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Frage von Kais A. •

Frage an Ulli Nissen von Kais A. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Nissen,

im Dezember 2019 wurde das folgende Gesetz beschlossen:

„Beschränkung der Verlustverrechnung bei Einkünften aus Termingeschäften und aus dem Ausfall von Kapitalanlagen im Privatvermögen“ (Drucksache 649/19).

Dieses Gesetz kann in vielen Fällen zu der völlig absurden Situation führen, dass Investoren trotz Verlusten noch Abgeltungssteuern zahlen müssen. Die wahrscheinliche Reaktion der Investoren wird sein, dass keine Investments in Termingeschäfte mehr getätigt werden und es deshalb nicht zu Steuermehreinnahmen, sondern zu Steuerausfällen kommen wird.

Dieses Gesetz wird maßgeblich von der SPD und Finanzminister Scholz unterstützt. Können Sie bitte zu diesem verfassungsrechtlich höchst bedenklichem Gesetz Stellung nehmen?

Vielen Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen
K. A.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Adsi,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 27. Januar.

Die Verlustverrechnung bei Termingeschäften wurde im Rahmen des Gesetz
zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender
Steuergestaltungen (Drs.489/1) geregelt. Hierbei möchte ich jedoch auf
ein Missverständnisse hinweisen:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat 2017 entschieden, dass der Ausfall einer
Darlehensforderung mit Einkünften aus Kapital verrechnet werden darf.
Diese Gerichtsentscheidung wurde nun vom Gesetzgeber im Zuge des
„Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung
grenzüberschreitender Steuergestaltungen“ umgesetzt. Durch die neue
Regelung in § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG können Verluste aus
Kapitalforderungen mit Kapitaleinkünften bis 10.000 Euro verrechnet
werden. Im neuen § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG wurde geregelt, dass Verluste
aus sogenannten Termingeschäften, also z.B. Optionen, mit Gewinnen aus
Termingeschäften (oder Stillhalterprämien) verrechnet werden können.
Auch hier gilt eine Grenze von 10.000. Es soll insbesondere
Kleinanlegern die Möglichkeit gegeben werden die Verluste steuerlich
geltend zu machen. Diese Möglichkeit bestand vorher nicht. Üblicherweise
bewegen sich Kleinanleger innerhalb dieses finanziellen Rahmens.
Außerdem handelt es sich bei Termingeschäften für Privatpersonen um
hochriskante Anlagen. Unternehmen hingegen nutzen Termingeschäfte u.a.
zum Absichern von Preisschwanken von Rohstoffen („Hedging“). Wer sich
als Privatanleger auf das große Risiko eines Termingeschäfts einlässt,
z.B. bei sogenanntem und in der Folge hohe Verluste erzielt, kann nicht
den Anspruch haben diese Verluste sofort auf Kosten der Gemeinschaft
steuerlich geltend zu machen. Eine gesonderte Behandlung von
Termingeschäften bei der Verlustverrechnung ist im Einkommensteuerrecht
auch nicht unüblich. Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 4
Satz 3 EStG ist dies ebenfalls der Fall.
Aber auch solche Verluste oberhalb von 10.000 Euro können mit
Kapitaleinkünften verrechnet werden. Die Verrechnung wird jedoch
zeitlich gestreckt. Verluste über 10.000 Euro können auf Folgejahre
vorgetragen werden. Jedes Jahr kann dann jeweils eine Summe von maximal
10.000 Euro mit Kapitaleinkünften verrechnet werden. Mit Einführung der
Abgeltungsteuer hat der Gesetzgeber festgelegt, dass Totalverluste von
Kapitalforderungen grundsätzlich nicht verrechnet werden können. Damit
sollte Steuergestaltung verhindert werden, z.B. indem Kapitaleinkünfte
anstelle steuerpflichtige Ausschüttungen über steuerfreie Veräußerungen
bezogen werden. Mit den neuen Regelungen aus § 20 Abs. 6 Satz 5 und 6
EStG erhalten aber immerhin Kleinanleger die Möglichkeit ihre Verluste
zu verrechnen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen konnte.

Mit herzlichen Grüßen

Ihre

Ulli Nissen, MdB