Wie setzen Sie sich konkret für mehr Direktdemokratie und eine externe Diäten-/Abgeordnetenkontrolle nach Vertrauensverlust der Politik ein, um Vertrauen zurückzugewinnen? Wie konkret umsetzbar?
Sehr geehrter Herr Erik C.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr damit verbundenes Interesse an unserer parlamentarischen Arbeit. Sie sprechen zwei zentrale Themen an, auf die ich im Folgenden gerne näher eingehen möchte.
Deutschland ist eine repräsentative Demokratie. Das bedeutet: Bürgerinnen und Bürger entscheiden nicht direkt über politische Maßnahmen oder Gesetze, sondern wählen Abgeordnete, die sie im Bundestag oder in den Landtagen vertreten. Dieses Prinzip bildet das Fundament unseres politischen Systems und wird auch künftig Bestand haben. Gleichzeitig ist es wichtig, das Vertrauen der Bevölkerung in demokratische Prozesse weiter zu stärken. Eine Möglichkeit besteht darin, Bürgerinnen und Bürger stärker in politische Entscheidungsprozesse einzubinden, insbesondere bei Themen von öffentlichem Interesse.
Ein denkbares Instrument hierfür sind zum Beispiel Bürgerräte. Diese bestehen aus zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern, die sich gemeinsam mit konkreten politischen Fragestellungen befassen. Damit Bürgerräte wirkungsvoll arbeiten können, ist ihre genaue Ausgestaltung entscheidend, insbesondere in Bezug auf Themenwahl, Arbeitsweise und Anbindung an politische Institutionen. Bisher wurde auf Bundesebene ein Bürgerrat eingerichtet. Dies geschah in der vergangenen Legislaturperiode. Auch im aktuellen Koalitionsvertrag ist vorgesehen, dialogische Beteiligungsformate wie Bürgerräte ergänzend zur repräsentativen Demokratie fortzuführen. Ich begrüße in diesem Zusammenhang den Vorschlag der Initiative Handlungsfähiger Staat, Bürgerräte künftig auf Grundlage einer bestimmten Anzahl von Bürgerunterschriften einzuberufen. Verfassungsrechtlich steht einer solchen Regelung bei entsprechender Ausgestaltung nichts im Wege.
Darüber hinaus haben viele Kommunen in den letzten Jahren sogenannte Bürgerhaushalte eingeführt, um Bürgerbeteiligung, insbesondere bei der kommunalen Haushaltsplanung, zu fördern. Aus meiner Sicht sind solche Formate wichtige Türöffner für eine lebendige und zugängliche Beteiligungskultur.
Auch auf Bundesebene wurde das Petitionsrecht weiterentwickelt: Seit der Reform in der letzten Wahlperiode reichen bereits 30.000 Unterschriften (statt bisher 50.000), damit eine Petition im Petitionsausschuss öffentlich angehört wird. Zudem wurde die Sammlungsfrist auf sechs Wochen verlängert. Dies ist ein weiterer Schritt hin zu niedrigschwelliger und wirkungsvoller Bürgerbeteiligung.
Als gewählte Abgeordnete tragen wir eine besondere Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit. Unsere Rechte und Pflichten sind im Abgeordnetengesetz sowie in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages geregelt.
Das Gesetz legt fest, dass die Ausübung des Mandats im Mittelpunkt unserer Tätigkeit steht. Berufliche oder anderweitige Nebentätigkeiten sind grundsätzlich zulässig, unterliegen jedoch strengen Vorgaben. Bestimmte geldwerte Vorteile sind untersagt, und es bestehen umfassende Anzeigepflichten – etwa für frühere berufliche Tätigkeiten, entgeltliche Nebentätigkeiten, Funktionen in Organisationen und Beteiligungen an Unternehmen.
Seit dem 19. Oktober 2021 gelten erweiterte Offenlegungspflichten. Diese Transparenzregelungen ermöglichen es den Bürgerinnen und Bürgern, sich ein eigenes Bild über mögliche Interessenkonflikte und die Unabhängigkeit der Mandatsausübung zu machen.
Die Diäten (Abgeordnetenentschädigungen) orientieren sich am Nominallohnindex, den das Statistische Bundesamt jährlich auf Basis der Bruttolöhne in Deutschland berechnet. Damit ist die Anpassung der Diäten für die Öffentlichkeit transparent und nachvollziehbar. Steigen die Durchschnittslöhne, steigen auch die Diäten – sinken die Löhne, sinken sie ebenfalls. So geschehen im Jahr 2021, als die Abgeordnetenentschädigung gesenkt wurde. In besonderen Situationen kann der Bundestag eine Erhöhung auch aussetzen, wie etwa 2020 während der Corona-Pandemie. Dies verdeutlicht, dass die Höhe der Abgeordnetenentschädigung nicht eigenmächtig oder politisch motiviert festgelegt wird, sondern an ein objektives, nachvollziehbares Verfahren gekoppelt ist.
Teilhabe, Vertrauen und Transparenz sind für mich Grundpfeiler einer starken Demokratie. Bürgerräte, Petitionen, Bürgerhaushalte und transparente Regeln für Abgeordnete leisten hierzu einen wichtigen Beitrag. Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Anregung und Ihr Engagement für unser demokratisches Gemeinwesen.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Bettermann, MdB für Kassel

