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Britta Haßelmann
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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Frage von Corinna W. •

Frau Hasselmann, Sind Sie persönlich für die Einführung des „Nordischen Modells“ in der Prostitution - und für die Bestrafung von Freiern?

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Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Liebe Frau W.

vielen Dank für Ihre Frage. Frau Haßelmann hat uns gebeten, Ihnen zu antworten.

Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen nimmt die Bekämpfung von Zwangsprostitution und Ausbeutung sehr ernst. Für uns ist klar: Menschenhandel und Zwangsprostitution sind nicht hinnehmbar. Jedes Opfer ist eines zu viel. 

Die Einführung eines sogenannten Nordischen Modells ist jedoch nicht der richtige Weg, um Zwang und Ausbeutung in der Prostitution zu bekämpfen. Im Gegenteil verschärft es Missstände: Sexarbeiter*innen werden dadurch in die Illegalität gedrängt, sind verstärkt Gewalt ausgesetzt und ihr Zugang zu Hilfsangeboten wird maßgeblich erschwert. 

Das hat die große Mehrheit der relevanten zivilgesellschaftlichen Akteur*innen in Deutschland durch ihre Stellungnahmen zur Anhörung des Unionsantrags „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf bestrafen“ am 23.09.2024 erneut bestätigt. Zu diesen Akteur*innen zählen bspw. der Deutsche Frauenrat, die Gewerkschaft der Polizei, der Deutsche Städtetag, Amnesty, die Diakonie sowie viele weitere, die alle ein Sexkaufverbot ablehnen.

Wir haben uns innerhalb meiner Fraktion in den vergangenen Jahren fachlich intensiv mit Menschenhandel und Zwangsprostitution beschäftigt - insbesondere mit dem Fokus darauf, Betroffene von Menschenhandel besser zu schützen. Dazu haben wir ein eigenes Positionspapier mit zehn Maßnahmen erarbeitet: Zwangsprostitution bekämpfen (gruene-bundestag.de).

So sind wir auch sehr froh, dass wir es während unserer Regierungszeit geschafft haben, einen ressortübergreifenden Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel zu verabschieden. Der Aktionsplan enthält 126 Maßnahmen in den Bereichen Prävention, Schutz, Strafverfolgung und Forschung und ist ein Meilenstein im Kampf gegen Menschenhandel.

Es ist deshalb besorgniserregend, dass der Nationale Aktionsplan im Koalitionsvertrag der Bundesregierung keine Erwähnung findet. 

Wir werden uns weiterhin, aus der Opposition heraus, mit voller Kraft dafür einsetzen, dass die gesamten Maßnahmen des Aktionsplans umgesetzt und durch weitere Maßnahmen ergänzt werden. Dazu gehören bspw. ein Aufenthaltsrecht für Betroffene von Menschenhandel sowie die Einrichtung von Spezialeinheiten bei der Polizei und Staatsanwaltschaft, damit mehr Täter*innen verurteilt werden. Weiterhin fehlt eine Nationale Koordinierungsstelle, um den Einsatz gegen Menschenhandel auf Bundesebene zu koordinieren. 

Was wir im vorgelegten Koalitionsvertrag sehr begrüßen, ist, dass die Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes durch eine unabhängige Expert*innen-Kommission begleitet werden soll. Das fordern wir schon lange, um auf dieser sachlichen Grundlage zu entscheiden, welche Änderungen notwendig sind, um die Rechte und Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter*innen zu verbessern. Diese Kommission gilt es jetzt zügig einzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Team Haßelmann

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