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Frage von Janina M. •

Warum gilt beim Elternunterhalt nicht wie beim Elterngeld das zu versteuernde Einkommen, sondern das Bruttoeinkom., obwohl Angestellte ab ca 5000€ netto zahlen und Beamte mit gleichem oft Netto nicht?

Warum wird für die Elternunterhaltspflicht nicht – wie beim Elterngeld – das zu versteuernde Einkommen als Bemessungsgrundlage herangezogen, sondern das Bruttoeinkommen?

Eine Orientierung am zu versteuernden Einkommen wäre gerechter und würde Angestellte gegenüber Beamten fairer behandeln. Beim Elterngeld wird diese Methodik bereits erfolgreich angewendet, eine Übertragung auf den Elternunterhalt wäre politisch umsetzbar.

Hintergrund:

Es handelt sich um eine konkret so erlebte Situation aus meinem privaten Umfeld: Zwei Freundinnen, eine angestellte Ingenieurin und eine verbeamtete Lehrerin, verfügen jeweils über ca. 5.000 € Netto-Einkommen monatlich (inkl. PKV bei der Beamtin). Die Ingenieurin liegt mit etwa 105.000 € Bruttoeinkommen über der gesetzlichen Grenze und muss Elternunterhalt leisten. Die Beamtin mit etwa 85.000 € Brutto liegt unter dieser Grenze – und wird trotz vergleichbarer finanzieller Leistungsfähigkeit (ebenfalls 5.000 Netto wie die Ingenieurin) nicht herangezogen.

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Sehr geehrter Frau M.

vielen Dank für Ihre Nachricht. 

Ich verstehe gut, dass es wie eine Ungleichbehandlung wirken kann, wenn zwei Personen mit vergleichbarem Nettoeinkommen – etwa eine Angestellte und eine Beamtin – beim Elternunterhalt unterschiedlich behandelt werden. Der Grund liegt in der gesetzlichen Systematik: Seit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz gilt, dass Kinder erst dann zum Elternunterhalt herangezogen werden, wenn ihr jährliches Gesamteinkommen die Grenze von 100.000 Euro überschreitet (§ 94 Abs. 1a SGB XII i. V. m. § 16 SGB IV). Maßgeblich ist damit nicht das Nettoeinkommen.

Der Gesetzgeber hat sich bewusst für eine einfach prüfbare und rechtssichere Einkommensschwelle entschieden, um Millionen aufwändiger Einzelfallprüfungen zu vermeiden und Angehörige unbürokratisch zu entlasten. Eine Netto-Betrachtung würde – je nach Versicherungsstatus (z. B. Arbeitnehmerin mit Sozialabgaben vs. Beamtin), Abzugspositionen und individueller Lebenssituation – zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen und erneut umfassende Detailprüfungen erforderlich machen. Die Brutto-/Gesamteinkommens-Schwelle dient daher allein der Vorauswahl: Unterhalb von 100.000 Euro findet kein Rückgriff statt.

Wichtig ist zugleich: Oberhalb der Grenze wird nicht pauschal zur Zahlung verpflichtet. Dann prüft die zuständige Behörde im Einzelfall die tatsächliche Leistungsfähigkeit – dabei spielen das bereinigte Einkommen, laufende Verpflichtungen, angemessene Wohnkosten sowie die Selbstbehaltsätze eine Rolle. Auf dieser Stufe wird die individuelle Situation also sehr wohl berücksichtigt.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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