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Annkathrin Wulff
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Frage von Jürgen K. •

Frage an Annkathrin Wulff von Jürgen K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Frau Wulf,

welche Position, sollten Sie gewählt werden, vertreten Sie dann im Hinblick auf TTIP, CETA und sonstigen Wirtschaftsabkommen? Tolerieren Sie weiter, wie Ihr Parteivorsitzender, dass an den Parlamenten vorbei Entscheidungen getroffern werden, die nur kapitalistischen, neoliberalen Großkonzernen nützen.
Lassen Sie weiter zu, dass Anbgeordnete gegängelt und bevormundet werden, wenn diese sich über Inhalte der Geheinverträge informieren wollen?

MfG

J. K.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum transatlantischen Freihandelsabkommen. Gerne möchte ich Ihnen hierzu meine Position darlegen.

Viele Menschen machen sich Sorgen, dass die zwischen Europa und den USA zurzeit verhandelte „Transatlantische Handels­ und Investitionspartnerschaft“ (TTIP) die Lebensqualität in Europa und damit auch in Deutschland verschlechtern wird.

Diese Sorgen nehmen wir sehr ernst. Zu einem Abbau von wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Standards darf es durch ein transatlantisches Freihandelsabkommen nicht kommen.

Es muss seinen Wert umgekehrt darin beweisen, dass es zu Fortschritten beim Schutz von Arbeitnehmerrechten, dem Verbraucherschutz und nachhaltigem Wirtschaften im globalen Maßstab beiträgt. Ein transatlantisches Handelsabkommen kann die Chance eröffnen, dass mit Europa und den USA die zwei größten Handelsräume weltweit zusammenwachsen und Maßstäbe setzen. Diese normsetzende Kraft des Abkommens kann zum Hebel einer politischen Gestaltung der wirtschaftlichen Globalisierung werden.

Die Umwelt­ und Verbraucherverbände, die Gewerkschaften und viele engagierte Bürgerinnen und Bürger haben schon viel erreicht: Sie haben die Öffentlichkeit und die Politik aufmerksam gemacht. Sie haben für deutlich mehr Transparenz in den Verhandlungen gesorgt. Und sie haben klargemacht, dass in Europa demokratisch gewählte Parlamente über Verbraucher­- und Umweltschutz, soziale Sicherheit und kulturelle Vielfalt entscheiden müssen. Und sonst niemand.

Klar ist deshalb schon heute, dass

• es in TTIP keine privaten Schiedsgerichte mehr geben darf, in denen Lobbyisten demokratisch gewählte Regierungen oder Parlamente unter Druck setzen können. Über Investitionsstreitigkeiten müssen ordentliche Handelsgerichtshöfe entscheiden – mit Berufsrichtern, öffentlichen Verfahren und Berufungsinstanz. Hier hat unser Druck schon gewirkt: Die EU schlägt genau das für TTIP vor.

• es keine Absenkung der in Deutschland und Europa erreichten Umwelt­, Sozial­- und Verbraucherschutzstandards geben kann. Darüber entscheiden auch in Zukunft ausschließlich demokratisch gewählte Parlamente.

• TTIP keinen direkten oder indirekten Zwang zur Privatisierung und Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen beinhalten darf, z.B. im Gesundheitswesen, bei der Wasserversorgung oder sozialen Dienstleistungen.

• die in unserem Land und in Europa bestehenden Kulturförderungen nicht eingeschränkt werden – von der Buchpreisbindung bis zur Förderung von Theatern und Museen.

• am Ende alle nationalen Parlamente und das Europäische Parlament das letzte Wort haben.

TTIP ist weder „gut“ noch „böse“. Sondern es kommt darauf an, was wir daraus machen. Denn die Welt ändert sich rasant. Asien, Lateinamerika und auch Afrika gewinnen zu Recht an Bedeutung, denn dort wächst die Bevölkerung, wohingegen sie in Europa schrumpft.

Die Frage wird sein: Wer schafft die Regeln für die Globalisierung? Und wie fair und nachhaltig werden sie sein? Europa hat die Chance, diese Regeln selbst mitzugestalten. Gelingt dies mit den beiden größten Handelsregionen der Welt – Europa und den USA –, dann werden uns andere folgen. Scheitern wir, dann werden wir anderen folgen müssen. Denn weltweit werden momentan zahlreiche Freihandelsabkommen verhandelt. Mit schlechteren Regeln als wir sie selbst jetzt gestalten können.

Europa muss selbstbewusst und mutig seine Ideen von Freiheit im Handel und Verantwortung für die Menschen voranbringen. Wir haben die Chance, weltweit einen neuen und guten Standard für den wachsenden globalen Handel zu setzen. Mit ambitionierten Umwelt­- und Verbraucherstandards und mit fairen Bedingungen für Investitionen und Arbeitnehmer. Das muss unser Ziel sein.

Zu Ihrer Information: Der Landesparteitag der SPD Baden-Württemberg hat am 9. und 10. Oktober 2015 auch über TTIP und CETA beraten. Im Hinblick auf die Freihandelsabkommen hat der Landesparteitag den Beschluss des SPD-Parteikonvents bekräftigt. Demnach hat das letzte Wort dazu mindestens ein Bundesparteitag. Die SPD Baden-Württemberg wird sich an der Bewertung dieser Abkommen aktiv beteiligen und hat hierzu eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die jeweils eine Expertenanhörung dazu durchführen wird. Sie wird dem Landesvorstand dann Empfehlungen zur Bewertung zuleiten. Dieser wiederum wird dem Landesparteitag einen Beschlussvorschlag vorlegen.

Mit der SPD wird es nur ein Abkommen geben, das den Interessen der Bürgerinnen und Bürgern und der Wirtschaft unseres Landes nützt.

Beste Grüße

Ihre Annkathrin Wulff