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Gunther Krichbaum
CDU
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Frage von Heike R. •

Frage an Gunther Krichbaum von Heike R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Krichbaum,

es geht um demokratie und Ehrlichkeit. Frau von der Leyen wurde von Frau Merkel für Brüssel vorgeschlagen und kandidiert jetzt als Ratspräsidentin. Weshalb tritt Sie nicht umgehend als Verteidigungsministerin zurück? Benötigt sie eine Versicherung, falls es in der EU nicht klappt?
Halten sie persönliches für Demokratisch, Frau von der Leyen diesen Posten anzutragen, wo sie bei der Wahl keinerlei Rolle gespielt hat? Auf meine letzte Frage brauchen Sie nur mit ja oder nein antworten. Verschwurbelte Erklärungsversuche brauch ich nicht.
Meine klare Positition dazu ist, ich halte es für zutiefst undemokratisch.

Mit freundlichem Gruß
Heike Rogall

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau R.,

Ursula von der Leyen wurde vom Europäischen Rat, also den EU-Staats- und Regierungschefs, einvernehmlich für das Amt der Kommissionspräsidentin vorgeschlagen. Die letzte Entscheidung hierüber trifft das Europäische Parlament in einer geheimen Wahl, die am 16. Juli, also in der nächsten Woche, stattfinden wird. Sollte sie gewählt werden, würde nach über 40 Jahren erstmals wieder eine Deutsche dieses wichtige europäische Amt bekleiden. Allerdings ist heute noch nicht gewiss, ob sie die notwendige Mehrheit erreichen wird. Ein Rücktritt vom Amt der Verteidigungsministerin halte ich daher für völlig überflüssig. Zum einen wird die Wahl bereits in der nächsten Woche stattfinden. Zum anderen sinkt aber die Bereitschaft von in Verantwortung stehenden Politikerinnen und Politiker sich für Ämter zur Verfügung zu stellen, wenn sie bereits bei einer Nominierung von ihrem bisherigen Amt zurücktreten müssen.

Unabhängig davon habe ich in der vergangene Woche das Verfahren zur Nominierung von Ursula von der Leyen in der Öffentlichkeit deutlich kritisiert. Allerdings ist dabei ein einfaches „Ja“ oder „Nein“, wie Sie es fordern, nicht möglich. Politik ist keine Naturwissenschaft und entzieht sich in aller Regel dieser einfachen Kategorisierung. Nachfolgend gebe ich Ihnen ein Interview aus der letzten Woche mit dem „Pforzheimer Kurier“ wieder, der in meiner Heimatstadt erscheint und in dem ich auf die wesentlichen Aspekte eingegangen bin.

1. Sie sind nicht nur Pforzheimer Bundestagsabgeordneter, sondern auch langjähriger Vorsitzender des Europaausschusses. Hat der Verlauf des EU-Gipfels auch Sie überrascht?

Europäische Gipfel sind immer für Überraschungen gut, gerade wenn sie sich sehr lange hinziehen. Die jetzt gefundenen Personalvorschläge hatte ich auch nicht auf meinem Zettel. Aber es ist für mich als Abgeordneten schon mehr als ärgerlich, dass das Prinzip der Spitzenkandidaten durch Sozialdemokraten und Liberale im Europäischen Parlament aufgegeben wurde und die europäische Politik wieder im Hinterzimmer angekommen ist.

2. Wie beurteilen Sie die Nominierung von Bundesministerin von der Leyen?

Als Verteidigungsministerin hat sie stets überaus europäisch gehandelt. So hat sie beispielsweise die künftige gemeinsame europäische Sicherheitspolitik, die sog. PESCO, entschieden vorangetrieben. Auch die bilaterale Zusammenarbeit mit Frankreich war ihr sehr wichtig. Zudem wird sie gerade in Osteuropa sehr geschätzt, weil sie gegenüber Russland nie blauäugig war. Vielmehr stand sie fest an der Seite jener Staaten, die Sorgen vor einem zunehmend aggressiveren Russland haben. Nicht vergessen werden darf auch, dass sie in Brüssel aufgewachsen ist und fließend Französisch und Englisch spricht. Das ist natürlich für das neue Amt sehr wertvoll.

3. Und dennoch hat Angela Merkel ihren Spitzenkandidaten in Europa nicht durchgekriegt. Ist die deutsche Bundeskanzlerin dadurch nicht auch beschädigt?

Um es klar zu sagen: Das Prinzip der Spitzenkandidaten wurde im Europäischen Parlament beerdigt. Sozialdemokraten und Liberale haben im Gegensatz zu 2014 nicht akzeptiert, dass der Spitzenkandidat der stärksten Fraktion Kommissionspräsident wird. Bei dieser Uneinigkeit war es für die Regierungschefs leicht, ihre eigenen Vorstellungen durchzusetzen. Das ist äußerst ärgerlich, denn das schadet der europäischen Demokratie ganz erheblich. Wir alle haben uns doch gefreut, dass die Wahlbeteiligung bei den Europawahlen deutlich gestiegen ist. Nun sagen Sozialdemokraten und Liberale den Wählern, dass ihre Wahl doch nicht so wichtig war. Was für ein verheerendes Signal!

Mit freundlichen Grüßen

Gunther Krichbaum

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