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Anette Kramme
SPD
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Frage von Klaus K. •

Frage an Anette Kramme von Klaus K. bezüglich Senioren

Sie setzen sich für Familien ein. Wann setzen Sie sich für Menschen der älteren Genration ein? Warum sind ältere Menschen in der derzeitigen Politik ausgeklammert? Warum werden ältere Menschen immer mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt? Warum ist Mann/Frau als Renter/inn abgeschrieben und vergessen? Warum gibt es im Rentergesetz den Nachhaltigkeitsfaktor, der jährliche Anpassung an gestiegene Lebenshaltungkosten gewährleisten soll, der jedoch in Zeitraum von sieben Jahren nur drei bescheidene Rentenerhöhungen zur Folge hatte, die in keiner Weise substanzerhaltend waren? Warum gibt es keine progressive/degressive Anpassungsrate, die gewährleistet, dass niedrige Renten stärker und hohe Renten geringer erhöht werden? Warum wird seit Jahren eine substanzerhaltende Rentenanpassung mit Hinweis auf Finanzlage des Bundes verweigert und jetzt plötzlich für verzockte Banken mit beiden Händen dreistellig Milliarden verteilt? Warum werden Renterner/innen - im krassen Gegensatz zum Gleichheitsgrundsatz - mit kompletten Beiträgen zur Krankenkasse und Pflegeversicherung abgestraft? Was sind Sie bereit, für Renter/innen kurz, mittel-und langfristig zu tun?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kowakowski,

in meiner Arbeit berücksichtige ich durchaus auch die Interessen von Rentnerinnen und Rentnern. Sie können versichert sein, dass sich die SPD bemüht, allen Generationen und allen Einkommensgruppen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. So haben wir zum Beispiel durchgesetzt, dass im Rahmen des Konjunkturpakets II die Beiträge zur Krankenversicherung abgesenkt werden. Eine Senkung des Beitragssatzes für die gesetzliche Krankenversicherung von 15,5 Prozent auf 14,9 Prozent kommt den Rentnerinnen und Rentnern ebenso wie den Arbeitnehmern und Arbeitgebern zugute. Die SPD wollte ursprünglich den Sonderbeitrag von 0,9 Prozent, den nur die Arbeitnehmer und Rentner leisten, abschaffen. Dies war leider mit der CDU/CSU nicht umsetzbar. Daher ist der Kompromiss entstanden, den Beitrag auf 14,9 Prozent zu senken. Hiervon profitieren nun Arbeitnehmer, Rentner und Arbeitgeber. Die Abschaffung des 0,9-prozentigen Sonderbeitrages hätte für die Arbeitnehmer und Rentner jedoch eine höhere Entlastung bedeutet.

Ihren Unmut verstehe ich natürlich gut. Es ist unerträglich, dass viele Rentnerinnen und Rentner Jahr für Jahr reale Kaufkraftverluste hinnehmen müssen, da die Renten weniger stark steigen als die Inflation. Um diesen Effekt ein wenig abzumildern, wurde für 2008 und 2009 auf Initiative der SPD-Bundestagsfraktion und Bundesarbeitsminister Olaf Scholz die Anwendung des sogenannten Riesterfaktors bei der Berechnung der lohnbezogenen Anpassung der Altersbezüge ausgesetzt. Dieser Faktor bedeutet, dass die Anpassung der Renten um den Faktor verringert wird, den ein durchschnittlicher Arbeitnehmer für seine gesetzliche und private Rentenvorsorge (Riester-Verträge) gegenüber dem Vorjahr mehr aufgewendet hat. Ohne die Aussetzung dieses Faktors für das Jahr 2008 hätte die Rentenanpassung quasi bei Null gelegen.

Richtig ist auch, dass viele Rentnerinnen und Rentner von der Teuerung bei Energie und Lebensmitteln oft überproportional hart getroffen werden. Hier haben wir bereits gehandelt: Zum 1. Januar 2009 haben wir zum Beispiel das Wohngeld von durchschnittlich 90 Euro auf bis zu 142 Euro erhöht. Zusätzlich wurden die dem Wohngeld zugrundeliegenden Miethöchstbeträge um 10 Prozent und die Tabellenwerte um 8 Prozent angehoben. Gerade Heizkosten werden jetzt stärker bei der Bedarfsberechnung berücksichtigt. Hiervon profitieren 800.000 sozial schwächere Haushalte in Deutschland, davon etwa 300.000 Rentnerinnen und Rentner, die dann durchschnittlich 50 Euro monatlich mehr in der Tasche haben.

Im Herbst hat der Schätzerkreis des Bundesarbeitsministeriums geschätzt, dass die gesetzliche Rente in diesem Jahr um 2,75 Prozent steigen wird. Das hängt allerdings von der Entwicklung der Bruttolohnsumme ab. Denn ausgegeben werden kann nur das Geld, das auch eingenommen wird.

Wir haben in Deutschland für die gesetzliche Rente ein umlagefinanziertes Rentenversicherungssystem, d.h. beim Umlageverfahren werden die Rentenleistungen eines Jahres aus den Beiträgen der Erwerbstätigen des gleichen Jahres finanziert. Im Gegensatz zum Kapitaldeckungsverfahren werden also die Rentenzahlungen nicht durch aufgebautes Kapital finanziert. Gleichzeit werden die Deutschen erfreulicherweise immer älter und es haben immer mehr ältere Menschen Anspruch auf Rentenzahlungen, während die Zahl der Erwerbstätigen, also der Beitragszahlerinnen und -zahler sinkt. Das stellt uns natürlich vor neue Herausforderungen, gerade in Zeiten der Finanzkrise.

Wir haben immer weniger junge Menschen, die für immer mehr Rentner aufkommen müssen. Es ist ja leider nicht so, dass Sie Ihre Rente eingezahlt haben, sondern Sie haben mit Ihren Beiträgen die damalige Rentnergeneration finanziert. Dieses muss die heute arbeitende Generation auch wieder tun, nur dass sich die Relationen stark verändert haben. Dies trägt zu einer Verschärfung der Rentenproblematik bei. Man muss sich nur vor Augen führen: Frühere Rentnergenerationen haben nur etwa 6 Jahre lang Rente bezogen. Die heutige Rentnergeneration bezieht durchschnittlich 17 Jahre Rente. Es ist natürlich gut, dass die veränderten Lebensbedingungen dies ermöglichen, aber unser Rentensystem wird dadurch auf eine harte Probe gestellt.

Eine Erhöhung der Renten bedeutet damit direkt eine Belastung der derzeit arbeitenden Generation. Die muss aber gleichzeitig auch noch für ihre eigene Rente vorsorgen (z.B. durch eine Riesterrente), da wir uns derzeit in einem Systemwandel befinden, der von den Jüngeren verlangt, gleichzeitig für ihre eigene Rente zusätzlich vorzusorgen.

Im Ende 2007 verabschiedeten Grundsatzprogramm der SPD (dem Hamburger Programm) steht: „Wir wollen die gesetzliche Rentenversicherung langfristig auf alle Erwerbstätigen ausdehnen. Dabei halten wir am Erwerbseinkommen und an der Erwerbsdauer als Maßstab für die Rentenhöhe fest.“ Ich denke, das ist der richtige Weg in Sachen Rente.

Sie können sich aber sicherlich vorstellen, dass derartige Vorschläge auf einigen Widerstand stoßen. Dennoch halten wir weiter daran fest. Wann sich dieses Ziel realisieren lässt, ist jedoch bisher völlig unklar.

Im Übrigen halte ich nichts davon, die Generationen gegeneinander auszuspielen. Wir müssen vielmehr alle an einem Strang ziehen.

Mit freundlichen Grüßen

Anette Kramme

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