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Andrea Lindholz
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Frage von Moritz G. •

Frage an Andrea Lindholz von Moritz G. bezüglich Menschenrechte

Sehr geehrte Frau Lindholz,

ich wollte mich erkundigen, was Sie am 19.05.2021 dazu bewegte gegen die Gesetzesentwürfe zur Selbstbestimmung zu stimmen?

Bisher und nun auch weiterhin entscheiden Gerichte über eine Personenstandsänderung. Trans*Menschen müssen dafür psychologische Gutachten beibringen. Für Betroffene kann das bisweilen entwürdigend sein und zudem auch teuer bei Kosten von 1500 bis 2000 Euro.

Auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes legte 2015 einen Bericht, in welchem festgestellt wurde, dass das Transsexuellengesetz dem Grund- und Menschenrecht auf Geschlechteridentität nicht gerecht wird und auch die Reform 2019 unter anderem als „unnötig bürokratisch, zu kostenintensiv“ bezeichnet. (https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Aktuelles/DE/2019/20190510_TSG_Reform.html)

Wieso also stimmten Sie gegen Entwürfe zur Selbstbestimmung, die das ändern könnten?
War das schlicht Fraktionsdisziplin oder eine Gewissensentscheidung?

Mit freundlichen Grüßen
Moritz Gessner

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Sehr geehrter Herr Gessner,

um es kurz zu machen: Ich halte beide Gesetzentwürfe für im besten Fall gut gemeint, definitiv aber schlecht gemacht.

Die FAZ, als eine der renommiertesten Tageszeitungen in Deutschland, urteilte noch sehr viel deutlicher über diese beiden Gesetzentwürfe, "die Kinder zum Experimentierfeld der Pharmaindustrie und ideologischer Interessen machen, an deren Folgen sie mitunter ihr Leben lang leiden werden. Man muss das so drastisch formulieren, denn die Entwürfe zur Reform des Transsexuellengesetzes, den die Grünen und in etwas abgemilderter Form die FDP vorlegen, sind ein koordinierter Angriff auf die medizinische Ethik. Sie schreiben unter der Androhung von Geldstrafen einen ideologischen Geschlechterbegriff fest, der wissenschaftliche Unterscheidungen in den Wind schlägt. Nach dem Willen beider Parteien soll künftig jeder jährlich sein Geschlecht durch einen reinen Sprechakt ändern können. Darüber hinaus soll die Altersgrenze für den körperlichen Geschlechtswechsel gesenkt werden. Mit vollendetem vierzehnten Lebensjahr sollen Kinder nach dem Entwurf der Grünen auch gegen den Willen ihrer Eltern über einen hormonellen und operativen Geschlechtswechsel entscheiden dürfen." https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/gruene-und-fdp-wollen-das-koerperliche-geschlecht-per-gesetz-aufloesen-17345452.html

Fakt ist, dass man eine solche gravierende Entscheidung nicht ohne umfassende Beratung treffen sollte, gerade mit Blick auf Jugendliche. Hier zeigen diverse Studien, Gerichtsurteile und Erfahrungsberichte, welche Risiken damit einhergehen, insbesondere für Jugendliche in der Pubertät. Allein die sog. "Pubertätsblocker", über die es bislang keine Langzeitstudien gibt, stellen ein völlig unkalkulierbares medizinisches Risiko für junge Menschen dar, die sich noch mitten in ihrer geistigen und körperlichen Entwicklung befinden. Hier hat der Staat auch eine Schutzpflicht, der wir nachkommen müssen.

Im Übrigen sollte man nicht vergessen, dass ein solches Hau-Ruck Verfahren für den Geschlechterwechsel durch einfache Anmeldung beim Standesamt weitreichende Auswirkungen auf andere Bereiche haben kann. Frauenschutzbünde haben zum Beispiel davor gewarnt, dass eine solche Regelung die Schutzfunktion von Frauenhäusern untergraben könne. Zahlreiche Mediziner und auch Transmenschen warnen ausdrücklich vor einer rein ideologiegetriebenen Beschleunigung von tiefgreifenden, weitreichenden und höchstpersönlichen Entscheidungen. Diese Ideologie in diesem so hochsensiblen Bereich halte ich für ebenso kurzsichtig wie verantwortungslos.

Die Tatsache, dass es der Bundesregierung nicht gelungen ist, einen sinnvollen Gesetzentwurf vorzulegen ist bedauerlich. Das bedeutet aber sicher nicht, dass man den unausgegorenen Vorstellungen von FDP und Grünen folgen muss.

Mit freundlichen Grüßen

Andrea Lindholz MdB

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