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Frank Junge
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Frage von Steffen F. •

Sehr geehrter Herr Junge, setzen Sie sich auch für Friedensgespräche mit Russland ein, oder befinden wir uns jetzt schon wieder auf der Rutsche zum Krieg, ohne Hoffnung auf den Frieden?

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Sehr geehrter Herr F.,

vielen Dank für Ihre Nachfrage hinsichtlich diplomatischer Bemühungen im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Auch mich treibt die Sorge vor einer weiteren Eskalation dieses nun schon so lange andauernden Krieges um. Bei jeder Abstimmung im Bundestag wäge ich daher sehr genau ab, bin mir der Bedeutung meines Mandats sehr bewusst.

Als in der letzten Sitzungswoche über einen Koalitionsantrag zur Unterstützung der Ukraine (Drucksache 20/10375) abgestimmt wurde, habe ich zu meiner Zustimmung daher eine persönliche Erklärung abgegeben. Diese gebe ich Ihnen gern im Wortlaut wieder:

"Der russische Krieg gegen die Ukraine ist ein Völkerrechtsbruch und von erschreckender Brutalität gekennzeichnet. Er ist auf das Schärfste zu verurteilen. Das unendliche Leid bei unzähligen unschuldigen Opfern, tausende Soldaten eingeschlossen, und ihren Familien hat ein erschreckendes Ausmaß genommen.

Nach meiner festen Überzeugung muss mit dem Ziel einer schnellst möglichen Beendigung des Krieges die Gewichtung in den internationalen und europäischen ausgehenden Hilfen stärker zugunsten diplomatischer Ansätze ausfallen. Insofern begrüße ich auch, wenn Bundeskanzler Olaf Scholz keinen Forderungen nachgibt, die in ihrer sachlichen Betrachtung möglicherweise eine dann nicht mehr aufzuhaltende Eskalationsspirale bedeuteten. Es gilt verstärkt auch nach diplomatischen Wegen zu suchen, damit dieser barbarische Krieg schnellst möglich beendet werden kann und ein Leben auf soliden völkerrechtlichen wie rechtsstaatlichen Grundlagen für die Menschen in der Ukraine wieder möglich wird.

Richtigerweise hat Deutschland bei den von breiter - auch europäischer - Solidarität getragenen Hilfen, seien diese militärisch geleistet worden oder auch auf dem zivilschützenden Weg sowie im Umgang mit Kriegsflüchtlingen, zu jeder Zeit die uns größtmöglichen Hilfsmaßnahmen ergriffen und diese zuvor sorgfältig abgewogen. Die militärischen Maßnahmen betreffend habe ich zur Vermeidung von Eskalationen sowie in der Überzeugung, dass es einer diplomatischen Friedensoffensive bedarf, von Beginn an eine restriktivere Haltung eingenommen. Es muss auch weiterhin die Maxime gewahrt bleiben, im Rahmen von Hilfsmaßnahmen als NATO-Mitgliedsstaat nicht Kriegspartei zu werden.

Vor diesem Hintergrund begrüße ich ausdrücklich, dass der heute zur Abstimmung stehende An-trag der Koalitionsfraktionen keine Forderung zur Lieferung von Taurus Marschflugkörpern enthält. Ich halte die mit der Lieferung von Taurus verbundenen Risiken in den übergeordneten Bemühungen um einen Friedensweg als zu groß. Da gerade um diese Frage in der Koalition seit vielen Monaten gerungen wird und eine solche Forderung gleichwohl nicht Bestandteil des Antrages ist, wird damit auch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Lieferung von Taurus Marschflugkörpern keine Zustimmung in der gesamten Koalition findet. In der Koalition können gemäß Koalitionsvertrag nur einvernehmliche Beschlüsse gefasst werden.

Gleichwohl erkenne ich persönlich in der Aussage zur Zukunft der Ukraine in der NATO in Anbetracht möglicher Folgeeffekte die Gefahr der Überschreitung nach eben der benannten Maxime keiner eigenen Kriegsbeteiligung Deutschlands für die Verteidigung der Ukraine gegenüber Russland. Mir ist bewusst, dass die gefundene Formulierung schon aufgrund der bestehenden NATO-Statuten nicht darauf zielen kann, eine Mitgliedschaft der Ukraine zu Kriegszeiten anzustreben und sich als solche auf die Selbstverteidigung der Ukraine bezieht. Eine entsprechende Erwartung für einen NATO-Beitritt kann aber mit der getroffenen Formulierung dennoch entstehen. Eine solche Erwartung sollte nach meiner Überzeugung nicht geweckt werden. Grundsätzlich sind weitere NATO-Mitgliedschaften immer auch im Kontext der Weltmächte-Konstellation zu bewerten. Zudem lehrt uns die Geschichte, dass manche Auslöser für Entwicklungen nicht rechtzeitig erkannt wurden.

Mein dem Antrag zustimmendes Abtimmungsverhalten ist unter Einbeziehung der vorstehenden Erwägungen und Erwartungen zu werten."

Damit konnte ich Ihnen hoffentlich meine Position verdeutlichen. Gern stehe ich Ihnen auch für ein persönliches Gespräch zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Frank Junge

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