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Frage von Olaf H. •

Frage an Ulli Nissen von Olaf H. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Nissen,
wie stehen Sie zur Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen, sofort oder in der nächsten Legislatur?
Mit freundlichen Grüßen
Olaf Huber

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Huber,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 31.03.21.

Die SPD hat ihr Zukunftsprogramm am 01.03.21 vorgestellt. Dort wird ein Tempolimit von 130 km/h auf Bundesautobahnen gefordert. Die SPD hat bereit 2007 einen entsprechenden Beschluss für ein Tempolimit gefasst. Leider wird diese Meinung aber nicht von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer geteilt. Er hat eine aufkeimende Diskussion in den entsprechenden Fachgremien darüber Anfang des Jahres 2019 unverzüglich beendet und damit eine auch mir unverständliche rote Linie gezogen.

Im Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU haben wir uns darauf geeinigt, dass über das Verfahren und die Arbeit im Parlament Einvernehmen zwischen den Koalitionsfraktionen hergestellt wird. Beim Thema Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf Bundesautobahnen ist dies aber nun nicht der Fall, deshalb wird es in dieser Legislaturperiode das Tempolimit nicht geben. Ob das Tempolimit in der nächsten Legislaturperiode kommt, hängt von der Koalitionsbildung nach der Bundestagswahl ab.

Aus meiner Sicht gibt es nur Argumente für ein allgemeines Tempolimit:

Derzeit sind etwa 70 Prozent aller Bundesautobahnen (BAB) ohne Geschwindigkeitsbegrenzung. Im Jahr 2018 ereigneten sich auf allen BAB 20.537 Unfälle mit Personenschaden. Dabei starben 383 Personen. Die Unfallzahlen stagnieren seit Jahren. Eine genaue Prognose der Effekte eines allgemeinen Tempolimits auf die Unfallzahlen ist zwar nicht möglich, allerdings gibt es klare Hinweise auf einen positiven Effekt eines allgemeinen Tempolimits auf die Verkehrssicherheit. So kommt eine Untersuchung des Landes Brandenburg aus dem Jahr 2007 zu dem Ergebnis, dass die Einführung eines Tempolimits auf der A24 zwischen Wittstock/Dosse und Havelland eine effektive Reduktion der Unfallzahlen von 26,5 Prozent bewirkt habe. Ähnliche Effekte seien auch in Nordrhein-Westfalen zu beobachten gewesen.

Diese Zahlen lassen sich zwar nicht ohne weiteres auf das Gesamtnetz der Autobahnen übertragen, da die Effekte eines nicht nur streckenabschnittsweise-begrenzten Tempolimits nicht kalkuliert werden können. Dennoch gehen seriöse Schätzungen davon aus, dass ein allgemeines Tempolimit die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten um 80 bis 140 Fälle reduzieren könnte. Fakt ist, dass 42 Prozent aller schweren Unfälle auf Autobahnen sogenannte Geschwindigkeitsunfälle sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Zahl der schweren Unfälle stark rückläufig wäre, ist damit hoch. Neben der Zahl der Getöteten ist auch die Zahl der Schwerverletzten durch Unfälle auf Bundesautobahnen ein wichtiger Faktor, der durch die Geschwindigkeitsbegrenzung reduziert werden könnte.

Festzustellen bleibt, dass keine Studie bislang zu dem Ergebnis gekommen ist, ein Tempolimit hätte insgesamt negative Effekte auf die Unfallzahlen. Deshalb ist davon auszugehen, dass ein Tempolimit in jedem Fall positive Effekte auf die Unfallzahlen hätte.

Auch mit Blick auf den Klimaschutz ist ein großes Einsparpotential von CO2-Emmissionen zu erwarten. Der Kraftstoffverbrauch hängt exponentiell mit der Geschwindigkeit zusammen. Ein Pkw verbraucht bei 160 km/h bis zu 35 Prozent Kraftstoff mehr als bei 130 km/h. Die AG1 der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität kommt zu dem Schluss, dass 1,2 Mio Tonnen CO2 eingespart werden könnten, der ADAC spricht sogar von „bis zu 2 Millionen Tonnen“ - und all dies, ohne nennenswerte Kosten. Gemessen am Gesamtvolumen der angestrebten Minderung im Verkehrssektor bis 2030 von ungefähr 60 Mio. Tonnen wäre dies ein erheblicher Beitrag.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre

Ulli Nissen, MdB