Afghanistan bis an die Grenze ihrer Kapazitäten ausgelastet sind. Andererseits ist völlig unklar, in welche Richtung sich die Auseinandersetzung zwischen dem Diktator Gaddafi und den Aufständischen im Osten des Landes entwickeln wird. Gleiches galt und gilt im Übrigen für Tunesien und Ägypten – es ist nicht abzusehen, welchen Weg diese Gesellschaften einschlagen werden und ob nicht möglicherweise islamisch-fundamentalistische Strömungen (wie etwa die Muslim-Bruderschaft in Ägypten) ihren Einfluss auf die Geschicke des jeweiligen Landes ausweiten können. Dieser Punkt ist - so unpopulär er im Lichte der gegenwärtigen demokratischen Revolutionen auch sein mag - meiner Überzeugung nach nicht zu unterschätzen und spielt auch bei der künftigen Entwicklung der Region eine wichtige Rolle. Insofern haben nicht nur Deutschland und Europa, sondern die westliche Welt insgesamt ein substantielles Interesse daran, kein unkontrollierbares Vakuum in der Region zu schaffen bzw. noch zusätzlich zu befördern. Wie sie sehen, ist die Abwägung aller verschiedenen Aspekte bei diesem Thema deutlich schwieriger, als es den Anschein hat. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass die Mitglieder des Bundessicherheitsrates unter Einbezug aller relevanten Faktoren eine verantwortungsvolle Entscheidung getroffen haben.

Ich hoffe Ihnen meine Position nun etwas deutlicher dargestellt zu haben, stehe Ihnen aber natürlich für einen weiterführenden Dialog gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer MdB