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Ulrich Lechte
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Frage von Elisabeth B. •

Was ist für Sie eine demokratische Legitimation?

Sehr geehrter Herr Dr. Lechte

Sie haben in einigen Beiträgen hier von demokratisch legitimiertem Verhalten gesprochen.

Für mich wäre an dieser Stelle zunächst interessant zu wissen, was eine Demokratie für Sie bedeutet. Denn zunächst müssen an dieser Stelle letztlich die Grundlagen geklärt werden.

Die zweite Frage betrifft aber die Frage der legitimierten Separation. Wie bereits von einigen Diskutanten hier zu Recht angeführt, sie die Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien demokratisch legitimiert. Hierzu hat es eine Volksabstimmung mit überragender Mehrheit gegeben. In Schottland ist dies knapp gescheitert und die Regierung dort hält sich an das Votum.
Auf Taiwan existiert ein solches Votum nicht. Ebensowenig in Hong Kong oder Macau.

Jetzt wäre es interessant, ob dies nicht ein Qualitätsunterschied ist. Woher nehmen Sie die Sichtweise, dass die Bevölkerung auf Taiwan sich für eine Unabhängigkeit von China ausspricht, wenn es gar kein Votum gegeben hat?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau B.,

 

Sie beziehen sich mit Ihrer Frage offenbar auf eine Antwort von mir auf eine Frage von Kim Un Yang. Allerdings liegt da ein Missverständnis vor. Daher bedanke ich mich für diese Möglichkeit, dieses Missverständnis aufzuklären:

 

Kim Un Yang hat nach dem Unterschied zwischen den Unabhängigkeitsbestrebungen Taiwans, Nord-Zyperns und Kataloniens gefragt. In meiner Antwort habe ich keineswegs über die demokratische Legitimation einer Separation gesprochen, sondern die Verfasstheit des Staates angesprochen, von dem eine Separation zur Debatte steht.

 

In Nord-Zypern und Katalonien geht es um die Unabhängigkeit von einem demokratischen Rechtsstaat mit geschützten Rechten für Minderheiten. In solchen Staaten kann man auch lokale Autonomie verhandeln und sich anschließend darauf verlassen, dass die Vereinbarungen auch eingehalten werden.

 

Im demokratischen Taiwan geht es hingegen um die Unabhängigkeit von der Volksrepublik China, einer Diktatur, in der die Rechte der Bürger missachtet werden. Das sieht man ganz besonders stark an den systematischen Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Provinz Xinjiang mit der Internierung und Zwangssterilisierung von Angehörigen ethnischer Minderheiten. Aber auch im eigentlich autonomen Hong Kong werden vertraglich vereinbarten Freiheitsrechte ignoriert und die Bevölkerung unterdrückt. Unter diesen Umständen ist es nachvollziehbar, dass Hong Kong kein Vorbild für Taiwan sein kann und eine Vereinigung mit der Volksrepublik China von den meisten Taiwanern derzeit abgelehnt wird. Unser langfristiges Ziel muss es sein, dass sich die Volksrepublik China und Taiwan im friedlichen Dialog darauf verständigen, den Bürgerinnen und Bürgern Taiwans die freie Entscheidung über ihre politische Zukunft zu ermöglichen. Diese freie Entscheidung könnte dann z.B. in Form eines Referendums geschehen, so wie Sie es sich scheinbar wünschen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Ulrich Lechte

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