Frage von Britta W. •

Zur Debatte ME / CFS am 19.01.2023 : Warum gibt es keine medizinische Versorgung für uns? & Wann wird diese extreme Behinderung auch als tatsächliche Schwerbehinderung genehmigt? Danke.

...so viele Betroffene verzweifeln = täglich aufs Neue.
BITTE INFORMIEREN SIE SICH &
DIE POLITIK ÜBER UNSERE SYMPTOMATIK, SORGEN UND AUSSICHTSLOSE LAGE OHNE ENTSPRECHEND POLITISCHE BESCHLÜSSE!

"Wir verlieren Partner, Freunde, Geld, Job, Status, Freizeit, Freiheit, Gesundheit, Vertrauen & dann irgendwann auch unverschuldet den Glauben an uns selbst & die Politik: HILFE!!!

VIELEN LIEBEN DANK ♡
von einer seit 24 Jahren Betroffenen

Das Bild zeigt Jasper Balke ab dem Oberkörper in einem roten Pullover, im Hintergrund sind Häuser und eine Straße zu sehen.
Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrte Frau W.,

seit Beginn der Legislatur 2022 setze ich mich als Abgeordneter für die Rechte Betroffener von Long-Covid, ME/CFS und PEM ein.
Für mich ist es ein großer Skandal, dass die Aufmerksamkeit für die Betroffenen seit der Corona-Pandemie stetig kleiner wird, obwohl immer mehr Menschen auch als Folge einer Corona-Infektion an ME/CFS erkranken.

Als Land Schleswig-Holstein haben wir deshalb zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern, wohl wissend, dass wir noch ganz am Anfang stehen. Dazu gehören die Unterstützung von Forschung und Wissenschaft, der Aufbau von Long-Covid-Ambulanzen an den Standorten des UKSH in Kiel und Lübeck, sowie Maßnahmen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit sowie medizinischen Fachpersonals zur Diagnostik und Behandlung des Krankheitsbildes.

Im vergangenen Monat habe ich einen Parteitagsbeschluss meiner Partei in Schleswig-Holstein erwirkt, der für mich die Basis meiner politischen Arbeit für die Sichtbarkeit und Entstigmatisierung der Betroffenen von ME/CFS beschreibt.
Ich setze mich auf allen politischen Ebenen für die im Antrag formulierten 5 Punkte ein:

 

  1. Aufklärungskampagne und Sensibilisierung von Gesellschaft für Ausmaß und 
    Umgang mit Long-/Post-Covid, ME/CFS
    Trotz hoher Fallzahlen fehlt es in der breiten Öffentlichkeit an 
    Bewusstsein für das Ausmaß der Schwere der Erkrankungen. Betroffenen fehlt 
    deshalb selbst die Orientierung und viele erleben Unverständnis oder sogar 
    Verharmlosung ihrer Symptome. Aufgrund der immer weiter steigenden 
    Fallzahlen braucht es deshalb eine umfassende Aufklärungskampagne über 
    Krankheitsbilder, deren Symptome, Folgen und gesundheitliche 
    Präventionsmaßnahmen.
  2. Fortbildung für Fachpersonal im Gesundheitswesen
    Obwohl ME/CFS bereits seit 1969 als neurologische Krankheit eingestuft und 
    Long-/Post-Covid nach 10% aller Covid-19-Erkrankungen auftritt, sind 
    Wissensdefizite in der medizinischen Praxis eklatant. Viele Betroffene 
    leiden unter Stigmatisierung und werden psychologisiert. Für die teils 
    schwierige Diagnose braucht es geschultes Fachpersonal, das über die sich 
    ständig anpassende Forschungslage informiert ist und die Betroffenen 
    korrekt versorgen oder an die richtigen Stellen verweisen kann.
  3. Forschungsprogramme vorantreiben und ausweiten
    Bis heute sind zentrale Fragen über Krankheitsursachen, spezifische 
    Biomarker und adäquate medizinische Therapien unklar. Eine breite 
    Datengrundlage und umfangreiche Forschungsprojekte sind notwendig, um so 
    schnell wie möglich evidenzbasierte Therapiekonzepte anbieten zu können.
  4. (Regionale) Versorgungsverbünde bilden und Versorgungsangebote schaffen
    Aktuell klafft eine Lücke zwischen der Zahl der Betroffenen und den 
    vorhandenen Versorgungsangeboten. Während es an manchen Stellen hoch 
    spezialisierte Versorgungszentren (wie das Charité Fatigue Centrum in 
    Berlin oder die Long-Covid Ambulanzen des UKSH in Kiel und Lübeck) 
    braucht, bedarf es in der Fläche an Netzwerken und Anlaufstellen, um 
    Betroffene vor Ort aufzufangen. Obwohl erfolgreiche und umfassende 
    Studienergebnisse und medizinische Therapiekonzepte bislang noch zu keiner 
    abschließenden Heilung der Erkrankungen führen, gibt es schon jetzt 
    Möglichkeiten der medizinischen Unterstützung. Die G-BA (Gemeinsamer 
    Bundesausschuss) Richtlinie "LongCOV-RL" aus dem Jahr 2024 muss dafür 
    konsequent umgesetzt werden, hierbei ist auch die kommunale Ebene gefragt.
  5. Betroffene Kinder und Jugendliche, sowie deren Eltern unterstützen
    Gerade hier gilt wie so oft: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen! 
    Betroffene Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Teilhabe am sozialen 
    Leben und dem Bildungssystem. Es braucht flexible Modelle an Schulen und 
    KiTas, sowie kindgerechte medizinische Versorgungsangebote. Eltern, sowie 
    weitere An- und Zugehörige brauchen dabei Hilfe. Deshalb braucht es 
    vermehrte Unterstützungsangebote durch Selbsthilfegruppen, Verbände und 
    Initiativen. Diese müssen in ihrer Arbeit gefördert werden.

Den kompletten Antrag damt Begründung und Quellenangaben finden Sie unter https://lpt-april-25.antragsgruen.de/lpt-april-25/sichtbarkeit-und-versorgung-fur-betroffene-von-long-post-covid-und-me-41208

Meine Rede auf der letzten Liegenddemo in Hamburg am 11.05.2025 für die Sichtbarkeit für von ME/CFS Betroffenen finden Sie unter https://jasper-balke.de/landtag/meine-rede-auf-der-liegenddemo-in-hamburg-am-11-05-2025/ - darin beschreibe ich mein politisches Engagement und formuliere die aus meiner Sicht ganz kritische Situation aller Betroffenen aktuell.

Ich möchte Ihnen für Ihre Frage herzlich danken und verspreche, dass ich weiter alles tun werde, um die Betroffenen nicht in der Unsichtbarkeit verschwinden zu lassen. Bei weiteren Nachfragen stehe ich gerne unter buero@jasper-balke.de jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

Jasper Balke

 

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Das Bild zeigt Jasper Balke ab dem Oberkörper in einem roten Pullover, im Hintergrund sind Häuser und eine Straße zu sehen.
Jasper Balke
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN