Alexander S. Neu
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Frage von Jochen W. •

Frage an Alexander S. Neu von Jochen W. bezüglich Bundestag

Wie stehen Sie zur geplanten Änderung des Infektionsschutzgesetzes? Werden Sie dafür oder dagegen stimmen?

Alexander S. Neu
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Wilhelm,

vielen Dank für Ihre Nachricht und ihr Interesse.
Auch wenn die Bundesregierung mit dem Gesetzentwurf dem Antrag von der LINKEN nachkommt, bundeseinheitliche Maßnahmen per Gesetz durch den Bundestag statt durch Verordnungen der Landesregierungen festzulegen (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/258/1925882.pdf), werde ich dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, sofern er sich nicht noch einmal gravierend ändern sollte. Ausschlaggebend sind für mich vor allem die folgenden Punkte:

Die Bundesregierung erhält eine weitreichende Verordnungsermächtigung auch zur Einschränkung von Grundrechten, die durch die angedachte Zustimmungspflicht des Bundesrates nur unzureichend demokratisch legitimiert ist. Alle Entscheidungen von substantiellem Gewicht, die unter die Kompetenz des Bundes fallen, müssen grundsätzlich vom Bundestag und nicht von der Bundesregierung getroffen werden. Das Parlament darf nicht außen vor gelassen werden. Grundrechtseinschränkungen ohne demokratische Kontrolle sind nicht zulässig.

Unter den vorgesehenen Maßnahmen findet sich auch eine Ausgangssperre von 21 bis 5 Uhr. Eine so grundlegende Grundrechtseinschränkung ist abzulehnen, zumal die epidemiologische Wirksamkeit von nächtlichen Ausgangssperren nicht nachgewiesen ist und bis auf wenige Ausnahmen eine solche Ausgangssperre im konkreten Fall unverhältnismäßig wäre.

Der gesamte Bereich des Arbeitsschutzes (Verpflichtung des Arbeitgebers zu kostenlosen Test und zur Absicherung von Abstands- und Hygienemaßnahmen, Homeoffice, Pflicht von Testungen) bleibt in dem Gesetzentwurf völlig ausgespart. Die Last zur Bewältigung der Pandemie darf nicht nur allein dem privaten Bereich und den Schulen auferlegt werden.

Der Gesetzentwurf sieht keinerlei Maßnahmen zur Erhöhung der Produktionskapazitäten von Impfstoffen und Schnelltests vor, etwa durch die Freigabe der Lizenzen und des entsprechenden technologischen Know-Hows. Das zentrale Versagen der Bundesregierung besteht also weiter fort. Eine Pandemie kann aber nicht im nationalen Rahmen erfolgreich besiegt werden, weil das Virus in Form von resistenten Mutationen zurückkehren kann, wenn es nicht überall besiegt wird.

Der Gesetzesentwurf sieht für den Eintritt der Maßnahmen einen Inzidenzwert vor, dessen Berechnungsgrundlage von vielen Experten als zweifelhaft angesehen wird. Bis zur Klärung der offenen Fragen, werde ich einem Gesetz nicht zustimmen, das derart weitreichende Grundrechtseinschränkungen vorsieht.

Mit freundlichen Grüßen
Alexander S. Neu