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Britta Haßelmann
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Frage von Volker J. •

Woher rührt Ihre öffentliche Empörung bei der Richterwahl?

Guten Tag Frau Haßelmann,
zugegeben, eine nicht erfolgte zugesagte Mehrheit ist ärgerlich, aber was soll Ihre heftige, öffentlich zur Schau getragene Empörung zu einer Wahl, deren Ergebnis nicht Ihren Vorstellungen entspricht? Es handelt sich doch um keine "Scheinwahl".
Gruß
V. J.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr J.,

vielen Dank für Ihre Frage. Frau Haßelmann hat uns gebeten, Ihnen zu antworten.

Das Bundesverfassungsgericht ist von höchster Bedeutung für unsere Demokratie. Es geht bei dem Vorgang zur Wahl neuer Richter*innen für das Bundesverfassungsgericht somit um das Ansehen des höchsten Gerichts und unserer Demokratie. Der Richterwahlausschuss hatte in der Woche der Wahl im Deutschen Bundestag mit Zweidrittelmehrheit drei Kandidierende gewählt – Herr Spinner, Frau Brosius-Gersdorf und Frau Kaufhold. Diese Wahlvorschläge lagen dem Deutschen Bundestag dann zur Abstimmung vor. Die CDU/CSU-Fraktion hat dann, leider auch beeinflusst von einer rechten Kampagne, die von Falschunterstellungen geprägt war, kurz vor der Abstimmung ihre Zustimmung zurückgezogen. Einen solchen Vorgang hatte die Bundesrepublik in ihrer Geschichte vorher noch nicht erlebt. Für ihre Absage dienten der Union auch durchschaubare und inzwischen widerlegte Plagiatsvorwürfe gegen Frau Brosius-Gersdorf. Dies ist insbesondere schwer nachvollziehbar, da die Kandidatin (wie alle Kandidat*innen) ein gemeinsamer Vorschlag der Koalition war.

Insbesondere in Tagen, in denen die AfD die Legitimität demokratischer Strukturen gezielt hintertreibt, kann solch ein Verhalten einen erheblichen Schaden für das höchste Gericht bedeuten. Dies ist völlig inakzeptabel und darf sich nicht wiederholen. Es ist tatsächlich empörend, wie eine der potenziellen Kandidatinnen für das Bundesverfassungsgericht öffentlich diffamiert und in den Schmutz gezogen wurde. Vonseiten der Regierungsfraktionen wurde zu wenig getan, um diese Person zu schützen. Im Gegenteil wurde insbesondere aus der CDU/CSU-Fraktion sogar die fachliche Qualifikation einer allseits anerkannten Juristin infrage gestellt.

Es zeigt sich nun auch, dass Bundeskanzler Merz und Vizekanzler Klingbeil sich aktuell nicht darauf verlassen können, eine stabile Mehrheit im Deutschen Bundestag für ihre Koalition zu haben. Diese Regierung startet damit höchst instabil in die Sitzungszeit nach dem Sommer.

Wir bedanken uns ausdrücklich bei Frauke Brosius-Gersdorf. Es ist absolut inakzeptabel und ungeheuerlich, dass eine so angesehene Juristin von CDU und SPD für das Bundesverfassungsgericht während dieses Verfahrens von Lügen, Desinformationen und einer hetzerischen Kampagne derart getroffen wurde. Dass die CDU/CSU-Fraktion nicht die Haltung und Kraft besessen hat, dieser Kampagne zu widersprechen und sich schützend vor Frauke Brosius-Gersdorf zu stellen, ist menschlich enttäuschend und extrem schwach.

Durch das chaotische und unzuverlässige Vorgehen der Koalition, insbesondere der CDU/CSU, aber auch der SPD, ist ein Schaden für das Wahlverfahren für Richter*innen am Bundesverfassungsgericht entstanden. Die Wahlen müssen jetzt schnellstmöglich nachgeholt werden, denn der Deutsche Bundestag muss in der Lage sein, Richter*innen für das Bundesverfassungsgericht zu wählen. Dafür braucht es demokratische Mehrheiten und wir Grünen sind bereit dafür.

Mit besten Grüßen

Team Haßelmann

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