Gabriele Hiller-Ohm
Gabriele Hiller-Ohm
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Gabriele Hiller-Ohm zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Gisela E. •

Frage an Gabriele Hiller-Ohm von Gisela E. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau Hiller-Ohm,

Was können Sie dafür tun, damit Lübeck ihre Medizinische Uni behalten kann?

Mit freundlichen Grüßen
Gisela Eicke

Gabriele Hiller-Ohm
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Eicke,

ich habe mich in den vergangenen Wochen intensiv für den Erhalt der Medizinischen Fakultät an der Uni Lübeck eingesetzt. Dank des großen und geschlossenen Protests der Lübecker Bürgerinnen und Bürger, Studentinnen und Studenten, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik – an dem ich mich von Anfang an beteiligt habe – hat die Landesregierung von CDU und FDP den Plan aufgegeben, das Herzstück der Uni Lübeck abzuwickeln.

In Lübeck habe ich direkt nach Bekanntwerden der Schließungspläne eine Veranstaltung im Hochschulstadtteil mit dem gesundheitspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Prof. Karl Lauterbach durchgeführt, auf der viele Studentinnen und Studenten, Ärztinnen und Ärzte und interessierte Bürgerinnen und Bürger teilnahmen, um über die negativen Folgen der Schließung zu diskutieren.

Die SPD Lübeck hat noch Ende Mai einen Proteststand initiiert und seitdem Unterschriften zum Erhalt der Uni Lübeck gesammelt. Der SPD-Kreisvorsitzende Peter Thieß überbrachte dem ASTA der Uni Lübeck rund 2.000 Unterschriften, die dann gesammelt bei Ministerpräsident Carstensen übergeben wurden. Über 130.000 Menschen hatten sich insgesamt mit ihrer Unterschrift für den Erhalt der Uni Lübeck und gegen die Privatisierung des UKSH ausgesprochen. Ich habe im Bundestag viele prominente Unterstützerinnen und Unterstützer gewonnen, so den Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Frank Walter Steinmeier und SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles.

In Berlin habe ich am 7. Juni eine Veranstaltung der Landesregierungen von Schleswig-Holstein und Hamburg zur Zukunft des Medizinstandorts im Norden besucht. Welch ein Hohn: Von Kiel aus wollte Ministerpräsident Carstensen den erfolgreichen Medizin-Standort Lübeck den Todesstoß versetzen. Und kurz darauf in Berlin lobt er die Erfolge eben der guten Strukturen, die er kaputt machen will. Ich habe mich noch während der Veranstaltung mit den vielen Studentinnen und Studenten sowie den Lehrkräften der Uni Lübeck, die extra zum Protestieren nach Berlin gekommen waren, solidarisch gezeigt und diskutiert, wie eine Schließung der Mediziner-Ausbildung in Lübeck verhindert werden kann.

Im Bundestag habe ich auch parlamentarisch die Initiative ergriffen. Gemeinsam mit den Bildungs- und Forschungsexpertinnen und -experten der SPD-Fraktion habe ich mehrfach im Plenum die Bundesregierung befragt, mit welchen Maßnahmen der Bund den Erhalt der Mediziner-Ausbildung in Lübeck unterstützen kann. Dadurch entstand wichtiger öffentlicher Druck auf Bundesbildungsministerin Schavan, alle Möglichkeiten, die der Bund leisten kann, auszuschöpfen.

Nun hat der Bund entschieden, das Kieler Geomar-Institut von der Leibniz- in die Helmholtz-Gemeinschaft zu überführen. Der Bund übernimmt damit 90 Prozent der Kosten statt bisher 50 Prozent. Die freien Mittel sollen für den Erhalt der exzellenten Mediziner-Ausbildung in Lübeck verwendet werden. Damit hat der Bund für die Landesregierung – die die Existenz der Uni Lübeck und die Zukunft der ganzen Region leichtfertig aufs Spiel gesetzt hat – die Kohlen aus dem Feuer holen müssen. Der enorme öffentliche Druck und die geschlossene Solidarität einer ganzen Stadt haben dies möglich gemacht. Darauf kann Lübeck stolz sein!

Die Sparpläne von CDU und FDP waren von Anfang an ein Aberwitz. Die Landesregierung wollte einen erstklassigen Studiengang und ein Aushängeschild für Schleswig-Holsteins Forschung und Lehre platt machen. Die Medizinische Fakultät der Uni Lübeck ist bundesweit spitze. Im Ranking des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) belegt die Uni Lübeck Platz eins in Deutschland – zum zweiten Mal in Folge. Es gibt einen Excellenzcluster, eine Graduiertenschule und drei große Sonderforschungsbereiche. Lübecker Professoren sind weltweit hoch angesehen, wie der Sars-Forscher Rolf Hilgenfeld oder der Schlafforscher und Leibniz-Preisträger Jan Born – der bedauerlicherweise die Lübecker Uni aufgrund der schwarz-gelben Schließungspläne und dem entstandenen Vertrauensverlust verlassen wird.

Die Mediziner-Ausbildung der Uni Lübeck ist und bleibt die Basis für einen der führenden Standorte für Medizin und Biotechnologie in Norddeutschland. Ohne Mediziner-Ausbildung würde der dringende benötigte Ärztenachwuchs fehlen, auf den nicht nur das Uniklinikum Schleswig-Holstein angewiesen ist. In der Region Lübeck gibt es mehr als 1.000 Unternehmen in der Medizin, Medizintechnik und dem Gesundheitswesen – mit rund 23.000 Arbeitsplätzen. Auch der gemeinsame Forschungsverbund mit dem Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften in Borstel und die Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Lübeck wären bei einer Schließung zerstört worden. Die Lübecker Fraunhofer-Einrichtung für Marine Biotechnologie, die gerade zum vollwertigen Fraunhofer-Institut ausgebaut wird, profitiert ebenfalls von der Mediziner-Uni.

Das Verhalten der Herren Carstensen, Kubicki und de Jager in den vergangenen Wochen war mehr als mies. Erst führen sie die Uni Lübeck zur Schlachtbank, dann fordern sie unhaltbare Sparvorschläge aus Lübeck – und am Ende muss die Notbremse gezogen werden, weil die eigenen Reihen meuterten und die Mehrheit im Landtag weggebrochen ist. Erpresserischer und mieser geht es nicht! Dass Minister de Jager einen lange gehegten Kieler Geheimplan für die Zerschlagung der Mediziner-Ausbildung in Lübeck für das Sparkonzept der Landesregierung benutzt hat, ist ein Skandal erster Klasse! Das ist in jeder Hinsicht ein Stil, der Politikverdrossenheit befördern wird. Ich hoffe sehr, dass die Strippenzieher Carstensen und Co. dafür die Quittung erhalten werden!

Bedauerlich ist auch, dass der Rettungsvorschlag von Seiten des Bundes so spät kam und viel Porzellan zerschlagen wurde. Noch am Tag vor der Pressekonferenz von Ministerin Schavan hatte ihr Parlamentarischer Staatssekretär, der sie in der Fragestunde des Bundestages vertreten hatte, keinerlei Handlungsbereitschaft der Bundesregierung für die Universität Lübeck erkennen lassen. Sämtliche Fragen zur Universität Lübeck wurden mit dem lapidaren Verweis auf die Zuständigkeit des Landes Schleswig-Holstein in dieser Angelegenheit abgeschmettert. Selbst eine ganz konkrete Frage nach einer möglichen Verschiebung des Leibnitz-Instituts für Meereswissenschaften unter das Dach der Helmholtz-Gemeinschaft wurde negativ beantwortet. Die Informationsrechte der Parlamentarier wurden hier mit Füßen getreten! Auch das ist ein Armutszeugnis für die schwarz-gelbe Regierungsarbeit und schadet der Demokratie. Die schwarz-gelbe Kungelei in Bund und Land muss schleunigst beendet werden! Die Landesregierung fordere ich auf, auch ihre Pläne zur Privatisierung des Uniklinikums UKSH aufzugeben und für die 5.000 Beschäftigten eine sichere Perspektive zu schaffen.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Hiller-Ohm