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Christoph Matschie
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Frage von Birgit D. •

Frage an Christoph Matschie von Birgit D. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Matschie,

mit Fassungslosigkeit habe ich gerade gelesen, dass Sie auch für die Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration gestimmt haben. Das ist ein Skandal. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass auch die SPD eine Tierquäler-Partei ist. Das ging schon mit dem Koalitionsvertrag los, indem sich die SPD gemeinsam mit CDU/CSU darauf geeinigt hat, Tierschützer, die in Ställe „einbrechen“ (um Missstände aufzudecken!), härter bestrafen zu wollen. Im September hat die SPD zusammen mit CDU/CSU zwei verschiedene Anträge von FDP und Grünen zu Verschärfungen bei Tiertransporten abgelehnt. Und nun diese unselige Fristverlängerung!

Genau dieses "Weiter-So-für-die-Wirtschaft-koste-es-was-es-wolle" ist der Grund dafür, dass der SPD die Wähler in Scharen weglaufen.

Bitte erläutern Sie mir Ihre ganz persönlichen Beweggründe, warum Sie dafür gestimmt haben, dieses qualvolle Prozedere beibehalten zu wollen.

Und kommen Sie mir nicht mit einer vorformulierten Textwüste von Ihrem SPD-Kollegen Rainer Spiering. Und auch nicht mit dem Totschlagargument Arbeitsplätze (ich weiß, eine makabre Wortwahl in Zusammenhang mit dem sensiblen Thema Tierschutz). Wenn Geschäftsgrundlagen ethisch nicht vertretbar sind und zu gesundheitlichen Gefahren von Mensch, Tier und Umwelt führen, dürfen Arbeitsplätze kein Argument mehr sein.

Mich interessiert wirklich, ob Sie als Politiker noch Empathiefähigkeit für andere Lebewesen haben, und wie Sie persönlich zum Thema Tierschutz stehen.

Mit freundlichen Grüßen,
B. D.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau D.,

gerne erläutere ich Ihnen, weshalb ich für die Novellierung des Tierschutzgesetzes gestimmt habe.

Entgegen Ihrer Behauptung, ist die SPD keine Tierquäler-Partei, sondern wir setzen uns dafür ein, dass die Lebensbedingungen der Tiere sich verbessern. Ich habe mir daher die Entscheidung auch nicht leicht gemacht zuzustimmen. Leider wurde aber sehr schnell deutlich, dass es derzeit keine Alternative gibt, die bisherige Praxis in ganz Deutschland abzulösen.

Auch wenn es Ihnen jetzt wie eine „Massenantwort“ erscheint, kann ich die Argumente, die Ihnen Herr Spiering mitteilte, nur wiederholen: Ohne eine Fristverlängerung war zu befürchten, dass es in Deutschland zu massiven Strukturbrüchen bei den deutschen Sauenhalterinnen und Sauenhaltern käme. Die Folge wäre, dass wir es zu verantworten hätten, dass mehrere Millionen Ferkel über mehr als tausend Kilometer aus Ost- und Nordeuropa importiert werden würden. Diese würden auch auf Dauer nicht nach deutschen Tierschutzstandards kastriert werden und noch dazu weite Transportwege zurücklegen. Das ist aufgrund des europäischen Binnenmarktes zulässig und wäre unter Tierschutzaspekten ebenfalls mehr als bedenklich.

Die SPD Fraktion hat durchsetzen können, dass es neben einer Fristverlängerung, Maßnahmen zu ergreifen sind. Einmal mit einer im Gesetz verankerten Garantie, dass nach zwei Jahren definitiv eine Alternative zur Verfügung stehen muss. Auch musste die Landwirtschaftsministerin einen Entwurf für eine „Verordnung zur Durchführung der Betäubung mit Isofluran bei der Ferkelkastration durch sachkundige Personen“ vorlegen, der Anfang Juli dem Bundestag vorgelegt wurde und nun noch der Bundesrat zustimmen muss.

Politische Entscheidungen zu treffen, beinhaltet auch immer Kompromisse zu schließen und unterschiedlichste Prozesse, Bedürfnisse und Einschätzungen mit einfließen zu lassen. Für mich und auch die SPD steht aber fest, dass es nach dem Ablaufen der Frist, mit uns keine Verlängerung mehr geben wird. Hier erwarten wir, dass bis dahin die Umstellung überall stattgefunden hat.

Ich hoffe ich konnte Ihnen meine Beweggründe ausreichend darlegen.

Mit freundlichen Grüßen

Christoph Matschie