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Constanze Tucher von Simmelsdorf
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Frage von Bernd M. •

Frage an Constanze Tucher von Simmelsdorf von Bernd M. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Freifrau Tucher von Simmelsdorf,

was werden Sie unternehmen, um abgelehnte Asylbewerber möglichst schnell aus Augsburg abzuschieben, damit die, die anerkannt sind, hier besser integriert werden können? Vielen Dank für Ihre Antwort.

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Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr Mögele,

die Flüchtlingsthematik ist und bleibt eine der größten Herausforderungen unserer Zeit.
Leider ist dieses Thema sehr komplex und lässt sich nicht auf eine einfache Paradelösung reduzieren.

Ich lehne aus humanitären und verfassungsrechtlichen Gründen eine Asylpolitik ab, die sich als Flüchtlingsabwehr versteht. Kriege wie in Syrien, Irak und Afghanistan treiben die weltweite Gewaltspirale an, schaffen Elend und entwurzeln Millionen von Menschen. Deshalb ist oberste Priorität auf die Lösung von Fluchtursachen zu setzen. Ich fordere den Stopp deutscher Waffenexporte in Krisengebiete und an autoritäre Staaten sowie die Intensivierung von Friedensverhandlungen. Außerdem fordere ich restriktive Vorgaben für alle Rüstungsgeschäfte, das Ende der Subventionierung von Rüstungsfirmen. Um die Anzahl der sogenannten „Wirtschaftsflüchtlingen“ zu reduzieren, ist die Unterstützung zur langfristigen Sicherung der Lebensgrundlagen den entsprechenden Ländern unbedingt erforderlich. Auch unsere Handelsverträge, insbesondere mit Afrika, dürfen nicht zu Lasten der dortigen Marktwirtschaft ausgehandelt werden.

Um den momentanen Status Quo zu verbessern, ist es meines Erachtens notwendig, folgende Schritte einzuleiten:

- Geflüchtete sollen in allen europäischen Staaten nach Menschenrechts-Standards aufgenommen und behandelt werden.
- Die Dublin-Verträge gehören auf den Prüfstand: An die Stelle der „Drittstaatenregelung“ soll eine Verteilung der Geflüchteten auf die EU-Mitgliedsländer treten, die auch die Interessen der Betroffenen berücksichtigt, z.B. die Zusammenführung von Familien. Maßstab der Verteilung oder des finanziellen Ausgleichs soll die Einwohnerzahl der einzelnen Länder sowie ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sein. 
- Die internationalen Flüchtlingshilfswerke, z.B. das UNHCR, sind großzügig mit finanziellen Mitteln auszustatten, damit die betroffenen Menschen zumindest nahe ihrer Heimat und in ihrem Kulturkreis gut versorgt werden.
- Die Resettlement-Programme sind deutlich auszuweiten, um Kontingente von Geflüchteten nach humanitären Kriterien auszuwählen, die dann geordnet und sicher einreisen können. Zu diesem Zweck können EU-Aufnahmezentren auch außerhalb der Grenzen Europas eingerichtet werden. 
- Die Erstankunftsländer sind finanziell und personell zu unterstützen und zu entlasten. Über die reine Nothilfe hinaus müssen auch dort Integrations-Schritte ermöglicht werden (Schulbesuch, Gesundheits-Versorgung), wie es den Menschenrechten entspricht. 
Für alle innerhalb der EU betriebenen Unterkünfte für Geflüchtete müssen die geltenden Mindeststandards umgesetzt werden. 
- Traumatisierte Geflüchtete sind mit psychologischer Hilfe zu unterstützen. Der Bedarf dazu ist frühzeitig durch die Aufnahmebehörden festzustellen. Die behandelnden Einrichtungen sind mit ausreichenden Finanzmitteln auszustatten. 
- Geduldeten Geflüchteten und ihren Kindern, die sich nachweislich gut integriert haben und eine Ausbildungsstelle oder einen Arbeitsplatz nachweisen können, ist ein Bleiberecht zu erteilen.
- Bei der Entscheidung, Menschen abzuschieben, muss sorgfältiger geprüft werden, welche Gefahren den Menschen drohen könnten. Der Zusammenhalt von Familien muss erhalten bleiben.
- Asylverfahren müssen zügig, fair und transparent abgewickelt werden. Für sie muss derselbe Instanzenweg gelten wie für andere Gerichtsverfahren. 
- Ich lehne es ab, Staaten als „sichere Drittstaaten“ oder „sichere Herkunftsstaaten“ zu definieren, wenn dort nachgewiesenermaßen z.B. aus politischen, religiösen oder ethnischen Gründen Verfolgung droht. Dieser Schutz gilt nicht für nachweisliche Terrorunterstützer. 
- Schnellverfahren, insbesondere über gesonderte Zentren mit verminderten Hilfsmöglichkeiten sowie Abschiebehaft, sind aus humanitären und verfassungsrechtlichen Gründen ebenfalls abzulehnen.  Ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild würde die Integration aller Menschen, die in Deutschland leben wollen verbessern, und auch unserer Wirtschaft Planungssicherheit geben.

Ich bedanke mich für Ihr Interesse und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Constanze von Tucher