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Alexander Ulrich
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Frage von Tim L. •

Frage an Alexander Ulrich von Tim L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Ulrich,

heute, am Freitag, den 20.3.2015 wird sich der Bundestag erstmalig mit dem Gesetzesentwurf der Grünen zur Regulierung von Cannabis beschäftigen. Mit diesem Gesetzentwurf soll endlich ein wirksamer Jugendschutz‬ und ‪‎Verbraucherschutz‬ möglich werden und erwachsene Konsumenten nicht länger kriminalisiert werden.

Fakten sowie Vor- und Nachteile möchte ich hier nicht erläutern, sondern bitte sie um Meinung und Stellungnahme ihrerseits.

Mit freundlichem Gruß
Tim Lessmeister

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Antwort von
BSW

Sehr geehrter Herr Lessmeister,

gerne beantworte ich Ihre Frage zur Entkriminalisierung von Cannabis. Meine Meinung deckt sich mit der Bundestagsfraktion DIE LINKE.
Eine Regulierung des Cannabis-Konsums kann nur durch Legalisierung erfolgen. Der missbräuchliche Cannabis-Konsum ist gefährlich, insbesondere wenn im Kinder- oder Jugendalter damit begonnen wird. Derzeit haben wir einen Schwarzmarkt mit Streckmitteln und keinerlei Einfluss auf den Jugendschutz. Das bedeutet, wir können den Konsum durch Jugendliche gar nicht verhindern. Durch die Legalisierung könnten wir jedoch Regeln in den Bereichen Jugendschutz, Verbraucherschutz und Prävention schaffen. Bei ausschließlich illegalen Vertriebswegen ist dies allerdings kaum regulierbar. Würde die Abgabe von Cannabis jedoch an gesetzlich zugelassenen Stellen erfolgen, könnten hier verbindliche Regeln (ähnlich wie bei Alkohol- oder Tabakprodukten) eingeführt werden. Die Einhaltung dieser Regeln (z. B. Jugendschutz- und Verbraucherschutzstandards) lassen sich ausschließlich bei gesetzlich zugelassenen Abgabestellen effektiv kontrollieren, nicht jedoch bei illegalen Vertriebswegen. In den meisten Bundesländern werden die Strafverfahren bei "geringen" Mengen für den Eigenbedarf ohnehin wieder von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Deshalb wäre es sinnvoll, die Polizeikräfte bereits von vorne herein zu entlasten und die Cannabis-Konsumenten zu entkriminalisieren. Die Polizei müsste somit deutlich weniger Anzeigen schreiben, die am Ende gar nicht verfolgt werden. Viel sinnvoller ist Prävention durch Aufklärung. Geld das in den Erhalt des Cannabis-Verbots fließt, könnte durch Aufweichung eines Cannabis-Verbots für Aufklärungsarbeit gegen den missbräuchlichen Konsum eingesetzt werden.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass die Entkriminalisierung gerade zu medizinischen Zwecken wichtig ist. Cannabis kann beispielsweise bei chronischen Schmerzen, Multiple Sklerose, ADHS oder Tourette-Syndrom eingesetzt werden. Jeden Tag leiden in Deutschland Menschen an Schmerzen, weil sie Cannabisblüten aufgrund des hohen Preises nicht von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt bekommen. Ein Eigenanbau ist jedoch auch zu medizinischen Gründen untersagt, sodass gerade Menschen mit niedrigem Einkommen auf den hohen Kosten sitzen bleiben. Darüber hinaus stirbt jeder Zehnte, der einen Antrag auf Erlaubnis zur Verwendung von Medizinalhanf stellt, bevor sein Antrag überhaupt entschieden ist. Mit freundlichen Grüßen

Alexander Ulrich

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