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Doris Barnett
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Frage von Roland L. •

Frage an Doris Barnett von Roland L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Barnett,

eine Parole auch der SPD , von Gerhard (Schröder) und Wolfgang (Clement) und Anhängern lauthals verkündet, war doch immer:

Arbeit gibt es genug - aber die Löhne sind zu hoch !
(Schließlich sagen das ja auch die Wirtschaftweisen)
Daher Senkung der Reallöhne und Gehälter

Die Lohnnebenkosten sind auch zu hoch; daher brauchen wir eine steuerfinanzierte soziale Sicherung und Minijobs.

Die zugehörigen Einzel-Argumente dafür sind Ihnen als MdB ja wohl bestens bekannt.
Meine Frage :
Ganz sicher kennen Sie das Buch "Die REFORMLÜGE" von Albrecht Müller, der als studierter Nationalökonom Redenschreiber von Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller und Leiter der Planungsabteilung im Bundeskanzleramt unter Willy Brandt und Helmut Schmidt war.
Auf den Seiten 234 bis 250 werden obige Behauptungen klar WIDERLEGT (neben 38 weiteren Widerlegungen).
Ich würde gerne von Ihnen erfahren, was an der Beweisführung von Albrecht Müller FALSCH ist, denn seinen Gedanken ist man ja nicht gefolgt.

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Antwort von
SPD

Auf die Fragen von Herrn Leyser antworte ich wie folgt:

Entgegen Ihrer Annahme habe ich das Buch von Albrecht Müller nicht gelesen und kann deshalb auch keine Antwort auf die von Ihnen gestellten Fragen geben.

Außerdem ist die Welt leider nicht so "einfach gestrickt" nach dem Motto: "niedrige Löhne = viel Arbeitsplätze".
Da muß man schon anders herum schauen: wo gibt es welches Arbeitsangebot zu welchen Bedingungen? Gibt es genügend qualifizierte Arbeitskräfte in ganz Europa - oder nur in Deutschland - und zu welchem Preis? Ist es sinnvoll, wegen eines etwas günstigeren Lohnangebots eine Produktionslinie zu verlegen, oder spielt neben den Arbeitskräften auch Qualifikation (Aus- und Fortbildung), Qualität des Produkts, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit (der Lieferung) usw. eine Rolle?
Neben Lohnkosten sind zunehmend Energiekosten wichtig für eine Entscheidung in einem Unternehmen.
Nebenbei steigen die Lohnkosten (und auch Nebenkosten) in den neuen EU-Staaten (ehemals Ostblock-Länder), so dass das Argument (auch wegen der extremen Lohnzurückhaltung in Deutschland in den letzten Jahren), in D sind die Löhne immer noch zu hoch, langsam nicht mehr greift.
Sicherlich, im Vergleich zu Litauen oder Polen oder Rumänien sind die Löhne bei uns hoch, aber die Lebenshaltungskosten eben auch. Interessant sind die Lohnstückkosten (das waren sie schon immer), aber die anderen holen halt auch auf (siehe China).

Das Thema "Steuerdumping" will ich hier mal bei Seite lassen, da wir so was ja auch innerhalb unseres föderalen System kennen (Ansiedlungspolitik).

In der Politik wird oft vereinfacht, weil die Welt immer komplexer wird und Probleme deshalb auch immer schwieriger darstellbar. Man hat mir mal die Aufgabe gestellt, die Rentenreform 2000 in 30 Sekunden darzustellen - ich habe mich geweigert, weil dann nur Vergröberungen herausgekommen wären, die außerdem dazu geführt hätten, dass Leute mich der Unwahrheit, der Lüge und was weiß ich noch bezichtigt hätten.
Nun ja, in der Zwischenzeit haben eine Vielzahl von Faktoren (u.a. Lohnzurückhaltung, Senkung von Lohnnebenkosten, aber auch Entscheidungen wie die Aufstockung von staatlichen Subventionen bei der energetischen Sanierung von Wohnhäusern -also zinsgünstige Kredite der KfW- und vieles mehr) in der Tat zum lang ersehnten Aufschwung geführt. Und jetzt verlangt es viel politische Kunst, diese Wirtschaftsentwicklung im EU- und internationalen Kontext beizubehalten, nicht abzuwürgen. Denn eine u.U. recht einleuchtende Entscheidung (z.B. 10-15 % Einspeisung von Biokraftstoffen der Umwelt zu Liebe) kann zu ungeahnten Konsequenzen führen: das Land für die Produktion von Lebensmitteln wird knapp Lebensmittel werden teuerer (Weizen kostet 2007 fast doppelt so viel wie 2006) Lebenshaltungskosten steigen Sozialhilfe (Hartz IV) muß angepaßt werden Steuern steigen etc.....

Dies war jetzt ein sehr vergröberndes Beispiel, weil Politik nicht so einfach ist, wie man sich das oft vorstellt, bzw. wie sie oft dargestellt wird.

Ich weiß, dass ich Ihre Fragen -mangels Buch- nicht wirklich beantworten konnte, hoffe aber, dass ich Ihnen wenigstens etwas zu dem Thema "Lüge" sagen konnte.

Mit freundlichen Grüßen
Doris Barnett