Passt dieser EU-Plan in eine Demokratie – oder in das Arsenal autoritärer Staaten? Warum schweigt die Bundesregierung zur Aushöhlung von Privatsphäre, Verschlüsselung und Grundrechten?!
Sehr geehrter Herr Kuban,
Wie vereinbaren Sie pauschale Scan-Pflichten („Chatkontrolle“) – ggf. sogar als Client-Side-Scanning in Ende-zu-Ende-verschlüsselten Diensten – mit (a) Art. 10 GG und dem IT-Grundrecht (BVerfG 2008), (b) dem Fernmeldegeheimnis des § 3 TTDSG, (c) den strafprozessualen Leitplanken der §§ 100a/e StPO sowie (d) der EU-Grundrechtecharta (Art. 7/8) und der EuGH-Rechtsprechung gegen generelle Überwachungspflichten (u. a. Scarlet/SABAM) und anlasslose Massenmaßnahmen (Digital Rights Ireland; Tele2/Watson)? Welche konkreten Vorkehrungen schließen Backdoors und allgemeine Inhalte-Screenings aus – auch im Lichte von Art. 8 DSA („keine allgemeine Überwachung“)? Und falls solche Vorkehrungen nicht lückenlos möglich sind: Warum unterstützen Sie eine Regelung, die voraussichtlich vor dem EuGH scheitern würde?
(Quellenhinweise: BVerfG 27.02.2008; § 3 TTDSG; Art. 10 GG; EuGH C-70/10, C-360/10, C-293/12, C-203/15 & C-698/15; DSA Art. 8; EDPB/EDPS Joint Opinion 04/2022.)
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich kann zum Thema unmissverständlich klarstellen: Mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird es keine anlasslose Kontrolle digitaler Kommunikation geben.
Verlässliche Vertraulichkeit ist eine Grundlage unserer Freiheitsrechte und Voraussetzung dafür, dass Menschen und Unternehmen dem digitalen Raum vertrauen können. Zugleich ist es richtig und notwendig, dass Europa entschlossen gegen sexualisierte Gewalt an Kindern vorgeht. Denn ein gemeinsamer europäischer Rechtsrahmen ermöglicht es, Opfer besser zu schützen, Täter zu verfolgen und illegales Material schneller aus dem Netz zu entfernen. Es ist gut, dass die Europäische Union nun hier tätig werden will.
Die Beratungen dazu finden in Europa derzeit zwischen Rat, Kommission und Parlament statt. Eine Entscheidung liegt derzeit nicht beim Deutschen Bundestag, sondern im europäischen Gesetzgebungsverfahren. Ich bin überzeugt, dass die Bundesregierung in den laufenden Verhandlungen eine gute gemeinsame Linie vertritt, die den Kinderschutz unter Wahrung der Grundrechte verbessert.
Maßgebend ist dabei: Starke Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bleibt unverzichtbar. Sie schützt die Vertraulichkeit privater Kommunikation und damit auch die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Maßnahmen zum Kinderschutz müssen so ausgestaltet sein, dass die Integrität dieser Verschlüsselung erhalten bleibt.
Unser Ziel ist, Kinder wirksam zu schützen, ohne die Sicherheit und Vertraulichkeit der Kommunikation aller zu gefährden.
Mit freundlichen Grüßen
Tilman Kuban

