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Thorsten Majer
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Frage von Emma B. •

Frage an Thorsten Majer von Emma B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Majer,

Sie haben ja eine beeindruckende Geduld. Die genaue Anzahl Ihrer Hausbesuche ist für meine wahlentscheidung nicht relevant. Bitte sagen sie mir doch, welche Schwerpunkte Ihre bundespolitische Arbeit in Zukunft haben wird.

Und wie denken Sie, könnten die Arbeitsämter in Zukunft besser kontrolliert werden?

Beste Grüße

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Berg,

Danke für Ihr Lob und Ihre Frage. Mir ist wichtig, dass ich dort Schwerpunkte setze, wo ich von meinem beruflichen Werdegang her auch größere Fach- und Praxiskenntnisse habe. Ich denke, dass es der Politik gut täte, wenn Politiker nicht immer so tun, als seien sie omnipotent und in jedem Fachgebiet zu Hause. Daher sind meine zwei wichtigsten Steckenpferde der Datenschutz und das Internetrecht und das Thema "Bezahlbarer Wohnraum". Zu diesen beiden Themen schreibe ich Ihnen im Folgenden je einen Absatz.

Eingriffe in die informationelle Selbstbestimmung müssen stärker geahndet werden und es muss ein niederschwelliges Schlichtungssystem geben, welches es Verbrauchern erlaubt schnell und günstig an ihr Recht zu kommen. Besonders die mächtigen Datenkraken Google und facebook sind kritisch zu begleiten und wichtige Einwillgungen in Datennutzungen sollen nicht voreingestellt sein dürfen (Bsp. Geodaten). Internetanbieter, die mit Abo-Fallen arbeiten sollten nicht nur die Unwirksamkeit ihrer Geschäftsbedingungen und Verträge fürchten müssen, sondern auch für Folgekosten des Verbrauchers haften. Essentiell ist, dass wir jederzeit das Bewusstsein erhalten und stärken, dass es auch eine reale, leibhaftige Welt gibt, in der sich Handlungen auswirken, in der es Konsequenzen für Fehler und Verfehlungen gibt, in der man sich für Taten und Worte verantworten muss, ohne sich hinter einem anonymen Schutzschild verstecken zu können. Der menschliche Alltag soll das Internet dominieren, nicht andersherum. Wir haben den Grundwert der Freiheit, der auch mir persönlich sehr wichtig ist. Aber die eigene Freiheit hört immer dort auf, wo jene des anderen anfängt.

Nicht nur in Ballungsräumen haben wir es immer häufiger mit Wohnungsnot und kaum mehr bezahlbarem Wohnraum zu tun. In meiner Eigenschaft als Mieterbundberater erfahre ich direkt und ungeschminkt von den Problemen der Menschen. Die Hauptgründe liegen auf der Hand: Modernisierungen mit teilweise unbegrenzten Umlagemöglichkeiten und teure Neuverträge, bei denen der eventuell sonst gültige Mietspiegel nicht anwendbar ist. Dies hat zur Folge, dass bei Neuverträgen oft weit jenseits von 10 % über dem Mietspiegelniveau gezahlt werden muss. Aufgrund des heute häufiger auftretenden mehrfachen Umzuges von Familien und Einzelpersonen wegen beruflicher Veränderung etc. wirkt sich die Vielzahl der Neuverträge stark auf den Mietenmarkt aus. Logische Folge dieser Entwicklung ist vor allem, dass sich im niedrigen und mittleren Preisbereich die Leute ihre jeweiligen Wohnungen relativ schnell nicht mehr leisten können. Heute schon werden oft über die Hälfte des Einkommens für die Wohnung und für die Betriebskosten ausgegeben. Energieeinsparungen bei energetischen Sanierungen werden meist durch schnell steigende Rohstoff-/Energiepreise aufgefressen, so dass die im Gegenzug zur Mieterhöhung versprochenen Einsparungen allenfalls gering ausfallen oder von kurzer Dauer sind. Es geht mir auch nicht darum, dass dabei künftig alle Kosten beim Vermieter verbleiben, sondern dass wir einen gerechten Ausgleich der Interessen finden und die Energiewende nicht hauptsächlich auf dem Rücken der Mieter und mit existentiellen Konsequenzen für diese ausgetragen wird.

Schließlich beschäftigt es mich sehr, dass vor allem junge Menschen unter befristeten Arbeitsverhältnissen leiden. Es gibt immer seltener Planbarkeit, weswegen Familienplanung und Vereinstätigkeit schwierig bis nahezu unmöglich wird. Wir verlangen von den Menschen in großem Maße Flexibilität und zerstören durch Übertreibungen in diese Richtung soziale Netzwerke. Hier müssen wir generell umdenken und Befristungen stark eingrenzen, sowie den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen stoppen. Alleine zu diesem Feld könnte ich Ihnen viele Einzelfälle schildern, die mir bei Hausbesuchen mit auf den Weg gegeben wurden - es ist ein echtes Problem. Hier wäre auch ein wesentlich wirksamerer Ansatzpunkt, um die Geburtenrate zu erhöhen. Das x-te Anheben des Kindergeldes und der unübersichtliche Wust an Förderungen leisten hier wesentlich weniger Schützenhilfe, als man sich allgemein davon verspricht.

Zur Kontrolle der Arbeitsämter würde ich Sie bitten die Frage zu konkretisieren, da ich nicht ganz genau weiß, welche Art von Kontrolle Sie meinen.

Viele Grüße, Thorsten Majer