Wie begründen Sie, dass Einkommen aus Kapitalvermögen und Immobilienbesitz nicht zur Finanzierung der sozialen Aufgaben herangezogen werden?
Die Politik spricht von einer "gerechteren Finanzierung" der Sozialleistungen. Nach meiner Meinung ist das nichts anderes als ein "Neusprech", der wohl von den eigentlichen Problemen unseres Sozialstaats ablenken soll.
Es braucht keine Einsparungen bei den Sozialleistungen, notwendig wäre, über eine gerechtere Finanzierung nachzudenken. Nicht alle, die zu zu diesem "Reichtum" beitragen, tragen in gleicher Weise auch zur Funktion des Sozialstaates bei. Die Mittelschicht trägt die Hauptlast. zur Finanzierung der Kranken- und Pflegeversicherung, der Rentenversicherung werden nur Einkommen aus abhängiger Arbeit herangezogen. Alle Diskussionen - Alt gegen Jung; Beamte gegen Arbeiter; reiche Rentner gegen arme Rentner - spielen nur mit Umverteilungen in der lohnabhängigen arbeitenden Mittelschicht.
Zur Finanzierung gäbe es viele Möglichkeiten, die wenig Beachtung finden, eine Reform der Erbschaftssteuer, Geschenke im Gießkannenprinzip, die Mütterrente, die vom Bürgergeld abgezogen wird.
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ich stimme Ihnen zu: Wenn wir darüber sprechen, wie wir unseren Sozialstaat in Zukunft aufstellen wollen, geht es nicht nur darum, wer welche Leistungsansprüche hat, sondern auch darum, wer wie zur Finanzierung beiträgt. Eine Entlastung der arbeitenden Mitte bleibt zentral – das haben wir im Koalitionsvertrag klar verankert, und das bleibt trotz der schwierigen Haushaltslage unser Ziel. Gleichzeitig gilt aber: Wer über große Einkommen und Vermögen verfügt – aus Immobilien, Kapital oder Erbschaften – muss seinen Beitrag leisten, damit unser System dauerhaft tragfähig bleibt.
Das System der gesetzlichen Sozialversicherungen – also der Renten-, Kranken-, Pflege-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung – ist historisch gewachsen. Es beruht auf Beiträgen, die Beschäftigte leisten – im Gegenzug haben diese damit Anspruch auf Leistungen. Andere Sozialleistungen, die das Existenzminimum sichern und Teilhabe ermöglichen sollen – z. B. die Grundsicherung, das Wohngeld oder Kindergeld – sind bereits steuerfinanziert, wozu etwa auch die Grundsteuer oder die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge indirekt beitragen.
Ich finde, dass wir die aktuelle Struktur kritisch überprüfen sollten: Wenn das Ziel eine spürbare Entlastung der arbeitenden Mitte ist, dann müssen wir auch schauen, ob Vermögen, Immobilienerträge und Kapitalerträge in einem angemessenen Verhältnis zur Finanzierung beitragen. Ich bin dabei auch für Überlegungen wie eine stärkere Erbschafts- oder Vermögensbesteuerung oder eine Anpassung der Besteuerung von Immobilien- und Kapitalerträgen offen. Dieser Gedanke steht nicht im Widerspruch zu unserem Prinzip der Absicherung durch Arbeit, sondern ergänzt es im Sinne einer gerechten Lastenverteilung.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir Kontakt aufzunehmen – zum Beispiel über https://www.bundestag.de.
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Bas


