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Felix Schreiner
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Frage von Peter F. •

Frage an Felix Schreiner von Peter F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schreiner
Minister Spahn lanciert ein "Masernschutzgesetz" mit Impfpflicht - also eine erhebliche Einschränkung der bürgerlichen Grundrechte - und begründet dies mit nachweislich falschen Behauptungen, wie:
1) Es gäbe in Deutschland eine Zunahme von Masernfällen in den letzten Jahren und Monaten
ABER: bis Ende der 37. Kalenderwoche liegen die 2019er Zahlen bei deutlich weniger als 40% des langjährigen Durchschnitts für diesen Zeitraum (Robert-Koch-Institut)
2) Es gäbe in Deutschland eine Zunahme von Menschen, die Schutzimpfungen ablehnten.
ABER: Der Anteil der Impfbefürworter ist im Vergleich zu den Vorgängerstudien aus den Jahren 2012 und 2014 signifikant gestiegen. (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA für 2016 / neueste Zahlen)
3) Die Durchimpfungsraten in Deutschland wären wegen der zunehmenden Impfmüdigkeit/Impfskepsis zu niedrig und/oder sogar rückläufig.
ABER: seit mehr als 10 Jahre lassen 97% der Eltern in Deutschland ihre Kinder gegen Masern impfen
4) Der Zeitpunkt, zu dem die Durchimpfungsraten erfasst/erreicht würden sei zu spät, es seien ja vor allem die Kleinkinder, die gefährdet seien.
ABER: Masern werden in D zunehmend eine Erkrankung Erwachsener (Kutter 2015, Löll 2011)
...
Die Liste liesse sich fortsetzen, Quelle: impf-info.de / Faktencheck

Bitte teilen Sie mit, wie Sie zu dazu stehen, wie Sie abstimmen werden.
Vielen Dank und freundliche Grüsse
P. F.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr F.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht.

Die Beratungen zur Impfpflicht sind in vollem Gange. Ich stehe auch mit weiteren Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt, die mir - wie Sie auch - Informationen zugesendet und Argumente sowohl für das Impfen als auch gegen eine Impfpflicht an die Hand geben haben. Im Bundestag werden die Diskussionen ebenfalls kontrovers geführt. Mit der bevorstehenden Entscheidung sind ethische Fragen verknüpft, zu denen jede Abgeordnete und jeder Abgeordneter seine ganz persönliche Antwort finden muss.

Generell bin ich der Meinung, dass eine höhere Impfrate durch bessere und zugänglichere Aufklärung und nicht durch gesetzlichen Zwang erreicht werden sollte. Grundsätzlich sehe ich die Freiwilligkeit und die individuelle Freiheit, Entscheidungen zu treffen, als hohes Gut an. Dies gilt für andere Politikbereiche und politische Fragen ebenso wie im Bereich der Gesundheit. Ich könnte mir gut vorstellen, dass bei der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht Verfassungsbeschwerden mit Bezug zu Art. 2 GG bei dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingehen werden. Laut dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages ist eine Impfung ein Eingriff in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und ist verfassungsrechtlich nur dann verhältnismäßig, wenn damit ein legitimierbares Ziel verfolgt wird und der Eingriff als geeignet, erforderlich und angemessen gilt. Dies wäre erst der Fall, wenn die milderen, ebenso geeigneten Mittel wie Impfempfehlungen oder anderweitige Therapiemöglichkeiten nicht ausreichen. Der Wissenschaftliche Dienst hält diese aber wegen ihres "freiwilligen" Charakters für weniger geeignet als eine Impfpflicht. Ob ein Eingriff in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit der zu impfenden Menschen unter Inkaufnahme möglicher Impfschäden zugunsten des Schutzes von Gesundheit und des Lebens anderer Menschen angemessen erscheint, lässt sich jedoch pauschal nicht beantworten. Es ist daher wichtig, dass bereits im Vorhinein die Rechtsgüter gegeneinander abgewogen werden, bevor ein solches Gesetz verabschiedet wird.

Deshalb sollte auch darüber beraten werden, wie die Impfquoten ohne ein verpflichtendes Gesetz erhöht werden können. So wäre auch vorstellbar, dass in Arztpraxen Impf-Erinnerungssysteme eingeführt oder regelmäßig Gespräche zum aktuellen Impfstatus geführt werden.

Wie Sie wissen, erstreckt sich das Thema der Impfpflicht auf ein weites Feld von Fragen und Aspekten, mit denen ich mich bis zur Abstimmung weiterhin auseinander setze.

Herzliche Grüße

Felix Schreiner, MdB

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