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Florian Toncar
FDP
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Frage von Hans-Joachim D. •

Frage an Florian Toncar von Hans-Joachim D. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Toncar,

nach einer Studie der Uni Hohenheim ist die Sorge der Bürger in Bezug auf die Folgen der Schuldenkrise (Staaten und Banken) und der EURO-Rettungspolitik sehr groß. Sie fühlen sich von Politikern schlecht informiert. Dies entspricht voll und ganz auch meinem Eindruck. Das Thema wird im Wahlkampf totgeschwiegen - warum? Glaubt man, das interessiere die Bürger nicht, weil es zugegebenermaßen ein sehr komplexes Thema ist? Erst gestern wieder im ARD-Interwiew mit Angela Merkel: Kein Wort zur EURO-Krise und EURO-Rettungspolitik; Keine Frage (und Antwort) zur "Vision von einem künftigen Europa".
Auch Ihre Antworten überzeugen nicht. Beispiel: Herr Schurr hat Ihnen eine kurze und konkrete Frage gestellt. Eine konkrete Antwort (eine Zahl hätte genügt) haben sie nicht gegeben, stattdessen Whlkampfargumente und Angriffe auf andere Parteien.

Glauben auch Sie, daß der Höhepunkt der Krise überwunden ist?
Glauben auch Sie, daß die EURO-Rettungapolitik alternativlos ist bzw. welche Alternativen sehen und bevorzugen Sie?
Wie will man einen nach Meinung zahlreicher Ökonomen unumgänglichen Schuldenschnitt für (zunächst) Griechenland umgehen? Bitte um eine möglichst konkrete Antwort.
Wie ist Ihre Vorstellung von einem künftigen Europa?
Was sind Ihrer Meinung nach die nächsten notwendigen Schritte um dieser Vorstellung nahezukommen?

Mit freundlichem Gruß
Hans-Joachim Dilling

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Dilling,

vielen Dank für Ihre Frage vom 19. August 2013 über Abgeordnetenwatch zum Thema Euro-Staatsschuldenkrise.

Ihre Sorge in Bezug auf mögliche Folgen der Staatsschuldenkrise in Europa teile ich genau wie Ihre Einschätzung, dass es sich dabei um ein sehr komplexes Thema handelt. Deshalb ist es ja auch eminent wichtig, es stets offen zu adressieren und das tun wir auch. Es wundert es mich sehr, dass Sie den Eindruck haben, das Thema würde von Seiten der Politik totgeschwiegen. Diese Einschätzung teile ich nicht. Das Gegenteil ist der Fall: Die FDP thematisiert die Euro-Politik sogar auf ihren Wahlplakaten. Auch in öffentlichen Diskussionen kann ich nicht feststellen, dass man sich diesem wichtigen Thema verweigern würde. Tatsächlich spreche ich auf zahlreichen Diskussionsveranstaltungen und an Wahlkampfständen das Thema offen an und versuche den Bürgern unsere Sicht in Bezug auf unsere Vorgehensweise zur Bekämpfung der Euro-Staatsschuldenkrise zu vermitteln.

Die Positionen der Mitbewerber im Wahlkampf aufzuführen ist ebenfalls sehr wichtig, denn es geht bei der kommenden Bundestagswahl um nicht weniger als den künftigen Kurs, den Deutschland in Europa einschlagen wird. Sollen wir die Schulden vergemeinschaften, so dass jeder Staat – also in erster Linie die Steuerzahler – für jeden anderen Staat die Schulden mit übernimmt und die Europäische Zentralbank grenzenlos Geld zur Verfügung stellt und damit die Inflationsgefahr weiter steigt oder sollen wir den Konsolidierungs- und Reformkurs, den die Länder der Eurozone bereits eingeschlagen haben und auch Erfolge damit erzielen konnten, fortsetzen und von jedem Staat eigene Verantwortung für seine Finanzlage einfordern? Die FDP hat sich in der Staatsschuldenkrise bereits erfolgreich für die Durchsetzung von verfassungsmäßigen Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild in den Staaten Europas eingesetzt. Wir haben dafür gesorgt, dass es keine Leistung ohne Gegenleistung gibt, denn Solidarität ist keine Einbahnstraße. Wir sind solidarisch, aber wir fordern dafür auch harte Reformmaßnahmen ein. Die Reformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit und die stärkere Eindämmung der Schulden müssen weiter vorangetrieben werden. Deshalb ist der derzeit eingeschlagene Weg aus meiner Sicht am besten geeignet, um die Krise zu überwinden.

Die Staatsschuldenkrise in Europa ist in ihrem Verlauf bislang einmalig. Es gibt deshalb auch keine Patentrezepte zur Lösung. Fachleute sind sich über die Alternativen genauso uneins wie die Öffentlichkeit. Dennoch gibt es einige wichtige Punkte, die aus meiner Sicht vor allem zu beachten sind: Schulden kann man nicht dauerhaft mit weiteren Schulden bekämpfen und schon gar nicht mit einer Vergemeinschaftung von Schulden, wie es Rot-Grün fordert.

Auch Griechenland muss sein Programm weiter konsequent umsetzen und sich reformieren. Die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes ist dafür Voraussetzung. Griechenland hat dabei auch schon Fortschritte gemacht. Es erwirtschaftet im Haushalt mittlerweile einen Primärüberschuss und verfügt über eine fast ausgeglichene Leistungsbilanz. Ein weiterer Schuldenschnitt würde die Rückkehr Griechenlands an die Kapitalmärkte erschweren. Was Griechenland stattdessen braucht ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Die Wettbewerbsfähigkeit muss weiter verbessert werden. Debatten über mögliche Folgemaßnahmen schwächen nur den Reformdruck auf Griechenland und sind deshalb nicht hilfreich. Ende 2014 wird die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds die Reformfortschritte der Griechen zur Bewältigung ihrer Finanzkrise bewerten. Erst dann wird klar sein, ob Athen ein neues Hilfspaket braucht.

Derzeit sieht es danach aus, dass wir den Höhepunkt der Krise tatsächlich überwunden haben. Dennoch darf nicht von den angestoßenen Reformen abgewichen werden. Sollten wir unseren derzeitigen Weg jedoch aufgeben und Hilfsmaßnahmen wie auch Reformforderungen an die in Schwierigkeiten geratenen Länder der Eurozone einstellen, droht ein Zerfall des Eurowährungsgebietes. Sobald einige Länder ihre Schulden nicht mehr bedienen können, könnte dies zu einer Kettenreaktion führen, die auch vor der deutschen Grenze nicht halt machen würde. Wir müssen deshalb in unserem eigenen Interesse dafür sorgen, dass das Euro-Währungsgebiet nicht auseinanderbricht, denn das hätte insbesondere für Deutschland schwerwiegende volkswirtschaftliche Verwerfungen zur Folge. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat in seinem Sondergutachten vom 5. Juli 2012 noch einmal betont, welche gewaltigen volkswirtschaftlichen Risiken für ein international stark verflochtenes Land wie Deutschland mit einem unkontrollierten Auseinanderbrechen der Eurozone verbunden wären. Hier geht es finanziell um wesentlich größere Dimensionen als die im Rahmen der Stabilisierungsmaßnahmen eingegangenen Haftungssummen (Sie finden das Gutachten unter folgendem Link: http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/download/publikationen/sg2012.pdf ).

Meine Vorstellungen für ein künftiges Europa beinhalten neben dem friedlichen Lebensraum, den wir uns in den vergangenen 50 Jahren hart erarbeitet haben auch einen gut auf die Globalisierung eingestellten Wirtschaftsraum und ein Modell für eine gute und enge nachbarschaftliche Zusammenarbeit. Dafür brauchen wir auch einen starken und stabilen Euro und einen effektiven Stabilitäts- und Wachstumspakt. Die Einführung des Fiskalpaktes, der zwingende verfassungsmäßige Schuldenbremsen in den Euro-Staaten und weiteren Staaten Europas vorsieht und der maßgeblich durch die deutsche Bundesregierung forciert wurde, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Stabilität. Stabilität in der Eurozone lässt sich allerdings nicht mit dem einen großen Paukenschlag wiederherstellen. Es sind viele Einzelschritte notwendig. Zur nachhaltigen Stabilisierung der Eurozone sind daher nicht nur fiskalpolitische Reparaturen auf Unionsebene maßgeblich, sondern auch mutige realwirtschaftliche Reformen auf Ebene der betroffenen Mitgliedsstaaten. Der Weg ist aufgezeichnet, und wir halten es für richtig, ihn gemeinsam weiterzugehen.

Weitere aufschlussreiche Informationen rund um das Thema Eurostabilisierung bieten übrigens auch die Web-Seiten des Bundesfinanzministeriums ( http://www.bundesfinanzministerium.de/Web/DE/Themen/Europa/Stabilisierung_des_Euroraums/stabilisierung_des_euroraums.html ).

Zu meiner Antwort auf die Frage von Herrn Schnurr: Die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands, der Eurozone und ganz Europas kann niemand seriös für die nächsten Jahrzehnte vorhersagen. Deshalb ist auch eine Prognose zur Rückzahlung der Schulden nicht seriös zu geben. Als erste Bundesregierung seit 1969 haben wir uns auf den Weg gemacht, nicht nur keine neuen Schulden zu machen, sondern ab 2015 sogar mit dem Tilgen der Schulden zu beginnen. Nach vorsichtigen Berechnungen können wir in der kommenden Legislaturperiode rund 15 Mrd. Euro an alten Schulden zurückzahlen. Zusammen mit weiterem Wirtschaftswachstum und dem Abbau von Altlasten aus der Bankenrettung wollen wir die Verschuldung der öffentlichen Hand in den kommenden vier Jahren in Richtung 70 % des Bruttoinlandsproduktes drücken. Wir haben den Anfang gemacht. In künftigen Legislaturperioden wird sich zeigen, wie erfolgreich und wie ernsthaft dieser Konsolidierungspfad weiter vorangetrieben wird. Bisher hat sich nur die FDP klar zum Abbaupfad der Schulden bekannt. Andere fordern weitere Ausgaben, ohne Gegenfinanzierungen aufzuzeigen. Für uns ist klar, dass gerade die Konsolidierung, allerdings ohne zusätzliche Steuerbelastung der Bürgerinnen und Bürger, eine echte Investition in die Zukunft ist.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit meine Sicht nahebringen und den Weg aufzeigen, den die christlich-liberale Bundesregierung vor allem in Bezug auf Europa auch in der kommenden Wahlperiode verfolgen will. Gerne lade ich Sie außerdem ein, einmal zu einem persönlichen Austausch zu mir ins Wahlkreisbüro in Böblingen zu kommen. Vereinbaren Sie gerne einen Termin mit meiner Mitarbeiterin vor Ort. Die Kontaktdaten finden Sie auf meiner Homepage www.toncar.de unter „Kontakt“.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Florian Toncar, MdB

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