Ein Foto von Anne Helm im Freien vor einem Infostand, freundlich offen schauend und bereit für ein Gespräch
Anne Helm
DIE LINKE
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Frage von johannes m. •

Frage an Anne Helm von johannes m. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte/r Frau / Herr Kanditat/-in,

wie stehen Sie zu den Finanzmarktinstrumenten,

• swaps,
• Komplexe Derivate,

• wie haben sich Stripped Bonds auf die Finanzmarktkrise 2007 in form von Sonder Investionsvehikeln ausgewirkt

• wann erfolgt wieder eine erfolreiche Finanzmarktregulierung wie mit dem System von Bretton Woods.

Wie unterscheiden sich die wirtschaftpolitischen Konzepte Ihrer Partei von den Konzepten der wichtigsten Vertreter der Österreichischen Schule wie:

• von Hayek
• von Mies
• glauben Sie das der Markt höhere Gerechigkeit schaffen kann, als stattliche gesetze
• Warum ersetzen wir das Parlament nicht durch einen Markt

Warum glauben Sie das man vom Regelsatz von Harz IV im Monat leben kann

Mit freundlichen grüßen

Ein Foto von Anne Helm im Freien vor einem Infostand, freundlich offen schauend und bereit für ein Gespräch
Antwort von
DIE LINKE

Hallo,

vielen Dank für die Fragen.

Die Konzepte der Piratenpartei unterscheiden sich von den Konzepten von Hayeks und von Mises´ dadurch, dass wir die staatskritische Sicht in Fragen der Wirtschaftspolitik nicht teilen. Die österreiche Schule hatte zwar Recht damit, dass relevantes Wissen dezentral bei Menschen und Wirtschaftsakteur_innen vorliegt und der Staat allzu leicht der Versuchung unterliegt sich Wissen über diese anzumaßen. Auf einem unserer Plakate war deswegen auch zu lesen: "Wir sind die mit den Fragen, ihr seid die mit den Antworten." Sinnvolle (Wirtschafts-)Politik muss die Menschen in der Gesellschaft umfassend einbinden. Die österreichische Schule glorifizierte außerdem die Privatwirtschaft ausgehend von einer theoretischen Perspektive. In der Realität beobachten wir jedoch schwerwiegende Formen des Marktversagens wie den Klimawandel, die Bankenkrise oder ausbeuterische Beschäftigungsverhältnisse. Auch gibt es eine starke Tendenz zur Herausbildung von Großkonzernen, die großen Einfluss auf Politik, Märkte und Gesellschaft haben, und damit eben nicht den Prinzipien der unsichtbaren Hand folgen. Sie bilden intern bürokratische Strukturen aus, die denen im Staatswesen in nichts nachstehen. Daraus folgt für uns eine grundsätzlich freundlichere Sicht gegenüber Wirtschaftseingriffen des Staates und häufig die Notwendigkeit derselben. Wir teilen aber die Ansicht von Hayeks, dass ein Grundeinkommen auch aus liberaler Sicht notwendig für die Gesellschaft ist.

Ich bin der Überzeugung, dass der Markt keine höhere Gerechtigkeit schaffen kann als staatliche Gesetze.. im Gegenteil. Der Markt ist ein Werkzeug mit dem größtenteils effizientes Wirtschaften sichergestellt wird. Effizienz ist aber etwas ganz anderes als Gerechtigkeit. Mit Gerechtigkeit hat der Markt in meinen Augen nichts zu tun.

Das Parlament darf keinesfalls durch einen Markt ersetzt werden. Ich bin eine Anhängerin der Demokratie. Der Markt jedoch ist seiner Struktur nach teilweise undemokratisch bzw. sogar antidemokratisch. Ein wesentliches Merkmal der Demokratie ist die Gleichverteilung von Macht: jeder Mensch hat eine Stimme. Am Markt bestimmt jedoch die Kaufkraft, wieviel Macht ein Mensch hat, und der Markt sorgt für eine sehr ungleiche Verteilung von Kaufkraft und damit Macht. Würde das Parlament durch einen Markt ersetzt werden, so würde der Einfluss von reicheren Menschen noch stärker als er bereits heute ist. Das lehne ich ab. In meinen Augen muss das Gegenteil passieren: der Einfluss von finanzstarken Interessensgruppen muss reduziert werden. Ich möchte in einer demokratischen Gesellschaft leben, in der alle gleiche Chancen haben, die politischen Prozesse zu gestalten und zu beeinflussen.

Zu Ihrer letzten Frage: Ich glaube nicht, dass man vom Hartz IV Regelsatz leben kann, denn Leben und Überleben sind zwei Paar Schuhe. Hartz IV reicht zum Überleben, aber zum Leben gehört auch Anteilhabe am sozialen Leben und dafür reicht Hartz IV nicht aus.

Ihre Fragen zu Finanzmärkten kann ich Ihnen leider nicht beantworten. Ich bin keine Finanzmarktpolitikerin und mir fehlt schlicht das Fachwissen, um in diesem Bereich seriöse Antworten geben zu können.

Liebe Grüße,
Anne Helm

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