Was hat es mit christlich zu tun, wenn Friedrich Merz zwar sagt, dass wir uns den Sozialstaat nicht mehr leisten können, doch bei der Diätenerhöhung hat er keine Skrupel?
Sehr geehrter Herr Frei,
wäre es nicht ein gutes Signal gewesen, hätten die Abgeordneten auf Ihre letzte Diätenerhöhung verzichten, statt immer mehr vom Bürger, und dann von den Kleinsten der Kleinen, abzuverlangen?
Ich bin irritiert!

Sehr geehrte Frau S.,
diese Haltung erachte ich für sehr problematisch. Sie suggerieren, dass die Diätenerhöhung unmoralisch sei und dass man ohne diese die vorhandenen Probleme lösen könnte. Das wäre aber nicht zutreffend.
Erstens orientiert sich die Höhe der Abgeordnetenentschädigung nachwirkend an der Höhe der Reallohnentwicklung. Abgeordnete erhalten eine Erhöhung wie der durchschnittliche Arbeitnehmer und Angestellte. Das werte ich in keiner Weise als überzogen. Ganz im Gegenteil. Letztlich ist die Reallohnentwicklung ein messbarer Beleg für die politische Rahmensetzung und den daraus resultierenden Erfolg unserer Wirtschaft.
Zweitens erleben wir derzeit, dass der demografische Wandel immer stärker durchschlägt. Das sorgt dafür, dass der Staat bei der Finanzierung der Sozialversicherungen immer stärker unter Druck gerät. Obwohl beispielsweise die Rente von der grundsätzlichen Wirksystematik noch immer wie zu Zeiten ihrer Einführung funktioniert, haben sich die Bedingungen völlig verändert. Die Menschen beziehen etwa doppelt so lange Rente wie früher. Parallel dazu haben früher sechs Arbeitnehmer mit ihren Beiträgen eine Rente erwirtschaften müssen. Heute müssen zwei Arbeitnehmer eine Rente tragen. Das führt dazu, dass der Staat schon heute etwa 130 Mrd. EUR aus dem Steuertopf nehmen muss, was etwa einem Drittel des gesamten Bundeshaushalts entspricht, um die Rentenzusagen einzuhalten.
Ohne tiefgreifende Reformen würde der Zuschussbedarf immer weiter steigen, so dass der Staat seine Handlungsfähigkeit verlieren würde und keine Zukunftsinvestitionen mehr tätigen könnte. Diese Fakten zeigen, dass das System zunehmend aus den Fugen gerät. In den anderen Sozialversicherungszweigen sieht es sehr ähnlich aus. Weiter so wäre für mich keine Option. Deshalb braucht es grundlegende Reformen, die den Menschen auch etwas abverlangen werden. Wir müssen den Sozialstaat zielgenauer ausrichten. Wir müssen Kosten dämpfen und Effizienzpotenziale heben. Wir müssen mehr Menschen in Arbeit bringen. Und wir müssen die Eigenverantwortung des Einzelnen wieder stärken. Nur so werden wir den Erfolg unserer sozialen Marktwirtschaft auch in die Zukunft projizieren und unseren Wohlstand sichern können.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Frei