Portrait Harald Ebner mit blauem Hemd vor grünem Hintergrund. Lächelnd.
Harald Ebner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Klaus R. •

Frage an Harald Ebner von Klaus R. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Ebner,
Das Projekt Stuttgart 21 liegt wegen der immer steigenden Kostenexplosion (besser verschwiegenen Kosten von Anfang an) in den letzten Zügen. Vieles spricht deshalb für die Beendigung dieses Projektes JETZT.
Meine Frage deshalb.
Als Mitglied des Verkehrsausschusses und dessen stellvertretenden Vorsitzender frage ich Sie: Welche Einflussmöglichkeiten sehen Sie noch die Sache zu beschleunigen um zu einen klaren Entschluss zu kommen um den gesellschaftlichen Schaden zu begrenzen?

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Reinhardt

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Reinhardt,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage vom 9. Februar 2013 zum Projekt Stuttgart 21. Ich freue mich sehr, dass dieses unsägliche Projekt nach wie vor von vielen wachsamen Bürgerinnen und Bürgern kritisch begleitet und beobachtet wird. Denn eine kritische Öffentlichkeit ist und bleibt der wichtigste Faktor, wenn es darum geht, unsinnige Großprojekte und vor allem Stuttgart 21 zu beenden.

Wie Sie wissen, setze ich mich seit Jahren dafür ein, dieses Milliardengrab zu stoppen. Diesen Einsatz habe ich als Abgeordneter und stellvertretendes Mitglied (nicht stellv. Vorsitzender!) im Ausschuss des Bundestages für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung auf der parlamentarischen Ebene konsequent fortgesetzt. Das bittere Ergebnis der Volksabstimmung vom 27.11.2011 war hier eine deutliche Zäsur, denn der erklärte - und explizit auch abgefragte - Wille des Volkes muss Volksvertretern Pflicht sein! Dazu gehörte aber auch immer, das Projekt weiterhin kritisch zu begleiten. Dies habe ich mit einer Vielzahl schriftlicher Fragen und Kleiner Anfragen im Parlament zu diesem Thema getan, auch und gerade, um der Öffentlichkeit zu ihrem Recht auf Information zu verhelfen und endlich mehr Transparenz in dieses Kapitel zu bringen.

Die im Dezember 2012 durch die Bahn nun zugegebenen Kostensteigerungen um 2,3 Mrd. € haben mich und uns Grüne, wie auch die engagierten Menschen im Aktionsbündnis nicht wirklich überrascht. Schließlich hatten wir aus durch die Grünen beauftragten Gutachten schon verlässliche Hinweise auf solche unabwendbaren Kostensteigerungen in mindestens diesem Ausmaß erhalten.

Dass die Bahn jetzt mit der Nachricht der Kostensteigerungen den Schritt an die Öffentlichkeit gemacht hat, ist für mich ein Hinweis darauf, dass maßgebliche Teile des Bahnmanagements die Lust an Stuttgart 21 schon lange verloren haben. Dieser Eindruck wurde in einer Ausschusssitzung im Dezember 2012 nochmals verstärkt, in der Bahnvorstand Dr. Kefer zugab, dass die Bahn das Projekt mit den jetzt vorliegenden Zahlen nicht erneut beginnen würde und mit der Formulierung, die Bahn sei aber an die Verträge gebunden und könne nur aus dem Projekt aussteigen, wenn keiner der Projektpartner dagegen gerichtlich vorgehen würde, zumindest verklausuliert diese Ausstiegsbereitschaft auch signalisiert hat.

Damit hat die Bahn nach der Volksabstimmung nun proaktiv die Frage des Ausstiegs aufgegriffen. Nach der enormen Kostenexplosion und in Anbetracht der bisherigen Verschleierungstaktik der Bahn, auch was den Umgang mit den eigentlichen Projektpartnern angeht, sehe ich mich nicht mehr zwingend an das Ergebnis der Volksabstimmung vor anderthalb Jahren gebunden. Denn der damals verbindlich zugesagte maximale Kostenrahmen von 4,5 Mrd Euro ist mit der Steigerung um 50% klar gesprengt worden. Damit ist im Grunde die Geschäftsgrundlage der Volksabstimmung entfallen. Deshalb halte ich es für angemessen, nun endlich auch wieder die Alternativen anzugehen.

Was kann nun getan werden, um den aus meiner Sicht notwendigen Ausstieg aus dem Projekt zu erreichen? Rechtlich gesehen, kommt den Projektpartnern derzeit keine aktive Rolle mehr zu. Nur noch die Bahn selbst kann als einzig möglicher Akteur aussteigen. Die Debatte um die Fortführung des Projekts kann aus meiner Sicht nur durch die Deutsche Bahn AG selbst oder durch die Vertreter des Bundes im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn beschleunigt und beendet werden. In ihren Händen liegt es, ob das Projekt fortgeführt wird und die Bahn und damit indirekt der Bund für alle zu erwartenden Mehrkosten aufkommen wollen, oder ob sie endlich über mögliche Alternativen zu Stuttgart 21 nachdenken und Alternativszenarien ernsthaft und transparent prüfen und damit auch ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden. Darüber hinaus mehren sich täglich die Zweifel, ob die Bahn überhaupt in der Lage ist, das Projekt organisatorisch, technisch und planerisch zu stemmen.

Unabhängig von der Ausstiegsbereitschaft der Führungsebene der DB AG liegt der Ball jetzt bei der Bundesregierung. Denn Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich mehrfach politisch mit diesem Projekt verbunden (Landtagswahl 2011, Volksabstimmung 2011 und OB-Wahl Stuttgart 2012) und hält nun entgegen jeder verkehrs- und auch haushaltspolitischen Vernunft an diesem inzwischen sogar laut Bahn unwirtschaftlich gewordenen Projekt fest.

Umso wichtiger ist es, dass sowohl die Stadt Stuttgart als auch das Land an ihrer in breitem demokratischen Konsens getroffenen Entscheidung festhalten, sich mit keinem weiteren Cent an Mehrkosten jedwelcher Höhe zu beteiligen. Wer wie jetzt von einzelnen Mitgliedern des Aufsichtsrates verlautbart, Mehrkosten durch die Schlichtung als "Lametta" bezeichnet, das eben von den "Bestellern" selbst bezahlt werden müsse, hat weder das Projekt noch dessen sicherheitstechnische und funktionale Anforderungen.

Von meiner Fraktion im Deutschen Bundestag können Sie erwarten, dass wir uns weiterhin für Alternativen, eine objektive Kostenkalkulation und deren transparente Darstellung gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit einsetzen. Die Bundesregierung verweigert hier jedoch nach wie vor jegliche angemessene Aufklärung, wie auch die Antwort auf unsere letzte Kleine Anfrage zur Kostenwicklung wieder einmal deutlich macht ( http://www.harald-ebner.de ).

Mit freundlichen Grüßen

Harald Ebner

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