Warum möchten Sie mittels 2. Betriebsrentenstärkungsgesetz v.a. durch Opting-Out-Systeme noch mehr gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer schädigen?
Sehr geehrte Frau Bas,
es ist bekannt, dass arbeinehmerfinanzierte bAV-Produkte, z.B. Direktversicherungen, extrem nachteilig für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer sind, und damit besonders für die Klientel der SPD, Aufgrund der hohen Abgabenlast in der Auszahlphase (Rente oder Kapitalauszahlung), spart diese Gruppe leider nicht für die eigene Altersvorsorge an. Insbesondere die hohe Last der Beiträge zur GKV und PV führt dazu, dass Gewinner dieses Sparvorgangs die Produktanbieter, die Arbeitgeber und die Sozialkassen sind. Die gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmer sind die Leidtragenden. Wird nun das Opting-Out-System eingeführt, wird es noch mehr Verlierer geben. Es ist ein Rätsel, warum die Politik und die Gerichte dieses Schröpfen genau dieser Arbeitnehmer nicht endlich beendet. Privatversicherte Arbeitnehmer sind auf der sicheren Seite und Arbeitnehmer, die anderweitig ansparen (Kapitalmarkt oder Immobilien) sind auch im Vorteil. Schaffen Sie also die bAV ab.

Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Frage. Da Sie sich auf meine Aufgaben als Bundesministerin für Arbeit und Soziales beziehen, antworte ich Ihnen nicht in meiner Funktion als Abgeordnete, sondern als Mitglied der Bundesregierung sowie dank der Zuarbeit der Bundesverwaltung.
Das „Zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz“ setzt keineswegs vorrangig auf die Förderung arbeitnehmerfinanzierter betrieblicher Altersversorgung, sondern auf die weitere Verbreitung von Sozialpartnermodellen. Diese sind darauf zugeschnitten, dass auch tarifliche Arbeitgeberbeiträge zur Finanzierung der Betriebsrente vereinbart werden. Aber auch bei Opting-Out-Systemen, die als Möglichkeit auf Betriebsebene zugelassen werden sollen, ist es üblich und zu erwarten, dass sie nur dann von den Beschäftigten geschätzt werden, wenn auch der Arbeitgeber sich an deren Finanzierung signifikant beteiligt.
Für die Frage, ob sich das arbeitnehmerfinanzierte Altersvorsorgesparen über den Betrieb lohnt, muss man die Einzahlungs- und Auszahlungsphase gemeinsam in den Blick nehmen. Die Einzahlungen in eine betriebliche Altersversorgung sind bis zu einer bestimmten Höhe komplett sozialversicherungs- und steuerfrei, man kann so also in erheblichem Umfang Steuern und Beiträge sparen. Außerdem muss der Arbeitgeber bei einer Entgeltumwandlung 15 Prozent des umgewandelten Betrages zuschießen.
Die ausgezahlte Betriebsrente ist dann voll einkommensteuerpflichtig. Da das Einkommen während der Rente in aller Regel niedriger ist als während des Erwerbslebens, ist diese sog. nachgelagerte Besteuerung für die meisten Bürgerinnen und Bürger aber vorteilhaft. Außerdem gibt es seit 2020 einen dynamischen Freibetrag (2025 bei 187,25 Euro monatlich), in dessen Rahmen keine Krankenversicherungsbeiträge mehr auf Betriebsrenten anfallen.
Diese im Jahr 2020 nach vielen Jahren politischer Diskussionen gefundene Lösung der Einführung eines dynamischen Freibetrags ist nicht die Maximallösung für alle Betriebsrentnerinnen und -rentner. Sie ist aber aus meiner Sicht ein vernünftiger und ausgewogener Kompromiss, der zum einen den berechtigten Interessen der Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentnern nach mehr Beitragsgerechtigkeit Rechnung trägt, zum anderen aber auch die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung im Blick behält.
Über das gesamte Erwerbs- und Rentenleben gesehen ist dieses Fördersystem lukrativ und aus sozialpolitischer Sicht zu empfehlen. Das gilt erst recht, wenn das arbeitnehmerfinanzierte Sparen künftig über das im Rahmen des „Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetz“ geplanten Opting-Out-Systems erfolgt. Es steht noch nicht im Gesetzblatt, aber es ist geplant, dass sich im Falle des Opting-Out-Systems über Betriebsvereinbarungen, der Arbeitgeber nicht nur mit 15 sondern mit 20 Prozent des umgewandelten Betrags an der Entgeltumwandlung beteiligen muss.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales Kontakt aufzunehmen. Alle Kontaktmöglichkeiten finden Sie hier: https://www.bmas.de/DE/Service/Kontakt/kontakt.html.
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Bas