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Frage von Stefan R. •

Frage an Barbara Hendricks von Stefan R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Dr. Hendricks,

seit nunmehr einem Jahr wird die internationale Finanzwelt von einer Krise heimgesucht, deren Ende nicht in Sicht scheint. Es drängt sich mir auf Grund intensivster Beobachtungen die Erkenntnis auf, dass diese Krise unmittelbar mit unserem Finanzsystem und unserer Wirtschaftspolitik zusammenhängt.

Insbesondere eine Plausibilität einer auf exponentiellem Wachstum fußenden Finanzpolitik, bei welcher eine innewohnende Deflation stets durch eine gezielte Inflation der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgeglichen werden muss, scheint mir nicht vorhanden zu sein. Die EZB spricht dabei von Preisniveaustabilität, wenn real eine Inflation von 1-2% angestrebt wird.

Es wäre darüber hinaus ebenso interessant zu erfahren, ob und wie Sie und Ihre politische Bewegung die Schuldenproblematik der Geldentstehung ausschließlich durch Kredit betrachten und welche Gegenmaßnahmen Sie zur kommenden Deflationskrise, der ich sehr besorgt gegenüberstehe, als geeignet erachten.

Desweiteren stellt sich mir konsequenterweise die Frage, wie ein Finanzsystem, das einem Kettenbrief gleichkommt, überhaupt irgendeine rechtliche Legitimation besitzen kann und man sich an einem ständigen Wachstumszwang zur Zinsbedienung orientiert, der auf Grund der menschlichen Eigenschaft, nicht mehr und mehr bis ins Unendliche leisten zu können, vollkommen unmöglich ist und ganz zwangsläufig irgendwann in einer Krise enden muss.

Ich bitte Sie ausdrücklich um eine klare Stellungnahme Ihrerseits, sowie ob meiner dringenden Befürchtung einer nahenden desolaten Wirtschaftskrise einer Klärung der genannten Sachverhältnisse in einem Ausschuss ihrer Fraktion, in der diese Dinge klar und deutlich zur Sprache kommen und diskutiert werden können.

Vielen Dank.

Hochachtungsvoll,
Stefan Reintjes

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Reintjes,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich mit Interesse gelesen habe.

Die zunehmende globale Vernetzung der Finanz- und Handelsströme und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Bürgerinnen und Bürger beschäftigen uns Sozialdemokraten in besonderem Maße. Zu Recht sorgen Sie sich um die Finanzmarktkrise, die die Weltwirtschaft nun schon seit dem letzten Sommer belastet und auch deutsche Banken nicht verschont.

Ausgangspunkt der Krise waren unverantwortliche Immobilienkredite in den USA und deren Weiterverkauf auf dem internationalen Finanzmarkt, wobei durchaus kriminelle Energie unterstellt werden muss.

Es gilt jedoch hervorzuheben, dass die Wirtschaft der Bundesrepublik für die Globalisierung gewappnet ist und der Finanzkrise überwiegend trotzt: Das Bruttoinlandsprodukt wuchs im ersten Quartal dieses Jahres so stark wie seit 12 Jahren nicht mehr, nämlich um 1,5 Prozent. Und auch längerfristig werden wir weiterhin von der Globalisierung profitieren: Während der Anteil am Außenhandel in allen anderen großen OECD-Länder in den letzten Jahren stetig fiel, hält Deutschland seit 20 Jahren knapp 10 Prozent am Welthandel und bleibt damit „Exportweltmeister“. Die weltweite Nachfrage nach industrieller Spitzentechnologie hält an und verschafft Deutschland Möglichkeiten, die wir zu nutzen bereit sein müssen. Dies macht sich auch in der Finanzpolitik der großen Koalition bemerkbar. Dank höheren Einnahmen aber auch rigider Spardisziplin auf der Ausgabenseite konnte Deutschland in den letzten Jahren die Neuverschuldung erheblich reduzieren und strebt bis 2010 auf gesamtstaatlicher Ebene einen strukturell ausgeglichenen Staatshaushalt an.

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist eine von der Politik unabhängige Institution und verfolgt nach dem Muster der Deutschen Bundesbank das Ziel einer harten, zuverlässigen Währung und einer geringen Inflationsrate (bis 2 Prozent). Vom aktuellen Inflationsschub aufgrund hoher Energiepreise abgesehen, wurde dieses Ziel fast immer erreicht, was sich auch im Außenkurs des Euro niederschlägt. Neben dem Dollar ist der Euro derzeit die wichtigsten Währung der Welt und dies stärkt auch unsere Position als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt.

Eine kommende Deflationskrise, der Sie, wie Sie schreiben, sehr besorgt gegenüberstehen, kann ich vor diesem Hintergrund ganz und gar nicht sehen.

Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben und verbleibe mit
freundlichen Grüßen,
Barbara Hendricks