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Ulrike Bahr
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Frage von Niklas K. •

Frage an Ulrike Bahr von Niklas K. bezüglich Humanitäre Hilfe

Sehr geehrte Ulrike Bahr,

sie sind als Vertreterin der Friedensstadt Augsburg gewissermaßen eine Friedens-Vertreterin im deutschen Bundestag. Trotzdem haben sie am 4. März dagegen gestimmt äußerst notleidende Menschen aus den griechischen Lagern aufzunehmen. Aus meiner Perspektive ist das nicht vereinbar, ein wahrhaftiges Friedensempfinden schließt für mich auch das direkte, in diesem Fall europäische, Umfeld ein.
Gerade mit der zu befürchtenden Ausbreitung des Coronavirus in den Camps droht dort eine Katastrophe unbeschreiblichen Ausmaßes. Gefangen und isoliert auf den Inseln sind die Menschen der Pandemie schutzlos ausgeliefert. Ohne schnelles und beherztes Einschreiten ist allein auf Lesbos mit Hunderten von Toten zu rechnen.
Ich frage sie, warum sie die Lage nicht wie ihr Parteikollege Pistorius einschätzen und sich ihren Parteikolleg*innen Post und Mattheis in der Abstimmung nicht angeschlossen haben?

Freundliche Grüße aus Augsburg,
N. K.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Krüger,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich habe am 4. März 2020 gegen den Antrag von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN gestimmt, weil ich mir mehr von konstruktiven Lösungen als von symbolischen Akten erwarte. Es ist im Koalitionsvertrag festgelegt, dass die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD gemeinsam abstimmen. Diesem Vertrag hat die Parteibasis der SPD mit deutlicher Mehrheit zugestimmt. Ich fühle mich dem verpflichtet. Auch hatte der Antrag wegen der angekündigten Gegenstimmen der FDP und der AfD selbst bei Unterstützung der SPD nicht die geringste Chance, angenommen zu werden. In dieser Situation habe ich mich auf die Zusage des Bundesinnenministers verlassen, dass er mit Hochdruck nach Lösungen für die Aufnahme Minderjähriger und von Familien mit kranken Kindern aus den griechischen Lagern sucht.

Der Koalitionsausschuss hat sich auch am 8. März zumindest auf einen kleinen gemeinsamen Nenner, die Aufnahme von 1.500 Schutzbedürftigen, im europäischen Kontext geeinigt. Die anschließenden Verhandlungen haben sich sehr schwierig und für mich auch sehr unbefriedigend gestaltet. Ich halte es im Prinzip für richtig, nach einer europäischen Lösung zu suchen, um Verwerfungen innerhalb der Europäischen Union wie 2015 zu vermeiden. Aber mit der Corona-Pandemie sind auch die acht Länder, die sich für eine Aufnahme bereit erklärt haben, momentan wie gelähmt. Die zuständige EU-Kommissarin Ylva Johansson bemüht sich seit Wochen um den Abstimmungsprozess und die Auswahl der Schutzbedürftigen.

Ich bin sehr froh, dass neben Luxemburg jetzt auch Deutschland vorangeht und voraussichtlich nächste Woche die ersten 50 Schutzbedürftigen aufnehmen wird. Die unbegleiteten Minderjährigen werden nach Niedersachsen gebracht, wo sich Boris Pistorius schon seit langem für ihre Aufnahme stark macht. Weitere Aufnahmen behandlungsbedürftiger Kinder und ihrer Kernfamilien werden hoffentlich zeitnah folgen.

Während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte wollen wir grundsätzlich die Reform des Europäischen Asylsystems vorantreiben. Einen Beschluss der SPD-Bundestagsfraktion aus der vorletzten Sitzungswoche zum Umgang mit der Lage in Griechenland finden Sie hier: www.spdfraktion.de/system/files/documents/griechenland.pdf

Mit freundlichen Grüßen

Ulrike Bahr, MdB

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