Hakan Demir
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Frage von Slava L. •

Warum hat SPD nicht im Gegenzug zu Waffenlieferung Stopp die deutschen aus HAMAS Geiselhaft befreit?

Herr Demir, ein Waffenlieferung Stopp von Deutschland an Israel ist eine sehr fragwürdige Maßnahme. Diese steht seit 7.10 im Raum. Die Vorgängerregierung hat es auch im Verborgenem getan. Sie tun es trotz des Versprechens von Kanzler Scholz es nie zu tun. Wieso nutzte SPD diese nicht im Tausch für die deutschen Geiseln?

Hakan Demir
Antwort von
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Sehr geehrte Frau L.,

ich stimme Ihnen zu, dass die Bundesregierung alles tun muss, um die deutschen Geiseln - aber auch alle anderen Geiseln - aus den Händen der Hamas zu befreien sowie darüber hinaus medizinische Evakuierungen und andere Ausreisen aus Gaza zu erreichen. Darüber, ob konkret im Rahmen der Entscheidung zum Stopp der Genehmigung von Waffenlieferung durch die Bundesregierung (nicht durch die SPD, die ja auch nicht das Außenministerium inne hat) Gespräche über die Freilassung der Geiseln geführt wurden, habe ich keine Kenntnisse. 

Grundsätzlich unterstütze ich den Kurs, in der aktuellen Situation keine Waffen mehr an Israel zu liefern. In der aktuellen Art der Kriegsführung – ebenso wie in der Frage der Besatzung und des Siedlungsbaus - geht es nicht mehr um die Verteidigung Israels. Wir erleben zunehmend, dass Israel in seiner Kriegsführung schwere Kriegsverbrechen begeht. Eine unabhängige UN-Untersuchungskommission sieht sogar den Verdacht des Völkermords bestätigt (https://www.ohchr.org/en/press-releases/2025/09/israel-has-committed-genocide-gaza-strip-un-commission-finds). Unabhängig davon, ob man diese Einschätzung teilt, sind verschiedene nicht zu tolerierende Kriegsverbrechen dokumentiert. 

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte (UN OHCHR) berichtet von knapp 1.000 Palästinenser:innen, die in der Nähe von Verteilzentren der sogenannten „Gaza Humanitarian Foundation“ getötet wurden. Menschen auf der Suche nach Essen dürfen niemals zu militärischen Zielen werden. Menschen dürfen niemals in eine Hungersnot getrieben werden.

Vertreibungen in sogenannte „sterile Zonen“, geplanter israelischer Siedlungsbau, die Verwehrung des Zugangs zu Wasser sowie die unzureichende Versorgung mit humanitärer Hilfe sind nicht zu rechtfertigen und stellen einen Bruch mit dem Völkerrecht dar.

Das mit Israel vereinbarte EU-Abkommen zur Verbesserung des humanitären Zugangs bleibt bislang wirkungslos – ein weiteres leeres Versprechen der israelischen Regierung, während Menschen sterben. Parallel gibt es systematische Zerstörungen ziviler Infrastruktur durch Abrissarbeiten in Gaza, die durch das israelische Militär vorgenommen werden. Dies ist ein systematischer Vertreibungsprozess, den wir in aller Schärfe ablehnen müssen. 

Vor diesem Hintergrund ist es absolut richtig, dass Deutschland keine Waffenlieferungen nach Israel mehr genehmigt und dass die EU-Kommission Sanktionen sowie die Aussetzung von Handelserleichterungen vorschlägt (https://germany.representation.ec.europa.eu/news/eu-kommission-schlagt-aussetzung-von-handelszugestandnissen-mit-israel-und-sanktionen-gegen-2025-09-17_de). Deutschland und die EU müssen – gerade vor dem Hintergrund der engen Beziehungen zu Israel – alles tun, um diesen Krieg zu stoppen. 

Zudem haben uns die vergangenen bald zwei Jahre gezeigt, dass es nur auf der Grundlage von diplomatischen Verhandlungen zur Waffenruhe gekommen ist, Geiseln freigekommen sind und das humanitäre Leid gelindert werden konnte. 

Aber der Nahostkonflikt dauert bereits lange an, er ist komplex und vielschichtig. Es muss deswegen immer um mehr gehen als um die kurzfristige Eindämmung des Konflikts. Es muss um ein glaubwürdiges Eintreten für einen dauerhaften und gerechten Frieden gehen, auf beiden Seiten. Deutschland hat dabei eine besondere historische und völkerrechtliche Verantwortung. Ziel ist dabei für mich ein gerechter Frieden auf Basis einer Zwei-Staaten-Lösung. Nur so ist es möglich, dass Frieden und Versöhnung zwischen allen Gruppen in der Region erreicht werden kann.

Grundlage für die Zwei-Staaten-Lösung sind neben der Beendigung des Kriegs in Gaza das Ende der völkerrechtlichen Besatzung im Westjordanland sowie die Anerkennung von Israel und Palästina durch alle in der Region involvierten Akteure, die bisher einen der beiden Staaten nicht anerkannt haben. In diesem Sinne unterstütze ich die Bestrebungen, dass alle arabischen Staaten Israel anerkennen, dass aber auch alle Staaten der EU und die USA Palästina anerkennen. Denn nur, wenn sich keine Seite grundlegend in seiner Existenz bedroht sehen muss, kann ein dauerhafter und gerechter Friede gelingen. 

Keine Zukunft haben darf dabei die Hamas. Sie ist eine Terrororganisation, kein Friedenspartner. Umso wichtiger ist es, gerade in diesen Zeiten die Palästinensische Autonomiebehörde zu unterstützen – wie es beispielsweise von Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan gefordert wird. (https://www.fr.de/politik/entwicklungsministerin-warnt-vor-fatalem-kipppunkt-in-gaza-zr-93945599.html)

Mit freundlichen Grüßen

Hakan Demir 

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